01.01.2009

Eltern haben aus verschiedenen Gründen ein Interesse daran, Kommanditanteile auf ihre Kinder zu übertragen. Wenn es sich bei den Kindern noch um Minderjährige handelt, sieht das Gesetz eine Reihe von Schutzmechanismen für die Minderjährigen vor: Die Bestellung eines Ergänzungspflegers und die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung. Beide Rechtsinstitute führen in der Praxis häufig zu Schwierigkeiten.

Im Grundsatz gilt, dass die Bestellung eines Ergänzungspflegers notwendig wird, wenn Eltern ihren Kindern einen von ihnen selbst gehaltenen Kommanditanteil schenken. Die Vertretungsbefugnis der Eltern ist insoweit beschränkt; dies gilt selbst dann, wenn lediglich ein Elternteil an der KG beteiligt ist und der andere (nichtbeteiligte) Elternteil das Kind an sich vertreten könnte.

Zusätzlich kann eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung notwendig werden, soweit es sich um den Abschluss eines Gesellschaftsvertrags handelt, der auf den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts gerichtet ist.

In diesem Geflecht an Regelungen haben drei unterschiedliche Oberlandesgerichte zu – auf den ersten Blick – vergleichbaren Fallgestaltungen Entscheidungen getroffen.

1.  Beschluss des OLG Frankfurt vom 27. Mai 2008

Das OLG Frankfurt hat mit Beschluss vom 27. Mai 2008 – 20 W 123/08 – zu der Frage Stellung genommen, ob bei der unentgeltlichen Übertragung eines voll eingezahlten Kommanditanteils von einem Elternteil auf das minderjährige Kind eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung notwendig ist. Die Gesellschaft betrieb ein Erwerbsgeschäft. Entscheidungserheblich war, ob eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung auch dann notwendig ist, wenn der Kommanditanteil schon voll eingezahlt ist und daher für das Kind zunächst weder eine Leistungsverpflichtung besteht noch eine Haftung droht.

Das OLG Frankfurt hat dies entgegen einer im Schrifttum vereinzelt geäußerten Auffassung bejaht. Das Schutzbedürfnis des Minderjährigen gebiete es, auch bei der unentgeltlichen Übertragung eines voll eingezahlten Kommanditanteils eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung einzuholen, wenn die Gesellschaft ein Erwerbsgeschäft betreibe. Durch die Übernahme des Kommanditanteils erwerbe der Minderjährige eine Gesellschafterstellung, mit der „ein Bündel von Rechten und Pflichten verbunden sei“. Zudem könne es nicht ausgeschlossen werden, dass die Haftung des Kindes als Kommanditist wieder auflebe, wenn Einlagen an den Kommanditisten ausgezahlt werden würden oder wenn der Kommanditist Gewinnanteile entnehme, obwohl der Kapitalanteil (im Sinne des Kapitalkontos I) durch Verluste schon gemindert sei.Auf die Frage einer Ergänzungspflegschaft ist das OLG nicht eingegangen.

2.  Beschluss des OLG Bremen vom 16. Juni 2008

Das OLG Bremen hat mit Beschluss vom 16. Juni 2008 – 2 W 38/08 – eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung für den Fall nicht als notwendig erachtet, dass ein Elternteil einem minderjährigen Kind einen ebenfalls voll eingezahlten Kommanditanteil überträgt, wenn die Kommanditgesellschaft lediglich vermögensverwaltend tätig sei.

Gegenstand der Entscheidung des OLG Bremen war nicht nur die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung, sondern das – vom Registergericht gerügte – Fehlen eines Ergänzungspflegers bei der Übertragung des Kommanditanteils. Das OLG Bremen hielt die Mitwirkung eines Ergänzungspflegers für entbehrlich, da die Schenkung lediglich rechtlich vorteilhaft sei.

Interessanterweise ist das OLG Bremen im Gegensatz zum OLG Frankfurt der Auffassung, dass weder die mit der Übertragung eines Kommanditanteils verbundene Rechtsstellung („Bündel an Rechten und Pflichten“) noch das mögliche Wiederaufleben der Haftung des Kommanditisten rechtlich nachteilig seien.

3.  Beschluss des OLG München vom 6. November 2008

Das OLG München hat mit Beschluss vom 6. November 2008 – 31 BX 76/08 – ebenfalls eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung bei der Schenkung eines voll eingezahlten Kommanditanteils von einem Elternteil auf ein minderjähriges Kind als nicht erforderlich angesehen, wenn der Gegenstand der KG auf die Nutzung einer von dem Elternteil sowie den Kindern bewohnten Immobilie beschränkt sei.

In diesem Fall liege kein Erwerbsgeschäft im Sinne des Gesetzes vor, sondern eine vermögensverwaltende KG. Nach der Handelsrechtsreform von 1998 habe der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, Kommanditgesellschaften zu gründen, die nur eigenes Vermögen verwalten. Hierzu gehöre auch eine Kommanditgesellschaft, deren einziger Gesellschaftszweck die eigene Nutzung einer Familienimmobilie sei. In einem solchen Fall sei eine zusätzliche vormundschaftsgerichtliche Genehmigung zum Schutze der Minderjährigen unnötig.

Fazit:

Nach den Beschlüssen des OLG Bremen sowie des OLG München könnte überlegt werden, ob bei der Übertragung voll eingezahlter Kommanditanteile von Eltern an ihre minderjährigen Kinder auf die Bestellung eines Ergänzungspflegers sowie eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung verzichtet werden kann, wenn die Kommanditgesellschaft ausschließlich vermögensverwaltend tätig ist. Wer allerdings auch hier sichergehen möchte, sollte weiterhin einen Ergänzungspfleger bestellen lassen und die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung abwarten.

Denn die zivilrechtliche Problematik hat noch ein unangenehmes steuerrechtliches Folgeproblem. Die steuerlichen Folgen der Übertragung von Kommanditanteilen (die in der Praxis regelmäßig im Vordergrund stehen) treten erst ein, wenn der Vertrag zivilrechtlich wirksam ist. Sollten Ergänzungspflegschaft und vormundschaftsgerichtliche Genehmigung notwendig sein, wird die Übertragung erst wirksam, wenn beides vorliegt.  Zivilrechtlich wirken die Genehmigungen des Ergänzungspflegers sowie des Vormundschaftsgerichts auf den Zeitpunkt der Übertragung des Kommanditanteils zurück. Die Finanzrechtsprechung verlangt für die Rückwirkung allerdings zusätzlich, dass jedenfalls die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung unverzüglich beantragt worden ist (BFH, Urteil vom 1. Februar 1973 – IV R 49/68).

Selbst wenn also das Registergericht weder eine Ergänzungspflegschaft noch eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung fordert, kann das Finanzamt sich für klüger halten und Ergänzungspflegschaft sowie vormundschaftsgerichtliche Genehmigung verlangen. Tritt dieses Problem (wie in der Praxis üblich) erst geraume Zeit nach dem Übertragungs- und Eintragungsvorgang auf, kann eine wirksame steuerliche Rückwirkung nicht mehr erreicht werden, da die Genehmigungen nicht unverzüglich eingeholt worden sind. Es können sich dann unliebsame Überraschungen bei der steuerlichen Zurechnung von Einkünften oder (wie im Falle der Erbschaftsteuer) bei dem Ablauf der 10-Jahresfrist zur Wiederauffüllung der Freibeträge ergeben.

Schon allein vor diesem Hintergrund dürfte es ratsam sein, weiterhin einen Ergänzungspfleger bestellen zu lassen und die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung einzuholen.

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