11.01.2010

 

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom  20.05.2009 (Az.: VIII R 6/07) zu der steuerlichen Behandlung einer sogenannten Praxisausfallversicherung Stellung genommen. Er hat sich dabei mit einer Frage befasst, die viele Freiberufler betrifft:

In dem dortigen Fall einer Praxisausfallversicherung für einen praktizierenden Arzt unterscheidet der BFH.

1.      Prämien für Unfall- und Krankenversicherung nicht abzugsfähig:

Er ordnet die Versicherung, soweit sie Unfall- und Krankheitsrisiken des Praxisinhabers abdeckt, einschließlich des hierdurch ausgelösten entgangenen Gewinns, dem allgemeinen Lebensrisiko zu. Eine steuerliche Berücksichtigung als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten komme nicht in Betracht.  Denn das Aufteilungsverbot des § 12 EStG weise auch bei gemischten – also privat wie beruflich veranlassten – Aufwendungen, die gesamten Kosten und Prämien zur Absicherung eines allgemeinen Lebensrisikos Risikos dem privaten Bereich zu.

2.      Prämien der Quarantäneversicherung:

Für den dortigen Fall wertete der BFH demgegenüber eine sogenannte Quarantäne-Versicherung als beruflich veranlasst. Hierüber sollte das Versicherungsrisiko abgedeckt werden, dass über eine ordnungsbehördliche Maßnahme zum Schutze der Patienten des Arztes der Praxisbetrieb insgesamt eingestellt werden müsse. Aufgrund der berufsspezifischen Nähe des Risikos zur heilberuflichen Ausübung und Krankenfürsorge sei typischerweise der Praxis- und Betriebsbereich betroffen.

3.      Kritik:

Die für die Quarantäne-Versicherung getroffene Wertung des BFH trägt sicherlich dem Umstand Rechnung, dass speziell bei einer ärztlichen Praxis aufgrund der Krankenbehandlung ein erhöhtes Risiko Praxisschließung aus Gründen des Krankheits- oder Epidemieschutzes besteht. Den entscheidenden Unterschied der Quarantäne- zu der Unfall- und Krankenversicherung des Praxisinhabers selbst mag man darin sehen können, dass zwar in beiden Konstellationen die „Krankheitsgefahr“ als Risiko gedeckt wird, bei der Quarantäneversicherung aber nicht diejenige des Praxisinhabers selbst, sondern die Gefahr von oder für Dritte (Patienten), zu denen die Arztpraxis berufsspeifisch in Kontakt tritt.

a)  Grundsätzlich stellt sich aber die Frage, inwieweit bei Freiberuflern nicht auch die Erkrankung des Kanzlei- oder Praxisinhabers selbst, d.h. der „Ausfall des eigenen Kopfes“, ein betriebliches Risiko widerspiegelt. Gerade Freiberufler verdienen ihr Geld mit persönlicher Beratung. Ein unmittelbares Betreuungs- und Beratungsverhältnis zwischen Freiberufler und jeweiligen Auftraggeber (Mandanten/Patienten etc.) wird von der Finanzverwaltung steuerlich als Abgrenzungskriterium zur gewerblichen Tätigkeit gerade gefordert. Die Versicherung von betriebsspezifischen Risiken, die mit dem Ausfall zentraler “Betriebsmittel“ verbunden sind, ist stets der beruflichen Sphäre zuzuordnen. Zentrales Betriebsmittel eines Freiberuflers ist aber er selbst.

Dennoch erscheint es nachvollziehbar, dass der BFH die Grenze zwischen betrieblicher und privater Sphäre dort zieht, wo der Betriebsinhaber persönlich als Risikofaktor betroffen ist (nur privater Lebensbereich) in Abgrenzung zu der Situation, in welcher die Risiken bei Dritten eintreten oder für Dritte drohen und sich infolge hierauf bezogener behördlicher Maßnahmen berufsspezifisch Auswirkungen auf den Praxisbetrieb ergeben (steuerlich relevanter Zusammenhang zur Einkünfteerzielung). Das Aufteilungsverbot des § 12 EStG dient letztlich der Notwendigkeit, einer sinnvollen und praktikablen Abgrenzung von privater Sphäre zu dem Bereich der Einkünfteerzielung. Auch wenn beide Sphären teilweise in einander übergehen können, ist ein gewisses Maß an Typisierung hinzunehmen.

b)  Es erschiene allerdings gerade bei Freiberuflern systemgerecht und konsequent, Prämien zur Abdeckung von Risiken, die einen berufstypischen Bezug zu Dritten aufweisen und sich über eine behördliche Anordnung auf den Kanzlei- oder Praxisbetrieb des Steuerpflichtigen auswirken, generell – d. h. auch über den Kreis der Ärzte hinaus – steuerlich abzugsfähig zu stellen. Da Freiberufler berufsspezifisch mit Patienten, Mandanten und Auftraggebern in persönlichen Kontakt treten, sollte der berufstypische Risikozusammenhang für die Frage der steuerlichen Abzugsfähigkeit nicht zur eng gesehen werden.

Lorbeerkranz

Auszeichnungen

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2022/2023)

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2017-2021)

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