15.01.2009

1. Steuerliche Änderungen

Der Steuergesetzgeber hat für den Zeitraum ab Januar 2009 gleich zwei Segnungen für Ehepaare mit Kindern gebracht. Zunächst wird ab Januar 2009 das Kindergeld für die ersten beiden Kinder auf je 164,00 €, für das dritte auf 170,00 € sowie für das vierte und weitere Kinder auf jeweils 195,00 € erhöht. Bisher betrug das Kindergeld für das 1. bis 3. Kind je 154,00 € sowie für das vierte und jedes weitere Kind 179,00 €. Der „große“ Kinderfreibetrag wurde ebenfalls erhöht. Dieser Freibetrag für das tatsächliche Existenzminimum des Kindes wurde von 1.824,00 € auf 1.932,00 € angehoben.

Der Gesetzgeber lässt außerdem eine weitere Steuerklasse IV zu. Bisher konnten Ehegatten zwischen den Steuerklassenkombinationen III/V oder IV/IV wählen. Nunmehr besteht noch die Möglichkeit, bei der Steuerklassenkombination IV/IV die Vorteile des Splittingverfahrens im Lohnsteuerabzugsverfahren zu berücksichtigen. Auf die komplizierte Regelung im Einzelnen kann hier nicht eingegangen werden. Im Ergebnis wird jedenfalls der durch das Splittingverfahren sich ergebende Steuervorteil schon im Verhältnis der Gesamtlohnsteuerzahlung sowie bei den einzelnen Lohnsteuerbeiträgen beider Ehegatten auf den Lohnsteuerkarten bzw. im elektronischen Lohnsteuerabzugsverfahren berücksichtigt. Es wird daher sicherlich einige Fälle geben, in denen sich durch diese neue Steuerklassenkombination IV unter Berücksichtigung des Splittingverfahrens ein steuerlicher Vorteil ergibt.

2. Kirchliche Eheschließung ohne Standesamt

Zum 1. Januar 2009 wurden §§ 67, 67 a des Personenstandsgesetzes aufgehoben. Bisher durfte man sich nicht kirchlich trauen lassen, „ohne dass zuvor die Verlobten vor dem Standesamt erklärt haben, die Ehe miteinander eingehen zu wollen“. Das seit 1875 bestehende Verbot einer rein kirchlichen Ehe ohne (zivil-)rechtliche Bindung ist damit beendet.

Den nur kirchlich Verheirateten (nach dem Zivilrecht sind sie weiterhin nur verlobt) muss allerdings bewusst sein, dass die zivilrechtlichen Folgen einer Eheschliessung, insbesondere Unterhalt, Zugewinnausgleich, Versorgungsausgleich, bei einer rein kirchlichen Trauung gerade nicht gelten. Vor dem Zivilrecht gelten diese Paare weiterhin als Verlobte sowie als nichteheliche Lebensgemeinschaft. Gleiches gilt für Erbansprüche. Auch insoweit gelten die Partner nur als verlobt und nicht als verheiratet, d.h. es gibt keine gesetzlichen Erbansprüche.

Wer daher auch die zivilrechtlichen Regelungen der Ehe für sich in Anspruch nehmen will, sollte daher – vor oder nach der Kirche – noch zum Standesamt gehen.

3. Reform des Verfahrensrechts

Zum 1. September 2009 tritt das Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz) in Kraft.

Dieses Gesetz beseitigt eine strukturelle Schwäche des Verfahrensrechts. Gegenwärtig gibt es zwei Verfahrensordnungen: die Zivilprozessordnung und das Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit. Die Zivilprozessordnung regelt z.B. Verfahren wie Unterhalt oder Zugewinnausgleich, das Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit z.B. Umgangs- oder Sorgerechtsverfahren. Das Nebeneinander sowie teilweise das Ineinandergreifen beider Verfahrensordnungen in einem Verfahren hat immer wieder zu Schwierigkeiten geführt, die nun beseitigt werden. Beide bisherigen Gesetze sind nunmehr in einem – dem FGG-Reformgesetz – zusammengefasst worden, das zum 1. September 2009 in Kraft tritt.  Für die Praxis wichtige Änderungen ergeben sich vor allem durch die Einführung des „großen Familiengerichts“.

