17.03.2009

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 17. Dezember 2008 – XII ZR 9/07 – die Rechtsprechung zum Karrieresprung an die Rechtsentwicklung zum nachehelichen Unterhalt angepasst.

Zur Entwicklung:

Der BGH hat in jahrelanger Rechtsprechung die für die Höhe des nach Scheidung zu zahlenden Unterhalts maßgeblichen „ehelichen Lebensverhältnissen“ nach den Verhältnissen zum Scheidungsstichtag beurteilt. Nach diesem Stichtag eintretende Entwicklungen wurden nur berücksichtigt, wenn diese Entwicklungen ihren „Kern“ noch in den Zeiten der Ehe hatten. Diese Rechtsprechung wurde im Laufe der Zeit aufgeweicht. Der BGH erkannte immer mehr „neue“ Entwicklungen an, die keinen Bezug mehr zur Ehe der Parteien hatten und trotzdem den Nachscheidungsunterhalt der Höhe nach beeinflussen sollten. Dies galt insbesondere für das Hinzutreten weiterer Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern und neuen Ehegatten.

Die Karrieresprung-Rechtsprechung des BGH war noch ein Bestandteil der „alten“ Rechtsprechung, wonach die ehelichen Lebensverhältnisse zum Scheidungsstichtag maßgeblich sein sollten: Eine verbesserte Einkommenssituation aufgrund eines nach der Scheidung erfolgten Karrieresprungs, der während der Ehe der Parteien nicht abzusehen war, sollte für den Bedarf und damit für die Höhe des Nachscheidungsunterhalts irrelevant sein.

Unklar war nun, wie zu verfahren ist, wenn einerseits ein Karrieresprung vorliegt und andererseits neue Unterhaltspflichten durch Kinder und durch eine neue Ehe entstanden sind.

Der Fall:

Die Scheidung der Parteien erfolgte in 1998. Von 1992 bis November 2000 war der Beklagte erster Beigeordneter einer Gemeinde mit Bezügen nach der Besoldungsgruppe A 16. Zum 1. November 2004 wurde der Beklagte Kreisdirektor mit Bezügen nach der Besoldungsgruppe B 5. Seit September 2006 ist der Beklagte Beigeordneter einer größeren Gemeinde mit der Besoldungsgruppe B 7. Nach Scheidung der Parteien heiratete der Beklagte erneut. Aus dieser neuen Ehe sind drei Kinder hervorgegangen.

Für den Beklagten wäre es nun eine erfreuliche Lösung gewesen, wenn bei der Unterhaltsberechnung einerseits der Karrieresprung von A 16 über B 5 nach B 7 nicht berücksichtigt worden wäre und er andererseits der geschiedenen Ehefrau seine neu hinzugetretenen Unterhaltspflichten gegenüber den drei Kindern sowie seiner (zweiten) Ehefrau hätte entgegenhalten können.

Der BGH kommt zu einer vermittelnden Lösung. Er hält im Grundsatz daran fest, dass unerwartete Einkommenssteigerungen, die keinen Bezug mehr zur ehelichen Lebensgemeinschaft haben, für die Höhe des Unterhalts der geschiedenen Ehefrau keine Rolle spielen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn diese erhöhten Einnahmen (durch den Karrieresprung) die „neuen“ Unterhaltspflichten (hier gegenüber den drei Kindern sowie der neuen Ehefrau) auffangen können. In diesem Fall sind die neuen Unterhaltspflichten zunächst durch die erhöhten Einnahmen aus dem Karrieresprung zu finanzieren. Erst wenn die erhöhten Einnahmen nicht ausreichen, den Bedarf der „neuen“ Unterhaltsberechtigten abzudecken, können diese Unterhaltspflichten dem geschiedenen Ehegatten entgegengehalten werden.

Der BGH hat die Grundsätze dieser Entscheidung mit Urteil vom 28. Januar 2009 – XII ZR 119/07 – bestätigt.

Fazit:

Die Praxis wird sich darauf einzustellen haben. Empfehlenswert dürfte daher sein, den Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten bei Zusammentreffen eines „Karrieresprungs“ sowie weiterer Unterhaltspflichten nach den aktuellen Einnahmen sowie unter Berücksichtigung aller Unterhaltspflichten neu zu berechnen. Verringert sich der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten bei dieser Berechnung nicht, so steht fest, dass die zusätzlichen Unterhaltspflichten durch die zusätzlichen Einnahmen aus dem Karrieresprung finanziert werden können; diese neuen Unterhaltspflichten können dem geschiedenen Ehegatten daher nicht entgegengehalten werden. Ergibt sich jedoch eine Verringerung des Unterhaltsanspruchs des geschiedenen Ehegatten, so ist klar, dass die erhöhten Einnahmen aus dem Karrieresprung nicht ausreichen, um die neuen Unterhaltspflichten zu finanzieren; daher können in diesem Fall die neu hinzugetretenen Unterhaltspflichten dem geschiedenen Ehegatten entgegengehalten werden.

Unklar ist noch die Berechnung, wenn neben Karrieresprung und zusätzlichen Unterhaltspflichten noch weitere (abänderungs)relevante Umstände bei dem unterhaltsberechtigten Ehegatten vorliegen. Bespiele sind erhöhte Einnahmen oder der Wegfall unterhaltsrelevanter Verbindlichkeiten des Unterhaltsberechtigten. Hier bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten.

Autor

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