Die Frage, ob und in welchem Verhältnis disquotale (also von den Beteiligungsquoten abweichende) Einlagen in das Gesellschaftsvermögen einer Kapitalgesellschaft und disquotale Gewinnausschüttungen schenkungsteuerliche Folgen auslösen, ist seit vielen Jahren heftig umstritten, insbesondere zwischen BFH und Finanzverwaltung[1].
Während weitgehend Einigkeit besteht, dass disquotale Einlagen in eine Personengesellschaft wegen der damit verbundenen Erhöhung des gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögens der Schenkungsteuer unterliegen können, werden solche Einlagen in Kaptalgesellschaften ausgesprochen kontrovers diskutiert.
Der BFH hat jetzt mit Urteil vom 09.12.2009 (Az. II R 28/08) seine Rechtsprechung bestätigt und die in R 18 Abs. 3 der Erbschaftsteuererrichtlinien (ErbStR) zurückgewiesen.
Leitsätze
Die Leitsätze lauten wie folgt:
1. Erhöht sich der Wert der GmbH-Beteiligung eines Gesellschafters dadurch, dass ein anderer Gesellschafter Vermögen in die GmbH einbringt, ohne eine dessen Wert entsprechende Gegenleistung zu erhalten, liegt keine freigebige Zuwendung des einbringenden Gesellschafters an den anderen Gesellschafter vor (Bestätigung der Rechtsprechung, Abweichung von R 18 Abs. 3 ErbStR).
2. Dies gilt auch, wenn bei der Kapitalerhöhung einer GmbH die neu entstehende Stammeinlage durch eine Sacheinlage erbracht wird und diese Einlage mehr wert ist als die übernommene neue Stammeinlage.
Aus den Entscheidungsgründen
Der Schenkungsteuer unterliegt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Erforderlich hierfür ist eine Vermögensverschiebung, d.h. eine Vermögensminderung auf der Seite des Schenkers und eine Vermögensmehrung auf der Seite des Beschenkten. Der Gegenstand der Schenkung richtet sich nach bürgerlichem Recht. Für die Frage, wer an einer freigebigen Zuwendung beteiligt ist, kommt es ausschließlich auf die Zivilrechtslage und nicht darauf an, wem nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise Vermögen oder Einkommen zuzurechnen ist.
Erhöht sich der Wert der GmbH-Beteiligung eines Gesellschafters dadurch, dass ein anderer Gesellschafter Vermögen in die GmbH einbringt, ohne eine dessen Wert entsprechende Gegenleistung zu erhalten, liegt danachkeine freigebige Zuwendung des einbringenden Gesellschafters an den anderen Gesellschafter vor.
- Wegen der rechtlichen Eigenständigkeit des Gesellschaftsvermögens der GmbH fehlt es in einem solchen Fall an einer zivilrechtlichen Vermögensverschiebung zwischen diesen Gesellschaftern.
- Dies gilt auch, wenn bei der Kapitalerhöhung einer GmbH die neu entstehende Stammeinlage durch eine Sacheinlage erbracht wird und diese Einlage mehr wert ist als die übernommene neue Stammeinlage.
- Die ertragsteuerrechtliche Beurteilung der Kapitalerhöhung und Sacheinlage spielt für die Schenkungsteuer, die Verkehrsteuer ist, keine Rolle.
- Soweit sich aus R 18 Abs. 3 der Erbschaftsteuer-Richtlinien eine andere Beurteilung ergibt, kann dem nicht gefolgt werden.
Fazit:
Die Entscheidung des BFH bringt Rechtssicherheit insbesondere auch für die Errichtung von Familiengesellschaften in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft. Musste bisher jeweils befürchtet werden, disquotale Einlagen würden die Gefahr von Schenkungsteuerfolgen mit sich bringen, so dürfte diese Sorge in den allermeisten Fällen gebannt sein.
Aufzupassen ist allerdings dennoch auf missbräuchliche Gestaltungen und Umgehungsgestaltungen, wenn nach einem Gesamtplan lediglich über den Umweg einer Kapitalgesellschaft Vermögen unter nahen Angehörigen verschoben werden soll. Einen Gestaltungsfreibrief für Familienpools beinhaltet das Urteil also nicht, insbesondere dann nicht, wenn außerprivate Zwecke der Konstruktion erkennbar fehlen oder zumindest nicht hinreichend dokumentiert werden können.
[1] So zuletzt Herbert Tolksdorf: Schenkungsteuer bei disquotalen Einlagen und Gewinnausschüttungen; DStR 2010, 423.
Auszeichnungen
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2022/2023)
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2017-2021)
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