Seit dem Inkrafttreten des neuen Erbschaftsteuerrechts werden Erwerber der Steuerklassen II und III (bspw. Nichten, Neffen und Nichtverwandte) erheblich höher belastet: Der Freibetrag beträgt lediglich 20.000 €, darüber liegender Erwerb wird mit mindestens 30% besteuert. Für eigene Kinder einschließlich der Adoptivkinder gilt hingegen ein Freibetrag von 500.000 €, der darüber hinausgehende Erwerb wird mit einem deutlich niedrigeren Eingangssteuersatz von 7 % besteuert. Was liegt also näher, als dem Tipp zu folgen, den Bundesfinanzminister Peer Steinbrück Ende 2007 gab:

„Finden Sie in der Steuerklasse III einen, den Sie adoptieren. Das ist ein kostenloser Rat von mir.“

Ganz so einfach ist es dann doch nicht, wie eine aktuelle Entscheidung des OLG München zeigt. Danach muss eine Erwachsenenadoption abgelehnt werden, bei der steuerliche Vorteile nicht bloß ein erlaubter Nebeneffekt, sondern Hauptzweck sind. 

Eine Erwachsenenadoption darf nach § 1767 BGB nur ausgesprochen werden, wenn sie sittlich gerechtfertigt ist. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden bereits ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden ist. Eine sittliche Rechtfertigung scheidet insbesondere dann aus, wenn nicht die rechtliche Bestätigung der Verbundenheit der Parteien im Vordergrund steht, sondern die rechtlichen Nebenfolgen.

Bei den Beschwerdeführern handelte es sich um eine Tante, die ihren Neffen, mit dem sie ein besonders enges Verhältnis hatte, als Kind annehmen wollte. Der Neffe war bei seinen Eltern aufgewachsen und hatte auch zu diesen ein gutes Verhältnis.

Die Tante hatte vor dem Vormundschaftsgericht zunächst angegeben, über kein relevantes Vermögen zu verfügen. Später räumte sie jedoch ein, dass sich ihr Geldvermögen zurzeit auf 600.000,00 € belaufe und ihr außerdem mehrere Grundstücke gehörten. Damit drängte sich der Verdacht auf, dass die Adoption steuerlich motiviert war, denn Neffen und Nichten fallen anders als die eigenen Abkömmlinge nicht in die Steuerklasse I, sondern in die Steuerklasse II. Nach dem alten Erbschaftsteuergesetz bedeutet dies bei einem so großen Vermögen eine Erbschaftsteuer von 27% statt von 19%. Damit war die Adoption abzulehnen.

Hinweis für die Praxis:

Die sittliche Rechtfertigung einer Volljährigenadoption scheidet nicht bereits dann aus, wenn neben dem familienbezogenen Motiv ein weiteres Motiv eine Rolle spielt. Entscheidend ist vielmehr, dass das familienbezogene Motiv das Hauptmotiv der Annahme ist (so auch das OLG).

Tatsächlich werden sich die wenigstens allein aufgrund der Symbolkraft der rechtlichen Verbundenheit für einen Adoption entscheiden. Dies hat auch der Gesetzgeber gesehen, der als typische Motive für den Wunsch, ein Eltern-Kind-Verhältnis zu bestätigen, den Wunsch nach einem würdigen Erben, die Fortführung eines Betriebes sowie das Bedürfnis, den eigenen Namen weiterzugeben, nannte.

Verfasserin: Dr. Susanne Sachs, Rechtsanwältin, MEYER-KÖRING, Bonn

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