17.12.2018 -

Anfang 2019 ist es soweit: Nachdem der Bundesrat am 23. November 2018 das „Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts – Einführung einer Brückenteilzeit“ beschlossen hat, ist der Weg für einen Anspruch auf befristete Verringerung der Arbeitszeit geebnet. Das Gesetz ist Ausdruck eines zunehmenden Verlangens nach einer flexibleren Arbeitszeitgestaltung und soll Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Rückkehr in eine Vollzeitbeschäftigung erleichtern. Bereits ab dem 1. Januar 2019 werden viele einen Anspruch auf die sogenannte „Brückenteilzeit“ gegenüber ihrem Arbeitgeber geltend machen können – und das ohne Angabe besonderer Gründe.


Ab dem 1. Januar 2019 können Arbeitnehmer mit der Brückenteilzeit ihre Arbeitszeit ohne Angabe von Gründen befristet reduzieren. (Copyright: Adrian Hancu/iStock)

Die Rechtsgrundlage für diesen Anspruch befindet sich im neuen § 9a Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG):

„(1) Ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, kann verlangen, dass seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit für einen im Voraus zu bestimmenden Zeitraum verringert wird. Der begehrte Zeitraum muss mindestens ein Jahr und darf höchstens fünf Jahre betragen. Der Arbeitnehmer hat nur dann einen Anspruch auf zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit, wenn der Arbeitgeber in der Regel mehr als 45 Arbeitnehmer beschäftigt.

(2) Der Arbeitgeber kann das Verlangen des Arbeitnehmers nach Verringerung der Arbeitszeit ablehnen, soweit betriebliche Gründe entgegenstehen; § 8 Absatz 4 gilt entsprechend. Ein Arbeitgeber, der in der Regel mehr als 45, aber nicht mehr als 200 Arbeitnehmer beschäftigt, kann das Verlangen eines Arbeitnehmers auch ablehnen, wenn zum Zeitpunkt des begehrten Beginns der verringerten Arbeitszeit bei einer Arbeitnehmerzahl von in der Regel
1. mehr als 45 bis 60 bereits mindestens vier,
2. mehr als 60 bis 75 bereits mindestens fünf,
3. mehr als 75 bis 90 bereits mindestens sechs,
4. mehr als 90 bis 105 bereits mindestens sieben,
5. mehr als 105 bis 120 bereits mindestens acht,
6. mehr als 120 bis 135 bereits mindestens neun,
7. mehr als 135 bis 150 bereits mindestens zehn,
8. mehr als 150 bis 165 bereits mindestens elf,
9. mehr als 165 bis 180 bereits mindestens zwölf,
10. mehr als 180 bis 195 bereits mindestens dreizehn,
11. mehr als 195 bis 200 bereits mindestens 14,
andere Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit nach Absatz 1 verringert haben.

(3) Im Übrigen gilt für den Umfang der Verringerung der Arbeitszeit und für die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit § 8 Absatz 2 bis 5. Für den begehrten Zeitraum der Verringerung der Arbeitszeit sind § 8 Absatz 2 Satz 1, Absatz 3 Satz 1, Absatz 4 sowie Absatz 5 Satz 1 und 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Während der Dauer der zeitlich begrenzten Verringerung der Arbeitszeit kann der Arbeitnehmer keine weitere Verringerung und keine Verlängerung seiner Arbeitszeit nach diesem Gesetz verlangen; § 9 findet keine Anwendung.

(5) Ein Arbeitnehmer, der nach einer zeitlich begrenzten Verringerung der Arbeitszeit nach Absatz 1 zu seiner ursprünglichen vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zurückgekehrt ist, kann eine erneute Verringerung der Arbeitszeit nach diesem Gesetz frühestens ein Jahr nach der Rückkehr zur ursprünglichen Arbeitszeit verlangen. Für einen erneuten Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit nach berechtigter Ablehnung auf Grund entgegenstehender betrieblicher Gründe nach Absatz 2 Satz 1 gilt § 8 Absatz 6 entsprechend. Nach berechtigter Ablehnung auf Grund der Zumutbarkeitsregelung nach Absatz 2 Satz 2 kann der Arbeitnehmer frühestens nach Ablauf von einem Jahr nach der Ablehnung erneut eine Verringerung der Arbeitszeit verlangen.

