18.11.2008

 

Die Limited Liability Company (LLC) ist eine in den USA wegen ihrer Flexibilität und ihrer Haftungsbegrenzung beliebte Gesellschaftsform. Der BFH hat mit Entscheidung vom 20.8.2008 (Az. I R 34/08) wichtige Grundsätzeder steuerlichen Behandlung von Beteiligungseinkünften aus einer solchen LLC festgeklopft. Für einen in Deutschland ansässigen Gesellschafter können sich je nach Struktur der LLC „deutsche Steuerlasten“ ergeben. Hierbei wirken sich die Unterschiede  des deutschen und des US-Steuerrechts aus.

1. Sichtweise des US-Steuerrechts:

Die LLC ist strukturell einer Kapitalgesellschaft ähnlich, hat jedoch nach der sog. check-the-box proposal des US-Steuerrechts ein Wahlrecht (Option;), steuerlich wie eine Personengesellschaft behandelt zu werden. Aus amerikanischer Sicht entscheidet allein die Ausübung dieser Option darüber, ob der LLC die Einkünfte als eigenes Steuersubjekt zugerechnet und bei ihr wie bei einer Kapitalgesellschaft (sog. Intransparentes Gebilde) mit Corporate Tax besteuert werden oder, ob sie wie eine Personengesellschaft (Partnership) als transparent zu behandeln ist. Bei der transparenten Behandlung ist Zurechnungssubjekt der Einkünfte nicht die Gesellschaft, sondern nur der einzelne Gesellschafter. Es handelt sich für einen in Deutschland ansässigen Gesellschafter dann um gewerbliche Einkünften „seiner“ in den USA gelegenen Betriebsstätte.

2. Sichtweise des deutschen Steuerrechts:

Der BFH hat herausgestellt, dass die deutsche Sichtweise von diesem Wahlrecht unabhängig ist. Maßgeblich ist ausschließlich ein sog. Typenvergleich, also ob die LLC nach den konkreten Verhältnissen eher mit einer deutschen Kapitalgesellschaft oder einer Personengesellschaft vergleichbar ist. Das den Gesellschafter veranlagende Finanzamt nimmt hierzu eine Gesamtbetrachtung der LLC-Struktur vor. Abgrenzungskriterien sind nach ständiger Rechtsprechung und Verwaltungspraxis (BMF-Schreiben vom 19.3.2004 – IV B 4 – S 1301 USA – 22/04 – BStBl I 2004, 411, unter IV.):

  1. Zentralisierte Geschäftsführung und Vertretung = Indiz für Kapitalgesellschaft
  2. Beschränkte Haftung = Indiz für Kapitalgesellschaft
  3. Freie Übertragbarkeit der Anteile = Indiz für Kapitalgesellschaft
  4. Gewinnzuteilung (durch Gesellschafterbeschluss)= Frage der konkreten Ausprägung
  5. Kapitalaufbringung = Frage der konkreten Ausprägung, Kapitalorientierung Indiz für Kapitalgesellschaft
  6. Unbegrenzte Lebensdauer der Gesellschaft = Indiz für Kapitalgesellschaft
  7. Gewinnverteilung = Frage der konkreten Ausprägung
  8. Formale Gründungsvoraussetzungen = Frage der konkreten Ausprägung

3. Konsequenzen der deutschen Sichtweise:

Der BFH zeigt die Konsequenzen für einen in Deutschland ansässigen Gesellschafter auf:

a) Deutscher Rechtstypenvergleich ergibt Personengesellschaft:

Führt der Typenvergleich dazu, dass die LLC aus deutscher Sicht einerPersonengesellschaft (transparentes Gebilde) gleichsteht, gebührt das Besteuerungsrecht für Einkünfte, die dem inländische Gesellschafter aus der Beteiligung an einer solchen LLC zugerechnet werden, i. d. R. ausschließlich den USA. Die Einkünfte aus der in den USA ansässigen LLC werden als unternehmerische Einkünfte „seiner“ amerikanischen Betriebsstätte zugeordnet. Das Doppelbesteuerungsabkommen USA weist für Betriebsstätteneinkünfte das Besteuerungsrecht dem Betriebsstätten-Staat zu (Art. 7 Abs. 1 DBA-USA 1989 a.F.).

