Berechnung der Erbschaftssteuer bei Vorschenkungen von Immobilien

Berechnung der Erbschaftssteuer bei Vorschenkungen von Immobilien
Im Erbfall werden zur korrekten Bemessung der Erbschaftsteuer des Erben Vorschenkungen des Erblassers an den Erben der letzten 10 Jahre zusammengerechnet (credit:adobestock)

Ist die Immobilie der Vorschenkung zu hoch bewertet, lauert im Erbfall eine erbschaftsteuerliche Falle: Auf den richtigen Einspruch kommt es an, wie das Urteil des FG Köln vom 19. September 2022 – 7 K 2272/21, belegt.

Vorschenkung der Immobilie – Worum es geht:

Im Erbfall werden zur korrekten Bemessung der Erbschaftsteuer des Erben Vorschenkungen des Erblassers an den Erben der letzten 10 Jahre zusammengerechnet (§ 14 Abs.1 Sätze 1 und 2 ErbStG). Aus dem gemeinsamen Wert wird die Erbschaftsteuer errechnet und eine früher gezahlte Schenkungsteuer abgezogen.

Wurde bspw. im Jahr 01 eine Immobilie geschenkt, ist deren Wert für Zwecke der Schenkungsteuer 01 von Lagefinanzamt (FA 1), als dem Finanzamt am Ort der Immobilie festzustellen. Bei einem nachfolgenden Erbfall im bspw. im Jahr 05 holt das Erbschaftsteuerfinanzamt (FA 2) den Wert der Schenkung beim FA 1 ein, um die Vorschenkung dem Wert der Erbschaft hinzuzurechnen. FA 1 erlässt einen Feststellungsbescheid für Zwecke der Schenkungsteuer 01. Daraufhin erlässt FA 2 einen Erbschaftsteuerbescheid. So weit, so gut.

Was tun, wenn der Wert der Vorschenkung zu hoch angesetzt wurde?

Im Streitfall des FG Köln hatte sich der Erbe mit einem Einspruch beim FA 1 erfolgreich gegen die zu hohe Bewertung der geschenkten Immobilie gewehrt. Danach begehrte er die Herabsetzung der Erbschaftsteuer beim FA 2. Das FA lehnte die Herabbesetzung ab. Zu Recht, wie das FG Köln entschied.

Aus den Entscheidungsgründen

Es besteht keine Korrektur- oder Änderungsvorschrift, auf die sich der Kläger in Bezug auf die beantragte Änderung des Erbschaftsteuerbescheides berufen kann.

  • Nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO wäre der Erbschaftsteuerbescheid zu ändern, soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, geändert wird. Der Feststellungsbescheid „für Zwecke der Schenkungsteuer“ ist aber kein Grundlagenbescheid für die Erbschaftsteuer.
  • Der infolge des Einspruchs geänderte Feststellungsbescheid entfaltet keine Bindungswirkung für den bereits bestandskräftig gewordenen Erbschaftsteuerbescheid.
  • Der BFH hatte bereits vorher entschieden, dass nicht einmal der für einen Vorerwerb ergangene Steuerbescheid (also nicht nur der Feststellungsbescheid) für die Steuerfestsetzung für den nachfolgenden Erwerb keine Bindungswirkung im Sinn eines Grundlagenbescheids entfaltet. Der Vorerwerb ist kein Grundlagenbescheid für den Nacherwerb, so FG Niedersachsen, Urteil vom 25.08.2021 – 3 K 112/19. Denn die Steuerfestsetzung für den nachfolgenden Erwerb ist ein von der Steuerfestsetzung für den Vorerwerb unabhängiger, selbständiger Besteuerungsvorgang (vgl. BFH-Urteil vom 9. Juli 2009 II R 55/08).
  • Ein Hinweis auf den Erbfall und auf die Erbschaftsteuerfestsetzung enthält der Bescheid nicht. Das Lagefinanzamt hätte „für Zwecke der Erbschaftsteuer“ keinen Feststellungbescheid erlassen dürfen. Dafür ist es nicht zuständig.

Fazit zur Vorschenkung einer Immobilie:

Will sich der Erbe gegen den zu hoch ausgefallenen Feststellungsbescheid über den Wert einer zuvor geschenkten eine Immobilie mit dem Einspruch wehren, muss er zugleich den Erbschaftssteuerbescheid anfechten und offenhalten. Nur so lassen sich Änderungen des Werts der Vorschenkungen im Erbschaftsteuerbescheid berücksichtigen. Denn auch ein später geänderter Feststellungsbescheid über den herabgesetzten Wert der Vorschenkung führt nicht automatisch zur Änderung des bestandskräftig gewordenen Erbschaftsteuerbescheids.

  • Der Kläger hat die vom FG Köln zugelassenen Revision eingelegt. Das Az. des BFH lautet: II R 45-22.
  • Unter dem Az. II R 35/21 ist beim BFH ein weiteres Revisionsverfahren anhängig. Die Rechtsfrage dort ist: Erstreckt sich die Bindungswirkung bestandskräftig festgestellter (zu hoher) Grundbesitzwerte für Zwecke der Schenkungssteuer auch auf Nachschenkungen im Zehnjahreszeitraum? Das nahm das erstinstanzliche FG Niedersachen an.

Wir werden die Rechtsentwicklung beim Bundesfinanzhof für Sie beobachten.

Autor: Andreas Jahn

Lorbeerkranz

Auszeichnungen

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2022/2023)

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2017-2021)

Autor

Bild von  Andreas Jahn
Partner
Andreas Jahn
  • Rechtsanwalt und Steuerberater
  • Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Ihr Ansprechpartner für
  • Steuerrechtliche und gesellschaftsrechtliche Begleitung von Unternehmenstransaktionen, Umwandlungen, Umstrukturierungen
  • Erbschaftsteuer und Erbschaftsteuerplanung
  • Steuerrecht der Non-profit-Organisationen, Vereine, Verbände, Stiftungen
  • Familienunternehmen und Familienstiftungen
  • Steuerstrafrecht, Selbstanzeigeberatung

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sprechblasen

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sind Sie unsicher, ob Sie mit Ihrer Angelegenheit bei uns richtig sind?
Nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt mit uns auf und schildern uns Ihr Anliegen.
Wir freuen uns auf Ihren Anruf.

Kontakt aufnehmen