Die Problemstellung
Mit seiner Entscheidung vom 24.02.2009 (I B 208/08 (NV)) hatte sich der BFH erneut mit der Frage zu befassen, wann die an einen Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlte gesonderte Vergütungen für die Ableistung von Überstunden aus steuerrechtlicher Sicht vGA i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG sind.
In diesem Zusammenhang wird auch immer wieder darüber gestritten, ob und wann Gesellschafter-Geschäftsführern gezahlte gesonderte Vergütungen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit als vGA zu behandeln sind.
Der jüngste Beschluss des I. Senats des BFH gibt Anlass, die Problematik aus der Sicht der Finanzrechtsprechung einmal genauer zu beleuchten.
Vergütungen für Überstunden sowie für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit aus Sicht der Finanzrechtsprechung
Voraussetzungen einer vGA
Unter einer vGA i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensverminderung oder eine verhinderte Vermögensmehrung zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Ist allerdings der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren, im voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt.
Denn Eine vGA kann auch dann anzunehmen sein, wenn eine GmbH mit ihrem Gesellschafter Bedingungen vereinbart, die von denen abweichen, die voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen vereinbart hätten (erweiterter Fremdvergleich). In diesen Fällen indiziert das vom Fremdvergleich abweichende Verhalten der Kapitalgesellschaft und ihres Gesellschafters die Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis.
Wann demnach eine vGA vorliegt
Grundlegend ist zunächst die Entscheidung des BFH vom 19.03.1997 I R 75/96, BStBl II 1997, 577 heranzuziehen. Dort gewährte eine GmbH einem Alleingesellschafter – neben Festgehalt und sonstigen Leistungen – für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit die nach § 3b Abs. 2 EStG maximal zulässigen Zuschläge. Der BFH werte das als vGA und führte grundlegend aus:
„Der Senat hat wiederholt entschieden, daß der Geschäftsführer einer GmbH sich regelmäßig in anderer Weise als ein „normaler“ Angestellter mit dem Wohl und Wehe der Kapitalgesellschaft identifiziert. Er … entscheidet er auch, welche Aufgaben er persönlich wahrnimmt und welche er an Mitarbeiter delegiert. Von ihm wird ein persönlicher Einsatz erwartet, dem in der Regel ein deutlich höheres Gehalt entspricht. Während er das Einhalten der Arbeitszeiten der Arbeitnehmer überprüfen (lassen) kann und muß, gibt es praktisch keine Person, die das Einhalten der Arbeitszeit des Geschäftsführers überprüft. … Das Verhältnis zwischen der GmbH und dem Geschäftsführer wird von dem Vertrauen der Gesellschafter getragen, daß der Geschäftsführer – wann auch immer – seine Arbeit tut. Damit verträgt sich keine Vereinbarung über die Vergütung von Überstunden, selbst wenn Arbeitszeitvereinbarungen der Organstellung des GmbH-Geschäftsführers zivilrechtlich nicht widersprechen. … Statt dessen wird sie [die GmbH] für eine angemessene Gesamtausstattung des Geschäftsführers Sorge tragen, die das zu übernehmende Kostenrisiko kalkulierbar macht. Zu einer angemessenen Gesamtausstattung kann auch eine erfolgsabhängige Tantieme gehören, die dem Geschäftsführer einerseits einen Anreiz zu Mehrarbeit bietet und ihn andererseits am Erfolg seiner Arbeit teilnehmen läßt.
Erst recht verträgt sich eine Überstundenvergütungsvereinbarung nicht mit dem Aufgabenbild eines Geschäftsführers, wenn sie – wie im Streitfall – von vornherein auf Überstunden an Sonn- und Feiertagen sowie während der Nacht beschränkt ist und/oder wenn außerdem eine Gewinntantieme vereinbart ist. In einem solchen Fall ist davon auszugehen, daß dem Geschäftsführer nur deshalb ein zusätzlicher Vorteil zugewendet werden soll, damit er die Steuerfreiheit nach § 3b EStG in Anspruch nehmen kann. Diese Absicht begründet jedoch die Veranlassung der Vorteilszuwendung durch das Gesellschaftsverhältnis. Einem Nichtgesellschafter würde die Klägerin keinen zusätzlichen Vorteil zuwenden, nur damit dieser die Steuerfreiheit nach § 3b EStG in Anspruch nehmen kann.“
Auf dieser Linie liegen auch die Urteile des BFH vom 19. März 1997 I R 75/96; BStBl II 1997, 577; vom 27. März 2001 I R 40/00, BStBl II 2001, 655, und die Beschlüsse vom 8. März 2000 I B 90/98, BFH/NV 2000, 991, und in BFH/NV 2005, 369.
Auch in der jüngsten Entscheidung vom 24.02.2009 (I B 208/08 (NV)) folgt der BFH dieser Rechtsprechung.
Wann demnach eine Entlastung gelingen kann
Der BFH hat wiederholt entschieden, dass Vergütungen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit nicht immer als vGA anzusehen sind (Urteile vom 14. Juli 2004 I R 111/03, BStBl II 2005, 307; vom 03.08.2005 – I R 7/05 (NV); BFH/NV 2006, 131 (NV)). Vielmehr kann eine entsprechende Vereinbarung im Einzelfall durch überzeugende betriebliche Gründe gerechtfertigt sein, die geeignet sind, die Vermutung für die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis zu entkräften. Dann liegt keine vGA vor.
Wichtige Anhaltspunkte hierfür sind,
- dass es gelingt, den erweiterten Fremdvergleich zu bestehen und
- dass nicht zugleich Gewinntantiemen gezahlt werden.
Wurde eine bestimmte Vereinbarung nicht nur mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer, sondern auch mit vergleichbaren gesellschaftsfremden Personen abgeschlossen, so kann dies gegen eine Veranlassung der Vereinbarung durch das Gesellschaftsverhältnis sprechen. Eine solche Gestaltung weist nämlich darauf hin, dass die Vereinbarung speziell in dem betreffenden Unternehmen auf betrieblichen Gründen beruht. Hält die zu beurteilende Regelung in diesem Sinne einem betriebsinternen Fremdvergleich stand, so kann eine vGA auch dann im Einzelfall zu verneinen sein, wenn eine entsprechende Regelung im allgemeinen Wirtschaftsleben unüblich ist oder aus anderen Gründen regelmäßig zur vGA führt.
In BFH vom 03.08.2005 – I R 7/05 (NV) heißt es hierzu:
„In Fällen, in denen wegen des Einsatzes des Geschäftsführers an Sonn- und Feiertagen der GmbH ein besonderes Entgelt vergütet wird, kann eine Vereinbarung über Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit ausschließlich betrieblich veranlasst sein, sofern bei anderen Arbeitnehmern ebenso verfahren wird, der tatsächliche Arbeitseinsatz des Geschäftsführers klar belegt werden kann und er für seinen besonderen Arbeitseinsatz nicht bereits eine anderweitige erfolgsabhängige Vergütung – wie etwa eine Gewinntantieme – erhält.“
Daraus folgt aber zugleich, dass bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer, jedenfalls einem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer, die Kombination einer Gewinntantieme mit einer Überstundenvergütung bzw. Vergütung für Sonn- und Feiertagsarbeit sowie Nachtarbeit dazu führt, dass diese zusätzlichen Vergütungen als verdeckte Gewinnausschüttungen zu beurteilen sein werden, auch wenn die Vergütung insgesamt nicht überhöht ist.
Auszeichnungen
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2022/2023)
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2017-2021)
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