Wer erhebliche Steuerschulden hat, muss damit rechnen, dass ihm kein Reisepass erteilt bzw. ein vorhandener Pass entzogen wird. Dies folgt aus zwei Beschlüssen des Verwaltungsgerichts Berlin (Beschlüsse der 23. Kammer vom 9. und 11.3.2010, VG 23 L 328.09 und VG 23 L 332.09), mit denen das Gericht entsprechende Entscheidungen deutscher Auslandsvertretungen bestätigt hat.
Die Fälle:
- Im ersten Fall hatte die Deutsche Botschaft in San José die Ausstellung eines neuen Reisepasses für einen seit 1994 in Costa Rica lebenden Deutschen unter Berufung auf eine – unstreitig in Deutschland bestehende – Steuerschuld in Höhe von 1,6 Millionen € abgelehnt. Hiergegen machte der Antragsteller geltend, er habe sich seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht entzogen, da die Steuerschuld erst nach seinem Wegzug ins Ausland entstanden sei. Zudem könne er seinen steuerlichen Verpflichtungen erst recht nicht nachkommen, wenn er mangels eines deutschen Reisepasses seinen Lebensmittelpunkt wieder nach Deutschland verlegen müsse, weil er hier keine Existenzgrundlage habe.
- Der zweite Fall betraf einen in Namibia lebenden Deutschen, der Steuerschulden in Höhe von etwa 103.000 € hat. Er hatte gegenüber der von der Deutschen Botschaft in Windhuk verfügten Passentziehung geltend gemacht, die Steuerschuld sei verjährt.
Die Entscheidungen:
Die 23. Kammer des Verwaltungsgerichts hat beide Eilanträge zurückgewiesen. Nach dem Passgesetz sei ein Pass zu versagen bzw. könne entzogen werden, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme begründeten, dass der Passbewerber sich seinen steuerlichen Verpflichtungen entziehen wolle.
§ 7 Abs. 1 Nr. 4 Passgesetz lautet
„Der Paß ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, daß der Paßbewerber
…
4. sich seinen steuerlichen Verpflichtungen entziehen oder den Vorschriften des Zoll- und Monopolrechts oder des Außenwirtschaftsrechts zuwiderhandeln oder schwerwiegende Verstöße gegen Einfuhr-, Ausfuhr- oder Durchfuhrverbote oder -beschränkungen begehen will; …“
Aus denselben Gründen kann nach § 8 Passgesetz ein bereits ausgestellter Pass entzogen werden.
Ein Steuerfluchtwille des Steuerschuldners liege nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Berlin bereits dann vor, wenn er es an ernsthaften Bemühungen fehlen lasse, seine Steuerschulden zu begleichen, zugleich aber im Ausland verbleiben wolle. Andere gleich geeignete Mittel zur Durchsetzung des staatlichen Steueranspruchs ständen nicht zur Verfügung. Die Vorschrift diene gerade dazu, den deutschen Steuerbehörden im Ausland lebende Steuerflüchtlinge zuzuführen. Es sei schließlich nicht Aufgabe der deutschen Auslandsvertretung zu prüfen, ob die Steuerschuld verjährt sei.
Quelle: Verwaltungsgericht Berlin 23.3.2010, Pressemitteilung Nr. 13/2010 http://www.berlin.de/sen/justiz/gerichte/vg/presse/archiv/20100323.1525.159684.html
Auszeichnungen
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2022/2023)
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2017-2021)
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