30.11.2021 -


Arbeitnehmer haben bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis (Credit: adobestock)

Arbeitszeugnisse müssen unterzeichnet sein. Jeder Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis, § 109 GewO. Die Erteilung von Zeugnissen in elektronischer Form ist gesetzlich ausdrücklich ausgeschlossen, § 109 Abs. 3 GewO. Keine Angaben enthält das Gesetz zur Struktur der Unterschrift. Reicht eine Paraphe oder muss es eine vollständige Unterschrift sein? Wie hat die Unterschrift auszusehen? Mit diesen Fragen hatte sich nun das Landesarbeitsgericht Hamburg in einem Zwangsgeldverfahren wegen der nicht ordnungsgemäßen Erteilung eines Zeugnisses zu befassen (LAG Hamburg v. 23.12.2020, 8 Ta 8/20). Wir möchten hier auf die Notwendigkeiten einer ordnungsgemäßen Unterschrift aus diesem Anlass hinweisen.

Der Fall (verkürzt):

Die Parteien einigen sich in einem Rechtsstreit durch Vergleich auf Beendigung des Arbeitsverhältnisses. In dem Vergleich verpflichtete sich der Arbeitgeber, der Arbeitnehmerin ein Zeugnis mit einem bestimmten Wortlaut unter einem bestimmten Datum zu erteilen.

Der Arbeitgeber kam dieser Verpflichtung auch unstreitig nach.

Die Arbeitnehmerin hat nun ein Zwangsgeldverfahren gegen den Arbeitgeber eingeleitet. Sie hat die Auffassung vertreten, der Arbeitgeber habe seine Verpflichtung nicht erfüllt, weil die Unterschrift des Geschäftsführers aus dem Zeugnis vom Schriftbild in früheren Zeugnissen und anderen schriftlichen Dokumenten deutlich abweiche.

Das Arbeitsgericht hat in I. Instanz diesen Antrag zurückgewiesen.

Die Entscheidung:

Im Beschwerdeverfahren hat hingegen das Landesarbeitsgericht ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 € festgesetzt.

I. Keine Geheimcodes in Zeugnissen!

Nach § 109 Abs. 2 Satz 1 GewO muss ein Zeugnis klar und verständlich formuliert sein. Gemäß Satz 2 darf es insbesondere keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.

So hat hier die Arbeitnehmerin argumentiert. Das Landesarbeitsgericht hat sich dem angeschlossen. Ein von den sonstigen Unterschriften deutlich abweichendes Schriftbild lässt darauf schließen, dass sich der Unterzeichner vom Inhalt des Unterschriebenen distanzieren will. Dies kann dann gem. § 109 Abs. 2 Satz 2 GewO als unzulässiges Merkmal bewertet werden, welches den Zweck hat, eine andere als aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen. Man spricht hier in der Personalpraxis von unzulässigen Geheimcodes.

II. Aussehen einer korrekten Unterschrift

Die Unterschrift ist das Erkennungsmerkmal einer Person. Die Unterschrift darf daher nicht in leicht erkennbaren Elementen von den sonstigen Unterschriften des Unterzeichners abweichen. Anderenfalls wird dadurch nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts zum Ausdruck gebracht, dass sich der Unterzeichner eben von dem Inhalt distanzieren möchte.

Wie aber sieht eine korrekte Unterschrift aus? Hierzu hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, dass sich bei Menschen regelmäßig im Laufe des Lebens charakteristische Merkmale ihrer Unterschrift entwickeln. Daher ist als ordnungsgemäße Unterschrift nur ein Schriftzug zu bewerten, der von den ansonsten geleisteten Unterschriften des Ausstellers nicht in deutlicher Weise abweicht. Diese Verpflichtung ergibt sich aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) und muss daher nicht ausdrücklich in einem Vergleich vereinbart werden. Es handelt sich um eine Selbstverständlichkeit. Sie folgt ohne Weiteres aus der Funktion einer Unterschrift.

Hinweis für die Praxis:

Eine vollständige Identität von Unterschriften ist weder erforderlich noch realisierbar. Maßgeblich ist, ob ein von sonstigen Unterschriften deutlich abweichendes Schriftbild vorliegt.

Fazit:

Im vorliegenden Fall waren in der Prozessakte des Gerichts zahlreiche Dokumente enthalten, die frühere Unterschriften des Geschäftsführers enthielten. Mit diesen Unterschriften wurde die Unterschrift unter dem Zeugnis abgeglichen. Dabei zeigte sich für das Gericht sehr eindeutig, dass die Unterschrift unter das streitige Zeugnis von allen anderen Unterschriften deutlich abwich. Es handelte sich offenbar lediglich um einen Strich in Annäherung an eine Paraphe. Paraphen sind aber keine Unterschriften. Eine Paraphe wahrt daher auch die Schriftform nicht. (Ausnahme notarielle Beglaubigung, § 126 Abs. 1 BGB).

Die Entscheidung ist zutreffend. Eine Unterschrift muss üblich sein und sich deutlich von einer Paraphe unterscheiden. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist das Zeugnis nicht ordnungsgemäß unterzeichnet. Dieser Anspruch kann sogar in einem Zwangsgeldverfahren durchgesetzt werden.

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