b) Deutscher Rechtstypenvergleich ergibt Kapitalgesellschaft:

Handelt es sich hingegen aus deutscher Sicht um eine Kapitalgesellschaft, steht das Besteuerungsrecht für die von dem deutschen Gesellschafter aus der Beteiligung bezogenen Einkünfte dem deutschen Staat zu. Nach deutschem Steuerrecht sind die Beteiligungseinkünfte des Gesellschafters als Kapitalerträge i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1997 in Deutschland zu besteuern. Die steuerliche Gesamt-Belastung ist davon abhängig, wie das Wahlrecht  in den USA ausgeübt wurde:

aa) übereinstimmende Behandlung als Kapitalgesellschaft:

Ist in den USA zur Kapitalgesellschaft optiert, handelt es sich aus Sicht beider Staaten um Dividenden i. S. d. Art. 10 DBA USA. Die LLC ist selbständiges Besteuerungssubjekt in den USA und versteuert ihre Einkünfte nach der dortigen corporate tax.

Ausschüttungen an den deutschen Gesellschafter sind nach deutschem Besteuerungsrecht als Kapitaleinkünfte nach § 20 Abs. 1 EStG zu versteuern. Daneben haben die USA als Ansässigkeitsstaat – nicht des deutschen Gesellschafters, sondern – der ausschüttenden Gesellschaft ein beschränktes Quellenbesteuerungsrecht bis höchstens 15 % der Bruttodividende. Diese Kapitalertragssteuer wird von dem deutschen Finanzamt auf die deutschen Dividendenbesteuerung des Gesellschafters angerechnet, so dass eine Doppelbesteuerung im Ergebnis vermieden wird (Art. 23 Abs. 2 lit. b a. F. bzw. Abs. 3 lit. b n. F.)

Ist der deutsche Gesellschafter selbst eine Kapitalgesellschaft, gilt die Besonderheit, dass die Dividenden von der deutschen Besteuerung auszunehmen und nur für die Höhe des Steuersatzes zu berücksichtigen sind (Art. 23 Abs. 2 lit. a DBA USA a. F. bzw. Abs. 3 lit. a S. 3 DBA USA n. F.).

bb) abweichende Option in den USA zur Partnership:

Zu einem Konflikt kommt es, wenn der deutsche Typenvergleich von der Wahlrechtsausübung in den USA abweicht. Ist für das US-Steuerrecht zur Personengesellschaft (Partnership) optiert worden, liegt aus Sicht der USA keine „ausschüttende Gesellschaft“ vor, sondern eine Personengesellschaft, die kein eigenes Steuersubjekt ist. Der Dividendenartikel ist nicht anwendbar.

Gelangt das deutsche Finanzamt zu der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, steht nach Auffassung des BFH dem deutschen Fiskus für Gewinnanteile aus der LLC  ein Besteuerungsrecht nach der Auffangregelung des Art. 21 Abs. 1 DBA USA zu. Hiernach hat der Ansässigkeitsstaat einer Person (Gesellschafter) das ausschließliche Besteuerungsrecht, wenn keine besondere Regelung im Doppelbesteuerungsabkommen greift. Die Regelung zu den Unternehmensgewinnen nach Art. 7 DBA USA sei – so der BFH – nicht anwendbar. Denn aufgrund der Einordnung als Kapitalgesellschaft aus deutscher Sicht, komme eine amerikanische Betriebsstätte des deutschen Gesellschafters nicht in Betracht.

Hieran ändere nach Auffassung des BFH auch die Neuregelung des zum 01.01.2008 in Kraft getretenen Revisionsprotokolls zum Doppelbesteuerungsabkommen nichts. Nach dessen Art. 1 Abs. 7 sollen

Einkünfte, die

  • von einer „Person“ erzielt werden, die nach dem Recht „eines“ Vertragsstaates nicht als eigenes Steuersubjekt anzusehen ist (keine Abkommensberechtigung),
  • als von einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person bezogen gelten, soweit sie nach dem Steuerrecht dieses Staates als Einkünfte einer dort ansässigen Person behandelt werden.