(6) Durch Tarifvertrag kann der Rahmen für den Zeitraum der Arbeitszeitverringerung abweichend von Absatz 1 Satz 2 auch zuungunsten des Arbeitnehmers festgelegt werden.

(7) Bei der Anzahl der Arbeitnehmer nach Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 sind Personen in Berufsbildung nicht zu berücksichtigen.“

Schranken der Brückenteilzeit

Der grundsätzliche Anspruch auf eine befristete Teilzeit steht jedoch nicht uneingeschränkt jedem Arbeitnehmer zu. So sieht § 9a Abs. 1 Satz 1 TzBfG neue Fassung (n.F.) vor, dass nur solche Arbeitnehmer einen Antrag stellen können, deren Arbeitsverhältnis bereits länger als sechs Monate bestanden hat. Außerdem besteht der Rechtsanspruch nur gegenüber Arbeitgebern, die in der Regel mehr als 45 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigen, § 9a Abs. 1 Satz 3 TzBfG n. F.

Um kleinere und mittlere Unternehmen vor einer Überforderung zu schützen, hat der Gesetzgeber eine Zumutbarkeitsgrenze eingeführt: Arbeitgeber mit in der Regel bis zu 200 Arbeitnehmern können das befristete Teilzeitbegehren ablehnen, wenn sich bereits mehr als ein Arbeitnehmer je angefangene 15 Arbeitnehmer in befristeter Teilzeit im Sinne des § 9a TzBfG n. F. befindet. Dabei werden Arbeitnehmer, denen aufgrund anderer Rechtsgrundlagen (z. B. BEEG, PflegeZG oder FPfZG) eine Teilzeitstelle eingeräumt wurde, nicht mitgezählt.
Haben mehrere Arbeitnehmer für den gleichen Tag den Beginn einer Brückenteilzeit beantragt, muss der Arbeitgeber im Rahmen billigen Ermessens entscheiden, welchem Arbeitnehmer er den Anspruch gewährt. Dies sieht die Gesetzesbegründung so vor. Der Arbeitgeber hat dann die wesentlichen Umstände des Einzelfalls abzuwägen und die Interessen der betroffenen Arbeitnehmer angemessen zu berücksichtigen. Maßgeblich sind insbesondere soziale, persönliche und familiäre Gesichtspunkte, wie z. B. Erziehungs- und Pflegeaufgaben, die nicht schon durch Ansprüche nach anderen Gesetzen abgedeckt sind (BEEG, PflegeZG oder FPfZG). Berücksichtigt werden kann zudem auch die Ausübung eines Ehrenamtes.

Neben dem Überforderungsschutz können Arbeitgeber einen Antrag auf Brückenteilzeit auch ablehnen, wenn betriebliche Gründe entgegenstehen. Hier gelten dieselben Grundsätze wie bei der zeitlich nicht begrenzten Teilzeitbeschäftigung. § 9a Abs. 2 Satz 1 TzBfG n. F. verweist insoweit auf § 8 Abs. 4 TzBfG. Der Brückenteilzeit entgegenstehende betriebliche Gründe liegen beispielsweise dann vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit den Arbeitsablauf, die Organisation oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigen oder unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen würde.

Planungssicherheit für den Arbeitgeber?

Um dem Arbeitgeber ein gewisses Maß an Planungssicherheit zu gewährleisten, sieht § 9a Abs. 4 TzBfG vor, dass während der Dauer der Brückenteilzeit der Arbeitnehmer keine weitere Verringerung und keine Verlängerung seiner Arbeitszeit nach dem TzBfG verlangen kann. Die Möglichkeit, die Arbeitszeit aufgrund anderer Gesetze, z. B. nach dem BEEG, dem PflegeZG oder dem FPfZG, zu verändern, bleibt jedoch bestehen. Die Planungssicherheit ist daher unter diesem Aspekt nicht vollständig gegeben.

Der Anspruch auf Brückenteilzeit muss nach § 9a Abs. 1 Satz 2 TzBfG n. F. mindestens ein Jahr und darf höchstens fünf Jahre betragen. In Tarifverträgen können andere Zeiträume, auch zu Ungunsten des Arbeitnehmers, festgelegt werden.

