11.05.2021 -

Bei Geschäftsführerverträgen kann problematisch sein, ob diese wirksam geschlossen wurden. Er stellt sich dann die Frage, wie sich eine Unwirksamkeit dieser Verträge auswirkt. Außerdem können die Verträge an die Organstellung bei einer anderen Gesellschaft gekoppelt sein – was Folgefragen unter anderem bei der Vertragsbeendigung aufwirft.


Ein Geschäftsführer, der einen Dienstvertrag abschließt, sollte sich unbedingt den Beschluss des zuständigen Gremiums zeigen lassen (Copyright: NDABCREATIVITY/adobe.stock)

Der Fall

Der Kläger wurde 1993 zum Geschäftsführer der A-GmbH bestellt. Nach der Gründung der M-GmbH übernahm der Kläger auch deren Geschäftsführung. Diese sollte er in Nebentätigkeit zur seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der A-GmbH ausüben. Grundlage der Beschäftigung des Klägers bei beiden Gesellschaften war der Geschäftsführervertrag mit der A-GmbH aus dem Jahr 2007. Im Jahr 2010 wurde ein Geschäftsführervertrag mit der M-GmbH geschlossen, wobei für diese der Aufsichtsratsvorsitzende der M-GmbH handelte. Nach der Satzung der M-GmbH oblag dem Aufsichtsrat der Abschluss von Anstellungsverträgen. Ein Aufsichtsratsbeschluss im Vorfeld des Vertragsschlusses existierte allerdings nicht. Mit diesem Vertrag aus dem Jahr 2010 wurde geregelt, dass der Kläger nunmehr in erster Linie die Geschäftsführung bei der M-GmbH ausüben sollte und in Nebentätigkeit bei der A-GmbH. Der Geschäftsführervertrag mit der A-GmbH sollte laut einem – wirksam geschlossenen – Zusatzvertrag mit Ausscheiden des Klägers als Geschäftsführer der M-GmbH enden.

Im Folgenden kam es zwischen dem Kläger und dem neuen Aufsichtsratsvorsitzenden der M-GmbH zu Meinungsverschiedenheiten darüber, ob der ohne Beteiligung des Aufsichtsrats geschlossene Geschäftsführervertrag von 2010 wirksam sei. Der Kläger wurde zudem mehrfach vergeblich dazu aufgefordert, eine Geschäftsverteilung zu erarbeiten. Die hierfür zuständige Gesellschafterversammlung der M-GmbH beschloss daraufhin die Abberufung des Klägers sowie die fristlose, außerordentliche und hilfsweise ordentliche, fristgerechte Kündigung des Geschäftsführervertrags am 17.01.2012. Auch von der A-GmbH wurde der Kläger als Geschäftsführer abberufen; dieses Dienstverhältnis wurde am 17.01.2012 ebenfalls fristlos außerordentlich und hilfsweise ordentlich und fristgerecht zum 31.03.2012 gekündigt. Gegen beide Kündigungen wehrte sich der Geschäftsführer vor Gericht. Die Zustellung aller Kündigungen erfolgte noch am 17.01.2012.

Die Entscheidung

Die Kündigung des Geschäftsführervertrags mit der M-GmbH sei wirksam, so der BGH. Der Geschäftsführervertrag mit der M-GmbH habe nämlich jederzeit auch ohne einen wichtigen Grund aufgelöst werden können, da der Vertrag nicht wirksam geschlossen worden sei. Für diese Kündigung sei daher nicht zu prüfen, ob die Weigerung des Geschäftsführers zur Erstellung einer Geschäftsverteilung die Kündigung rechtfertigte.

Es sei, so das Gericht, kein wirksamer Geschäftsführervertrag mit der M-GmbH geschlossen worden. Nach deren Satzung sei der Aufsichtsrat hierzu vertretungsbefugt. Dieser habe seine Kompetenz nicht auf den Aufsichtsratsvorsitzenden übertragen. Der Aufsichtsratsvorsitzende habe nicht ohne einen entsprechenden Beschluss des Aufsichtsrats nach außen handeln dürfen. Es liege auch kein Fall vor, bei dem wirksam von der Satzung abgewichen worden sei, so der BGH. Unabhängig von der Frage, ob eine sogenannte punktuelle Satzungsdurchbrechung beim Abschluss eines Geschäftsführervertrags überhaupt möglich sei, fehle es zumindest an einem entsprechenden Willen des Aufsichtsratsvorsitzenden, als oberstes Gesellschaftsorgan verbindlich zu entscheiden.

