Verluste aus Vermietung und Verpachtung einer Immobilie, die nicht im Gebiet des Mitgliedstaats, dem das Besteuerungsrecht obliegt, belegen ist.
Degressive Abschreibung bei der Ermittlung der Einkünfte aus einer Immobilie, die nicht im Gebiet des Mitgliedstaats, dem das Besteuerungsrecht obliegt, belegen ist.
Mit Urteil vom 15.10.2009 (Az.: C-35/08 – Grundstücksgemeinschaft Busley/Cibrian/FA Stuttgart-Körperschaften) hat der EuGH entschieden, dass auch zugunsten in Deutschland ansässiger Steuerpflichtiger, die Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung eines im Ausland belegenen Gebäudes erzielen, die Kapitalmarktfreiheit im Sinne des Art. 56 EGV Anwendung findet. Ein Verstoß gegen die durch Art. 56 EGV garantierte Kapitalmarktfreiheit und damit eine Benachteiligung von Investitionen im EU-Ausland liege dann vor, so der EuGH, wenn
- zum einen aus der nationalen Steuernorm eine unterschiedliche Behandlung der Vermietungsverluste aus einer im Inland belegenen Immobilie gegenüber einer ausländischen Immobilie resultiertund
- zum anderen, wenn dem Steuerpflichtigen alleine aufgrund der Tatsache, dass das Gebäude im Ausland belegen ist, ein Liquiditätsnachteil aus der fehlenden Anwendungsmöglichkeit der degressiven Abschreibung für Abnutzung entsteht.
Zum Hintergrund:
Zu den Maßnahmen, die den Kapitalverkehr im Sinne des Art. 56 Abs. 1 EGV beschränkenden, zählen nach ständiger Rechtsprechung des EuGH solche, die geeignet sind, Gebietsfremde von Investitionen in einem Mitgliedstaat oder die dort Ansässigen von Investitionen in anderen Staaten abzuhalten.
Die Kläger im deutschen finanzgerichtlichen Ausgangsverfahren sind in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Die Eltern der Kläger begannen 1990 mit dem Bau eines Hauses in Spanien, das 1993 fertig gestellt wurde. Die Mutter der Kläger verstarb 1995, der Vater 1996. Mit Eintritt des Erbfalls im November 1996 wurden die Kläger im Wege der Erbfolge Eigentümer des Hauses und vermieteten dieses ab dem Jahre 2001. In den Veranlagungszeiträumen 1997 bis 2003 erzielten die Kläger lediglich Verluste aus der Vermietung.
Im Rahmen der Steuererklärungen für die Jahre 1997 bis 2003 beantragten die Kläger die Berücksichtigung der degressive Abschreibung nach § 7 Abs. 5 EStG a.F. sowie die Nichtanwendung des eingeschränkten Verlustausgleichs nach § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 a) EStG a.F.. Das beklagte Finanzamt entsprach dem nicht. Es verweigerte mit der Begründung, dass das Gebäude nicht im Inland belegen sei, den Verlustabzug und berücksichtigte lediglich die lineare Abschreibung nach § 7 Abs. 4 EStG.
Die Vorlagefragen des Finanzgerichts Baden-Württemberg:
Im finanzgerichtlichen Verfahren hatte das Finanzgericht Baden-Württemberg dem EuGH folgende Fragen zur Entscheidung vorgelegt:
- Widerspricht es Art. 56 EG, wenn eine in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige natürliche Person Verluste aus Vermietung und Verpachtung aus einer in einem anderen EU-Mitgliedstaat belegenen Immobilie bei der Einkommensermittlung in Deutschland im Verlustentstehungsjahr – im Gegensatz zu dem Verlust aus einer Inlandsimmobilie – nicht abziehen kann;
- Spielt es dabei eine Rolle, ob die natürliche Person die Immobilieninvestition selbst vorgenommen hat, oder ist ein Verstoß auch zu bejahen, wenn die natürliche Person im Wege der Erbfolge Eigentümer der im anderen Mitgliedstaat belegenen Immobilie geworden ist;
- Widerspricht es Art. 56 EG, wenn eine in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige natürliche Person bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus einer in einem anderen EU-Mitgliedstaat belegenen Immobilie lediglich die Normal-Abschreibung ansetzen kann, während sie hingegen bei inländischen Immobilien die erhöhte degressive Abschreibung ansetzen könnte;
- Falls die Fragen 1 und 2 zu verneinen sind: Verstoßen die streitigen nationalen Bestimmungen gegen die Freizügigkeit des Art. 18 EG.
Das vorlegende Finanzgericht war der Ansicht, dass der Klage zwar nach deutschem Recht nicht stattgegeben werden könne, weil sich das vermietete Haus nicht in Deutschland befände. Es hatte jedoch Bedenken, ob die Regelung des § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 a) EStG a. F. sowie die des § 7 Abs. 5 EStG a. F. mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar seien.
Die Entscheidung des EuGH:
Der EuGH bestätigte die Verletzung europäischen Rechts. Einen Verstoß gegen die durch Art. 56 EGV garantierte Kapitalmarktfreiheit sah der EuGH insbesondere in dem strengen Inlandsbezug der Regelung des § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 a) EStG a. F. und der des § 7 Abs. 5 EStG a. F.. Denn für eine in Deutschland belegene Immobilie könne der Verlust im Gegensatz zu dem aus der Vermietung einer im Ausland belegenen Immobilie bereits in vollem Umfang im Jahre der Entstehung berücksichtigt werden. Die Verweigerung einer degressiven Abschreibung nach § 7 Abs. 5 EStG a. F. für im Ausland belegene Immobilien führe darüber hinaus dazu, dass dem Steuerpflichtigen Liquiditätsvorteile ohne jede Rechtfertigung, vorenthalten würden. Die Regelungen der 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 a) EStG a. F. und der des § 7 Abs. 5 EStG a. F. würden damit, so der EuGH, den Steuerpflichtigen davon abhalten eine in einem anderen Mitgliedsstaat belegene Immobilie zu behalten. Dies beschränke im Ergebnis die Kapitalmarktfreiheit.
Praxishinweis:
Durch das Jahressteuergesetz 2009 wurde die Beschränkung der Verlustverrechnung durch die Neufassung des § 2a Abs. 1 EStG auf Drittstaaten begrenzt. Ob auf Grund der Reichweite der Kapitalverkehrsfreiheit gegenüber Drittstaaten auch der neu gefasste § 2a Abs. 1 EStG in einigen Fällen europarechtswidrig ist, muss im Hinblick auf die gegenwärtige Rechtsprechung des BFH- (Az.: I R 7/08) und der des EuGH (Rechtssache C-439/07 − KBC Bank NV) bezweifelt werden.
In Bezug auf § 7 Abs. 5 EStG sollte, verbunden mit einem Verweis auf das Urteil des EuGH, für noch offene Veranlagungen die Berücksichtigung der degressive Abschreibung beantragt werden. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass Anwendung der Regelung des § 7 Abs. 5 EStG für alle nach dem 01.01.2006 errichteten Gebäude aufgehoben wurde.
Auszeichnungen
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2022/2023)
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2017-2021)
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