Um den Interessen des Arbeitgebers darüber hinaus Rechnung zu tragen, bestehen bestimmte Wartefristen für neue Anträge auf Brückenteilzeit. Endet die Brückenteilzeit, kehrt der Arbeitnehmer automatisch zu seiner ursprünglichen Arbeitszeit zurück. Möchte der Arbeitnehmer erneut eine Brückenteilzeit in Anspruch nehmen, muss er damit mindestens ein Jahr warten. Standen der Genehmigung der befristeten Teilzeit berechtigte betriebliche Gründe entgegen, kann der Arbeitnehmer erst nach Ablauf von zwei Jahren einen erneuten Antrag stellen.

Formelle Voraussetzungen

Die formellen Voraussetzungen der Brückenteilzeit orientieren sich eng am unbefristeten Teilzeitverlangen gemäß § 8 TzBfG. Mitarbeiter, die von der Brückenteilzeitmöglichkeit Gebrauch machten möchten, müssen den begehrten Zeitraum, den gewünschten Umfang der Reduzierung sowie die Verteilung der Arbeitszeit gegenüber dem Arbeitgeber spätestens drei Monate vor dem geplanten Beginn anzeigen. Um den Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen, sieht die gesetzliche Neuregelung die Textform gemäß § 126b BGB vor. Nicht erforderlich ist daher die eigenhändige Unterschrift des Arbeitnehmers. Dem Textformerfordernis genügt beispielsweise ein Telefaxschreiben oder eine E-Mail.

Dies gilt jedoch nicht für den Arbeitgeber: Kann dem Wunsch des Arbeitnehmers nicht entsprochen werden, müssen Arbeitgeber ihre ablehnende Entscheidung mindestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Arbeitszeitverringerung den Antragstellern schriftlich mitteilen. Hält der Arbeitgeber das Schriftformerfordernis nicht ein, verändert sich die Arbeitszeit und deren Verteilung entsprechend dem Wunsch des Arbeitnehmers.

Arbeitgeber sollten Auswahlkriterien lückenlos dokumentieren

Aufgrund des neuen Anspruchs auf befristete Teilzeit werden künftig zahlreiche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Möglichkeit haben, für einen begrenzten Zeitraum die Arbeitszeit zu verringern, ohne hierfür einen besonderen Anlass zu benötigen. Aufgrund der zahlreichen Verweisungen der neuen Regelungen auf § 8 TzBfG greift auch die hierzu ergangene arbeitsgerichtliche Rechtsprechung entsprechend. Einige Fragen sind im Gesetz nicht geregelt und werden von der Rechtsprechung in Zukunft zu klären sein. So kann es seitens des Arbeitgebers zu einer ermessensfehlerhaften Auswahl bei mehreren Anträgen kommen. Dies hat keine Auswirkungen auf den stattgegebenen Brückenteilzeitantrag. Im Einzelfall kann die fehlerhafte Auswahl jedoch dazu führen, dass die Zumutbarkeitsschwelle überschritten wird, weil sich der Arbeitgeber in Bezug auf den weiteren Antrag nicht mehr auf den Überforderungsschutz berufen können wird. Insoweit ist Arbeitgebern zu raten, die Kriterien, die zur Auswahlentscheidung geführt haben, lückenlos zu dokumentieren.

Lorbeerkranz

Auszeichnungen

  • TOP-Wirtschafts­kanzlei für Arbeits­recht
    (FOCUS SPEZIAL 2023, 2022, 2021, 2020)

  • TOP-Kanzlei für Arbeitsrecht
    (WirtschaftsWoche 2023, 2022, 2021, 2020)

  • TOP-Anwältin für Arbeitsrecht: Ebba Herfs-Röttgen
    (WirtschaftsWoche, 2023, 2022, 2021, 2020)

  • TOP-Anwalt für Arbeitsrecht: Prof. Dr. Nicolai Besgen
    (WirtschaftsWoche 2023, 2020)

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sprechblasen

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sind Sie unsicher, ob Sie mit Ihrer Angelegenheit bei uns richtig sind?
Nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt mit uns auf und schildern uns Ihr Anliegen.
Wir freuen uns auf Ihren Anruf.

Kontakt aufnehmen