1. Worum es geht

Bereits mit unseren Beiträgen vom 06.03.2012 und 17.11.2011 haben wir darauf hingewiesen, dass der BFH mit Beschluss vom 05.10.2011 in dem unter dem Aktenzeichen II R 9/11 anhängigen Verfahren Zweifel an der Verfassungsgemäßheit der derzeitigen Erbschaftsteuerregelung, insbesondere der Begünstigung für die Übertragung von Unternehmensvermögen in den §§ 13a, 13b ErbStG geäußert hat. Er hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) zum Beitritt aufgefordert. Inzwischen liegt ein Gutachten des wissenschaftlichen Beirats des BMF vor, wonach die Begünstigung des Unternehmensvermögens „ökonomische Effizienzverluste“ verursachen soll. Der Beirat empfiehlt die Aufhebung der speziellen Verschonungsregelung im Unternehmensbereich, im Gegenzug aber eine Absenkung der Steuersätze sowie die Einführung einer Steuerstundung bei Übergang von Unternehmensvermögen. Die Zukunft der Verschonungsregelung ist damit unsicher.

2. Der Fall

Derweil hält das Finanzgericht Köln mit Entscheidung vom 16.11.2011, 9 K 3087/10 in konsequenter Anwendung der gegenwärtigen Gesetzesfassung des § 13a ErbStG, die Verschonungsregelung nicht nur auf unmittelbar von dem Schenker gehaltene Kapitalbeteiligungen i. H. v. jeweils mehr als 25% des Nennkapitals für anwendbar, sondern erstreckt dies auch auf eine mittelbar gehaltene Beteiligung an Kapitalgesellschaften, deren Anteile in dem Gesamthandsvermögen einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft liegen.

Zum Fall: In dem entschiedenen Fall hielt eine vermögensverwaltende KG sämtliche Anteile an zwei GmbHs. Der Kläger war Komplementär der GmbH & Co. KG und übertrug jeweils 9% des Gesamtkapitals der KG auf seine Ehefrau und Kinder. Für beide Erwerber galten der Freibetrag sowie Bewertungsabschlag für Anteile an Kapitalgesellschaft nach § 13a ErbStG. Entgegen der Ablehnung durch das Finanzamt entschied das Finanzgericht Köln, dass auch die durch die vermögensverwaltende KG vermittelte mittelbare Beteiligung an den GmbHs der Verschonungsregelung unterfalle. Nach § 10 Abs. 1 Satz 3 ErbStG a.F. (§ 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG n.F.) gelte der unmittelbare oder mittelbare Erwerb einer Beteiligung an einer Personengesellschaft, die über kein Betriebsvermögen verfüge, als Erwerb der anteiligen Wirtschaftsgüter. Es werde mithin kein einheitlicher KG-Anteil übertragen, sondern ein Anteil an den einzelnen in dem Gesamtvermögen der KG liegenden GmbH-Beteiligungen. Dies rechtfertige sich auch nach dem im Steuerrecht vorherrschenden Prinzip der wirtschaftlichen Zuordnung (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO), wonach Wirtschaftsgüter, die mehreren Beteiligten in einer Gesamthand zustünden, diesen Beteiligten anteilig zugerechnet würden.

Das FG Köln stellt zudem klar, dass es bei einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft unerheblich sei, ob der übertragene Gesellschafter unmittelbar oder lediglich als Gesellschafter der vermögensverwaltenden Personengesellschaft mittelbar zu mehr als 25% an dem Kapital einer Kapitalgesellschaft beteiligt sei.

3. Auffassung der Finanzverwaltung

Damit widerspricht das FG Köln der Auffassung, welche die Finanzverwaltung in den allerdings noch zur alten Rechtslage ergangenen Erbschaftsteuerrichtlinien (H 26 und R 53 Abs. 2 Satz 3 ErbStR 2003) vertritt. Danach soll nur eine unmittelbare Beteiligung an der Kapitalgesellschaft von der Begünstigungsregelung erfasst sein. Demgegenüber spricht für die Entscheidung des FG Köln auch die wohl von dem BFH hinsichtlich der Besteuerung eines Liquidationsverlustes bei Kapitalgesellschaften nach § 17 EStG vertretene Auffassung, dass für die Frage der dort genannten Wesentlichkeitsgrenze (1% am Nennkapital) die von einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft gehaltenen GmbH-Anteile nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO den Gesellschaftern steuerrechtlich direkt zugerechnet würden (BFH, Urteil vom 04.07.2007, VIII R 68/05, BStBl. II, 2007, 937).

4. Ausblick

Während die Sichtweise des FG Köln damit auch im Rahmen des erbschaftsteuerrechtlichen Verschonungsabschlags konsequent erscheint (so auch Grewe in ErbBstg, März 2012, S. 65/66), steht in Anbetracht der zu eingangs aufgezeigten grundsätzlichen Bedenken des BFH gegen die Begünstigung von originär vermögensverwaltenden Vermögen, also auch der Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft, zu befürchten, dass der BFH die Entscheidung des FG Köln in der derzeit rechtshängigen Revisionsinstanz (Aktenzeichen BFH: II R 4/12) kritischer behandeln dürfte, als sie es auf dem Boden der gegenwärtigenGesetzesfassung verdient hätte.

Betroffene einer bereits erfolgten Gestaltung sollten gleichwohl in jeden Fall unter Hinweis der Entscheidung des FG Köln Einspruch einlegen, um die Angelegenheit offen zu halten.

Für neue Gestaltungen ist die Entscheidung des FG Köln u. a. deswegen interessant, als sich mit der Gestaltung einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft, in deren Gesamthandsvermögen die Anteile an einer Familiengesellschaft (GmbH) liegen, an der auch übertragungswillige Gesellschafter unterhalb der „Begünstigungsschwelle“ von 25 % des Nennkapitals beteiligt sind, eine Alternative zur sog. Poolvereinbarung (§ 13 b abs. 1 Nr. 3 ErbStG) abzeichnet. Allerdings ist weitere Beobachtung der Rechtsprechung des BFH zu der generellen Frage der Verfassungsgemäßheit der derzeitigen Begünstigung nach § 13 a, b ErbStG geboten.

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