Hinter dieser ominösen Formulierung verbirgt sich zwar die Aussage, dass der Quellenstaat an die Subjektsqualität der ausschüttenden Gesellschaft nach dem Recht ihres „Sitzstaates“ gebunden ist. Für die Beurteilung eines in Deutschland ansässigen Gesellschafters bleibe die Neuregelung jedoch – so der BFH – ohne Auswirkung, wenn in den USA zu einer transparenten Partnership optiert worden sei. Richtig ist, dass die LLC dann auch nach US-Recht als transparent gilt und keine „Person“, schon gar keine „ausschüttende Person“  im Sinne des US-Steuerrechts und Doppelbesteuerungsabkommens ist. Der Weg für eine deutsche Besteuerung von Gewinneinkünften des deutschen Gesellschafters nach der Auffangregelung des Art. 21 DBA USA ist dann frei.

Im Ergebnis würde der Gesellschafter mit den Beteiligungseinkünften doppelt besteuert: In den USA unter dem Label „Betriebsstätteneinkünfte“ und in Deutschland unter dem Label „Kapitaleinkünfte“.

Der BFH lässt in dem dortigen Fall offen, wie diese Doppelbesteuerung aufzulösen ist. U. E. handelt es sich um einen sog. Qualifikationskonflikt, also einen Fall, bei dem die Vertragsstaaten eine Zuordnung von Einkünften zu unterschiedlichen Abkommensregelungen vornehmen (USA: Betriebsstätten-Einkünfte nach Art. 7 DBA USA; Deutschland: Auffangregelung Art. 21 DBA USA). Für diesen Fall sieht jedenfalls der ab dem 28.12.2007 geltende Art. 23 Abs. 4 lit. a DBA USA n. F. vor, dass eine Doppelbesteuerung durch Anrechnung der in den USA gezahlten Steuer zu vermeiden ist. Für Altfälle wird man zur Vermeidung der Doppelbesteuerung u. E. eine Anrechnung der in den USA gezahlten Steuer über das Protokoll zu dem Doppelbesteuerungsabkommen begründen können (Abschnitt 21 zu Artikel 23 lit. a). Hierin haben die Vertragsstaaten zum Ausdruck gebracht, dass eine unterschiedliche Einkünftezuordnung der Vertragsstaaten nicht zu einer Doppelbesteuerung führen soll.

Ein vorrangiges Besteuerungsrecht der USA scheidet für diese Einkünfte sowohl nach Art. 7 Abs. 1 als auch nach Art. 10 Abs. 1 DBA-USA 1989 a.F. aus. Nicht dazu gehören Dividendeneinnahmen aus Ausschüttungen auf Anteile an in den USA ansässigen Kapitalgesellschaften; das ergibt sich aus Art. 23 Abs. 2 Buchst. a Satz 3, Art. 10 Abs. 1 DBA-USA 1989 a.F.

Aus dieser Abkommenslage folgt für den Streitfall:

Beteiligt sich ein Inländer an einer solchen US-Gesellschaft, beansprucht die Finanzverwaltung für daraus resultierende Dividenden das deutsche Besteuerungsrecht, sofern die LLC in ihrer konkreten Ausgestaltung tatsächlich die Merkmale einer Kapitalgesellschaft erfüllt; auf die steuerliche Behandlung der LLC in den USA soll es dann nicht ankommen.

Der BFH hat diese Sicht Urteil nun bestätigt. Konkret ging es um die Beteiligung eines Inländers an einer LLC, die nach den Gesetzen des Staates Florida in den USA errichtet worden war. Der inländische Gesellschafter hatte seine Gewinnanteile aus der Beteiligung an dieser LLC bereits in den USA versteuert. Die Entscheidung des BFH kann also eine Doppelbesteuerung zur Folge haben, die allerdings durch Anrechnung der in den USA gezahlten Steuer auf die deutsche Steuerfestsetzung abgemildert wird.

Anmerkung:

Das Urteil ist noch zu der bisherigen Regelungslage nach dem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und den USA ergangen. Am Ergebnis dürfte sich allerdings nach der Neufassung dieses DBA (mit Wirkung ab dem 28.12.2007) nichts ändern. Auch danach käme es darauf an, ob die US-LLC aus deutscher Sicht als Personengesellschaft oder als Kapitalgesellschaft zu qualifizieren ist.

Lorbeerkranz

Auszeichnungen

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2022/2023)

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2017-2021)

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