22.03.2020 -

Neben arbeitsrechtlichen Fragestellungen, die im Zusammenhang mit Kurzarbeitergeld oder Lohnfortzahlungen im Falle einer Praxisschließung aufkommen, stehen Praxisinhaberinnen und Praxisinhaber in der aktuellen Lage auch vor vertragsärztlichen Herausforderungen. Hier eine Übersicht der wichtigsten Punkte:

1. Anzeige- und Vertretungsverpflichtungen bei Praxisschließung

Wird die Praxis aufgrund einer behördlichen Maßnahme geschlossen, müssen Praxisinhaber dies der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung anzeigen.
Die Pflicht ergibt sich unmittelbar aus den Regelungen des Bundesmantelvertrages Ärzte (BMV-Ä). Dort heißt es in § 17 Abs. 3:

„Ist der Vertragsarzt länger als eine Woche an der Ausübung seiner Praxis verhindert, so hat er dies der Kassenärztlichen Vereinigung unter Benennung der vertretenden Ärzte unverzüglich mitzuteilen. Darüber hinaus soll der Vertragsarzt – auch bei Verhinderung von weniger als einer Woche – dies in geeigneter Weise (z. B. durch Aushang) bekanntgeben. Die Vertretung ist jeweils mit dem vertretenden Arzt abzusprechen.“

Aus vorstehender Regelung ergibt sich unmittelbar, dass auch in Fällen einer Praxisschließung grundsätzlich für Vertretung zu sorgen ist. Dies kann innerhalb der Praxis geschehen oder aber, im Falle der Praxisschließung wohl realistischer, durch Ärzte in anderen Praxen. Die Praxisinhaberin oder der Praxisinhaber sollte sich also in Abstimmung mit Kollegen bemühen, eine vertretende Praxis zu benennen. Wenn das nicht gelingt, sollte zur Vermeidung unliebsamer Diskussionen zumindest das entsprechende Bemühen dokumentiert werden.

2. RLV und Budget im Auge behalten

Auch wenn in diesen Tagen vornehmlich das „Hier und Jetzt“ im Vordergrund steht, wird es eine Zeit nach der Pandemie geben, in der wieder eine „normale“ vertragsärztliche Versorgung erbracht wird. Falls die zuständigen KV bezüglich der vertragsärztlichen Vergütung der Basis von Regelleistungsvolumina (RLV) hier nicht proaktiv Sonderregelungen treffen, sollte eine Besonderheit im Auge behalten werden:

In der Regel bestimmt sich das Budget für das quartalsweise zu zahlende Honorar nach der Fallzahl des Vorjahresquartals. Es ist augenscheinlich, dass abhängig vom Fachgebiet eine Praxis und abhängig von der individuellen Betroffenheit der Praxis durch das Corona-Virus, zum Beispiel durch Quarantäne, Betriebsschließung etc., hier starke Verwerfungen auftreten können. Die Fallzahlen im derzeitigen Quartal II/2020 und ggf. auch in folgenden Quartalen könnten teilweise stark sinken. Hier sollten die betroffenen Ärzte zwingend bei ihrer zuständigen KV Anträge auf Budgeterhöhung stellen. Entsprechende Regelungen für Ausnahmekonstellationen, in denen der Rückgriff auf das Vorjahresquartal nicht geboten ist, enthält jeder Honorarverteilungsmaßstab.


In der aktuellen Situation stehen Praxisinhaber auch vor vertragsärztlichen Herausforderungen. (Copyright: Stockfotos_MG/adobe.stock)  

3. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aufgrund telefonischen Kontakts

Der gemeinsame Bundesausschuss hat rückwirkend zum 09.03.2020 und zunächst befristet bis zum 04.05.2020 die Arbeitsunfähigkeit-Richtlinie geändert. Vorangegangen waren bereits Abstimmungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und des GKV-Spitzenverbandes. Diese hatten sich auf eine Änderung des § 31 des BMV-Ä verständigt. Danach kann die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit für Versicherte mit nur leichter Symptomatik in Bezug auf Erkrankungen der oberen Atemwege und ohne Vorliegen eines begründeten Infektionsverdachts auf COVID-19 auch aufgrund telefonischer Anamnese erfolgen. Die Regelung dient der Entlastung der Vertragsarztpraxen und soll eine Ausbreitung des Corona-Virus über die Wartezimmer der Arztpraxen verhindern.

Die KBV hat auch hier umfassende Informationen für die vertragsärztliche Praxis aufbereitet, die insbesondere auch erläutern, wie die Abrechnung in Fällen erfolgen kann, in denen der Patient noch nie in der Praxis war und seine Patientendaten nur telefonisch durchgibt.

Die Informationen der KBV finden Sie hier.

4. Hinweise zur Abrechnung

Alle ärztlichen Leistungen, die aufgrund des klinischen Verdachts auf eine Infektion oder einer nachgewiesenen Infektion mit dem Corona-Virus erforderlich sind, werden seit dem 01.02.2020 in voller Höhe extrabudgetär bezahlt. Wichtig für die Abrechnung ist, dass die Ärzte alle diese Fälle mit der Ziffer 88240 kennzeichnen. Dies gilt auch, wenn der Patient durch die Terminservicestelle (Patientenservice 116117) vermittelt wurde.

Auch hier stellt die Kassenärztliche Bundesvereinigung vertiefende Informationen zur Verfügung.

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  • „Eine der besten Wirtschaftskanzleien für Gesundheit und Pharmazie„
    (brand eins Ausgabe 23/2022, 20/2021, 16/2020)

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