Der Vertrag zwischen dem Kläger und der M-GmbH sei nach den Grundsätzen zum fehlerhaften Arbeitsverhältnis für die Dauer der Tätigkeit des Klägers so zu behandeln, als ob dieser Vertrag wirksam geschlossen worden sei. Das Anstellungsverhältnis habe aber jederzeit auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes aufgelöst werden können. Dies sei durch die fristlose Kündigung erfolgt. Da nie ein wirksamer Dienstvertrag geschlossen worden war, mussten die einzelnen Voraussetzungen der fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigungen nicht eingehalten werden. Zwar sei der Kläger bereits seit 2007 für die M-GmbH tätig gewesen. Der Vertrag von 2010 sei aber keineswegs jahrelang beanstandungsfrei durchgeführt worden, vielmehr sei dessen Wirksamkeit schon kurz nach Vertragsschluss zwischen den Parteien strittig gewesen. Es seien keine Gründe erkennbar, warum der Kläger in besonderem Maße auf die Wirksamkeit des 2010 geschlossenen Geschäftsführervertrags hätte vertrauen können.

Zu klären war zudem, ob auch die fristlose und hilfsweise ordentliche Kündigung des von 2007 datierenden Geschäftsführervertrags mit der A-GmbH wirksam war. Dieser Geschäftsführervertrag war wirksam geschlossen worden. Für die fristlose Kündigung, die zur Beendigung des Dienstvertrags noch am 17.1.2012 geführt hätte, bedürfte es eines wichtigen Grundes entsprechend § 626 Abs. 2 BGB. Insoweit verwies der BGH die Sache an das Ausgangsgericht zurück. Der Kläger habe sich geweigert, Gesellschafterweisungen umzusetzen. Darin liege eine Verletzung seiner vertraglichen Pflichten. Dies könne grundsätzlich eine fristlose Kündigung des Dienstverhältnisses rechtfertigen. Das Ausgangsgericht habe aber bei seiner Beurteilung alle Umstände der Weigerung in die Entscheidung mit einzubeziehen. Der Rechtsstreit wurde daher zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Auf jeden Fall wirksam war die hilfsweise ausgesprochene ordentliche fristgerechte Kündigung zum 31.03.2012. Der Dienstvertrag mit der A-GmbH endete hingegen sicher nicht schon mit der Abberufung als Geschäftsführer der M-GmbH am 17.01.2012. Zwar sei durch eine Koppelungsklausel der Vertrag mit der A-GmbH durch einen Zusatzvertrag an die Organstellung als Geschäftsführer bei der M-GmbH gekoppelt gewesen. Rechtsfolge sei dann aber nicht, dass automatisch und sofort mit der Abberufung als Geschäftsführer der M-GmbH der Dienstvertrag mit der A-GmbH geendet habe. Die gesetzlichen Kündigungsfristen könnten nicht dadurch umgangen werden, dass der Geschäftsführervertrag an eine Organstellung gekoppelt werde, so der BHG.

Ob eine Koppelungsklausel generell unwirksam ist oder dahingehend ausgelegt werden muss, dass die gesetzlichen Kündigungsfristen für die Beendigung der jeweiligen Dienstverträge einzuhalten sind, ließ der BGH offen. Ob automatisch durch die Abberufung bei der M-GmbH die Beendigung des Dienstvertrags mit der A-GmbH eingeleitet wurde und die Kündigungsfrist zu laufen begann oder ob erst die hilfsweise ordentliche Kündigung des Dienstvertrags diese Folge hätte, blieb daher durch das Urteil ungeklärt. Dies hätte auch im hier vorliegenden Fall zu keinen unterschiedlichen Ergebnissen geführt.

Fazit

Ist die Kündigung eines Geschäftsführervertrages streitig, sind mehrere Aspekte im Blick zu behalten. Sind bei Vertragsschluss die gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen nicht eingehalten, ist der Vertrag unter Umständen unwirksam. Hier war dies infolge der fehlenden Vertretungsmacht des Aufsichtsratsvorsitzenden bei Vertragsschluss der Fall. Ein Geschäftsführer, der einen Dienstvertrag abschließt, sollte sich unbedingt den Beschluss des zuständigen Gremiums zeigen lassen und die Satzung der betreffenden Gesellschaft überprüfen. Auch ohne einen wichtigen Grund konnte der Geschäftsführervertrag daher gekündigt werden – und zwar auch ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist. Sind Geschäftsführerverträge hingegen daran gekoppelt, dass die betreffende Person nicht als Geschäftsführer bei einer anderen Gesellschaft aus der Organstellung abberufen wird, gelten dennoch die gesetzlichen Kündigungsfristen. Ob es überhaupt möglich ist, dass ohne eine fristgerechte Kündigung automatisch mit der Abberufung die Beendigung des Dienstverhältnisses eingeleitet wird und die gesetzliche Kündigungsfrist zu laufen beginnt, ist höchst zweifelhaft. Wird die Beendigung eines Dienstverhältnisses mit einer Koppelungsklausel begründet, ist dies auf jeden Fall zu hinterfragen.

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