06.11.2018

Verzichtet ein Gesellschafter unter der auflösenden Bedingung der Besserung der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft auf sein Gesellschafterdarlehen, um deren Eigenkapitalbildung und Ertragskraft zu stärken, sind bei ihm weiterhin anfallende Refinanzierungszinsen nicht (mehr) als Werbungskosten im Zusammenhang mit früheren Zinseinkünften abziehbar, wie der BFH mit Urteil vom 24.10.2017 (veröffentlicht am 31.10.2018), VIII R 19/16 entschieden hat.


Durch beteiligungserträge veranlasste Refinanzierungszinsen sind nicht mehr ohne Weiteres als Werbungskosten abziehbar, wie der Bundesfinanzhof in einem aktuellen Urteil entschieden hat. 

Die nunmehr durch die Beteiligungserträge veranlassten Refinanzierungszinsen sind vielmehr nur auf Antrag zu 60 % als Werbungskosten abziehbar. Um wenigstens 60 % der Refinanzierungszinsen abziehen zu können, muss der mit mindestens 10 % am Stammkapital beteiligte Gesellschafter spätestens (Nachholung nicht möglich!) mit Abgabe der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr des Forderungsverzichts gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG die Anwendung des sog. Teileinkünfteverfahrens (§§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG) für die Dividenden aus der Kapitalgesellschaft und die damit im Zusammenhang stehenden Werbungskosten beantragen. Für geringer beteiligte Gesellschafter scheidet diese Antragsmöglichkeit aus.

  • Refinanziert ein Gesellschafter das seiner Kapitalgesellschaft (GmbH, AG) verzinslich gewährte Darlehen, sind die von ihm getragenen Schuldzinsen grundsätzlich als Werbungskosten durch die Erträge aus dem Gesellschafterdarlehen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) veranlasst.
    Diese Werbungskosten können ohne die Beschränkungen des ansonsten geltenden Werbungskostenabzugsverbots (§ 20 Abs. 9, 2. Halbsatz EStG) bei den tariflich besteuerten Kapitaleinkünften des Gesellschafters abgezogen werden (§ 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 1, § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 EStG).
  • Verzichtet der Gesellschafter aber gegenüber der Kapitalgesellschaft auf sein Gesellschafterdarlehen gegen Besserungsschein, kommt es nach Auffassung des BFH bis zum Eintritt des Besserungsfalls zu einem Wechsel des Veranlassungszusammenhangs hin zu den Beteiligungserträgen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG führen.
    Der Wechsel des Veranlassungszusammenhangs hat zur Folge, dass die Schuldzinsen aus dem Refinanzierungsdarlehen nunmehr dem Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9, 2. Halbsatz EStG unterliegen. Erfolgt dann kein Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG, geht der Werbungskostenabzug (mit Ausnahme des eher symbolischen Sparer-Pauschbetrags) verloren.

Steuerbilanzielle Besonderheiten eines Forderungsverzichts gegen Besserungsschein

Und auch auf der Ebene der Kapitalgesellschaft sind bei einem Verzicht gegen Besserungsschein ein paar Besonderheiten zu beachten, die sonst steuerlich und steuerbilanziell zu unliebsamen Überraschungen führen können.

  • Verzichtet ein Gesellschafter unter der auflösenden Bedingung der Besserung der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft in der Weise auf ein Gesellschafterdarlehen, dass er nur berechtigt sein soll, eine Befriedigung seiner Forderung aus künftigen (Bilanz-)Gewinnen oder aus einem Liquidationsüberschuss zu verlangen, liegen Darlehensforderungen nicht mehr vor, solange die Bedingung für den Wegfall des Verzichts nicht eingetreten ist. Der auflösend bedingte Forderungsverzicht führt – für die Dauer bis zum Bedingungseintritt – zum Wegfall der Forderung. Die Forderung ist steuerbilanziell auszubuchen, § 5 Abs. 2a EStG. In Höhe des wertlosen Teils der Darlehensforderung liegt ein steuerpflichtiger Erlassgewinn sowie in Höhe des Teilwertes eine erfolgsneutrale Einlage vor. Verzichten Drittgläubiger, liegt ein steuerpflichtiger Erlassgewinn vor.
  • Erfolgt die Besserungsabrede hingegen in der Weise, dass die Befriedigung der Forderung auch durch das die sonstigen Verbindlichkeiten übersteigende – freie – Vermögen der Gesellschaft erfolgen darf, und damit die Befriedigung auch insoweit erfolgen kann, wie es zu keiner Gefährdung der Ansprüche anderer Gläubiger kommt, bleibt die Passivierungspflicht bestehen. Eine ertragswirksame Ausbuchung hat damit nicht zu erfolgen.
  • Dasselbe gilt korrespondierend für die Subordination von Gesellschafterdarlehen durch qualifizierte Rangrücktritte.

Fazit:

Der Forderungsverzicht gegen Besserungsschein und ggf. der qualifizierte Rangrücktritt sind grundsätzlich geeignete Sanierungsinstrumente, um eine insolvenzrechtliche Überschuldung zu vermeiden und um die Eigenkapitalbildung und Ertragskraft zu stärken.

Die ungeprüfte Übernahme von Vertrags- oder Erklärungsmustern kann aber schnell zu unerwünschten steuerlichen Konsequenzen führen. Auf der Ebene des Gesellschafters u.a. zum Wegfall von Werbungskosten, auf der Ebene der Gesellschaft zu steuerpflichtigen Erlassgewinnen.

Autor

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Andreas Jahn
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