Um die Einrichtung dieses großen Familiengerichts wurde seit Jahrzehnten gerungen. Nicht alle Rechtsangelegenheiten, die Ehe- oder sonstige Paare oder Eltern betreffen, wurden bisher beim Familiengericht verhandelt, sondern – je nach Rechtsgebiet – auch bei den allgemeinen Zivilabteilungen. Das betraf z.B. Fragen des gemeinsamen Eigentums an Immobilien oder der Gesamtschuld für einen gemeinsamen Kredit. Das führte häufig zu einer Rechtswegspaltung zwischen den Familiengerichten, die bei den Amtsgerichten angesiedelt sind, sowie den allgemeinen Zivilabteilungen, die sowohl bei den Amts- als auch bei den Landgerichten bestehen. Der Nachteil dieser Regelung war, dass die allgemeinen Zivilabteilungen nicht über das Spezialwissen in Familiensachen verfügten und es daher vorkam, dass familienrechtliche Zusammenhänge zum Unterhalt oder zum Zugewinnausgleich nicht zutreffend beurteilt werden konnten.

Geändert wurde auch die Möglichkeit, Umgangsentscheidungen durchzusetzen. Es gibt Fälle, in denen bisher die Vollstreckung ins Leere ging. Wenn die Eltern z.B. eine Umgangsregelung über Silvester/Neujahr vereinbaren und der betreuende Elternteil den Umgang zu diesem Zeitpunkt verhindert, konnten bisher Zwangsmittel nach Ablauf der Umgangszeit – also z. B. am 2. Januar des Folgejahres – nicht mehr angewandt werden. Das Zwangsgeld oder die Zwangshaft dienen dazu, den Willen des anderen Elternteiles zu beugen. „Braucht“ dieser Wille nicht mehr gebeugt zu werden, da die Angelegenheit selbst wegen Zeitablaufs erledigt ist, konnten die Zwangsmittel nicht angewandt werden.

Das wird zum 1. September 2009 geändert. Das FGG-Reformgesetz sieht als Vollstreckungsmittel das Ordnungsgeld sowie die Ordnungshaft vor. Beide Zwangsmittel können auch noch nach Zeitablauf der eigentlichen Angelegenheit – in dem Beispielsfall auch noch im neuen Jahr – angewandt werden.

Eine weitere wichtige Änderung innerhalb der Verfahrensreform ist schon zum 11. Juli 2008 in Kraft getreten. Das Familiengericht kann seitdem in Fällen der Gefährdung des Kindeswohles auch ohne rechtsförmlichen Antrag tätig werden, um Gefahren für das Kind abzuwenden. Es reicht daher jede Kenntnisnahme des Familiengerichts aus – von wem das Familiengericht diese Kenntnis auch immer erhalten hat -, um tätig zu werden, insbesondere wenn beide Elternteile nicht fähig oder gewillt sind, ihr Verhalten am Wohl des Kindes auszurichten.

Die ebenfalls seit dem 11. Juli 2008 geltende Regelung, nach der die Familiengerichte verpflichtet sind, in Verfahren, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, spätestens einen Monat nach Eingang des Antrages eine mündliche Verhandlung durchzuführen, hat zu einer erheblichen Beschleunigung geführt. Es kann schon jetzt in der Praxis beobachtet werden, dass die Gerichte diesem Gesetzesauftrag ohne Abstriche folgen.

 

4. Ausblick auf das Jahr 2009

2009 stehen aus familienrechtlicher Sicht zwei große Reformvorhaben an. Das Güterrechtsverfahren, d.h. das Verfahren zum Zugewinnausgleich, soll reformiert werden. Wir hatten hierzu schon auf unserer Homepage am 20. August 2008 informiert.

Weiterhin strebt der Gesetzgeber eine umfassende Reform des Versorgungsausgleichs an. Das bisher geltende Recht zum Versorgungsausgleich, das sich nur noch Spezialisten erschließt, soll grundlegend reformiert und vereinfacht werden. Bisher gilt im Grundsatz, dass sämtliche Versorgungsanwartschaften (gleich, wo erworben) in die Werte der gesetzlichen Rentenversicherung umgerechnet werden. Der sich daraus ergebende Versorgungsausgleich wiederum wird nach dieser Umrechnung in der Regel allein über die gesetzliche Rentenversicherung durchgeführt. Diese komplizierte Gesetzeskonstruktion soll beseitigt werden. Es soll im Prinzip nur noch eine Bewertung der jeweiligen Versorgungsanwartschaften in dem jeweiligen Versorgungssystem (z.B. gesetzliche Rentenversicherung, Beamtenversorgung, betriebliche Zusatzversorgung) erfolgen und dann jede einzelne Anwartschaft real geteilt werden. Umrechnungen, Zusammenrechnungen und andere komplizierte Konstruktionen des gegenwärtigen Rechts sind dann nicht mehr nötig.

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