15.12.2020 -

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat kürzlich entschieden (Urteil vom 17.09.2020 – 17 Sa 8/20), dass ein Arbeitnehmer, der im großen Umfange Daten auf dem Betriebsrechner löscht, in schwerwiegender Weise seine Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis verletzt und der Arbeitgeber in einem solchen Fall fristlos kündigen kann.


Fristlose Kündigung! (Copyright: /adobe.stock)

Der Fall

In einem Produktions- und Vertriebsunternehmen für Reinigungsgeräte kam es zu Spannungen mit einem Außendienstmitarbeiter. Der Arbeitgeber wollte das Arbeitsverhältnis nicht fortsetzen und den Arbeitnehmer in einem Personalgespräch einen Aufhebungsvertrag anbieten. Als die Verhandlungsgespräche an der Abfindungshöhe scheiterten, verließ der Arbeitnehmer im Streit das Betriebsgelände.

In den darauffolgenden Tagen löschte er betriebliche Daten im Umfang von etwa 8 GB, einschließlich wichtiger Geschäftskorrespondenz und –statistiken von seinem Rechner auf dem Server des Arbeitgebers. Diesem fiel der Fehlbestand auf und er verdächtigte sofort den Außendienstmitarbeiter. Auf die Anforderung des Arbeitgebers, sich zum Vorwurf zu äußern, ließ sich der Arbeitnehmer rückwirkend krankschreiben. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin mit Tat-, hilfsweise Verdachtskündigung das Arbeitsverhältnis fristlos.

Das Arbeitsgericht hat den Verdacht des Arbeitgebers als erwiesen angesehen und die daraufhin erhobene Kündigungsschutzklage abgewiesen. Auch in der Berufungsinstanz hat der Außendienstmitarbeiter keinen Erfolg gehabt.

Die Entscheidung

Das LAG Baden-Württemberg hat in der Löschung der Daten einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung gesehen. Der Arbeitnehmer habe seine arbeitsvertragliche Nebenpflicht zur Rücksichtnahme verletzt, als er vorsätzlich Daten vom Betriebsrechner löschte. Ob sein Verhalten auch eine strafbare Datenlöschung sei, sei für die Arbeitsgerichte nicht näher von Interesse.

Darüber hinaus habe der Mitarbeiter die auch im Arbeitsverhältnis entsprechend geltenden gesetzlichen Vorschriften über die Pflichten eines Beauftragten verletzt, weil die Daten dem Arbeitgeber zustehen und dieser Anspruch darauf hat, in diese Daten Einsicht zu nehmen (vgl. § 667 BGB). Durch die Löschung hat der Arbeitnehmer diese Einsichtnahme allerdings zunächst unmöglich gemacht.

Weil dem Arbeitnehmer offensichtlich klar gewesen sei, dass er die Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt, wenn er die Geschäftsdaten löscht, habe ihn der Arbeitgeber auch nicht zunächst vor einer Kündigung abmahnen müssen.

Ebenso sei es nicht von Bedeutung, dass der Arbeitgeber die Daten wiederherstellen konnte, weil das Vertrauen in ein redliches Verhalten des Arbeitnehmers – anders als die Daten – unwiederbringlich zerstört sei.

Folgen für die Praxis

Die Entscheidung ist zu begrüßen.

In der Praxis kommt es in angespannten Arbeitsverhältnissen immer wieder vor, dass Arbeitnehmer in Streitsituationen Daten von Dienstlaptops und -handys vor der Rückgabe an den Arbeitgeber löschen oder sogar auf Werkseinstellungen zurücksetzen. Die wohlbegründete Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg schafft insoweit Klarheit. Darf der Arbeitgeber bei der Löschung von Daten – wie im Streitfall – von einer Schädigungsabsicht des Arbeitnehmers ausgehen, kann er auch eine fristlose Kündigung in Betracht ziehen.

Offen bleibt hingegen, wie groß der gelöschte Datenstand sein muss, um eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Eine Verheimlichungsabsicht, die darin liegt, dass sich der Arbeitnehmer nicht selbst belasten will, ist mit dem hier besprochenen Fall zwar zunächst nicht zu vergleichen. Arbeitgebern steht es aber frei, in einem Prozess entsprechend zu argumentieren.

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