25.09.2008

 

Das unter dem Motto „Hilfe für Helfer“ auf den Weg gebrachte „Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements“ vom 10. Oktober 2007[1] bringt eine Reihe von Veränderungen im Bereich der Gemeinnützigkeit mit sich und fasst die steuerlich anerkannten gemeinnützigen Zwecke in einem weitgehend abschließenden Katalog in § 52 Abs. 2 AO zusammen. Vor allem aber beim Spendenabzug des § 10b EStG ergeben sich großzügige Neuerungen, die vor allem Stiftern und Spendern das Spenden erheblich versüßen werden. Der nachfolgende Beitrag fasst die wesentlichen Änderungen aufgrund des Gesetzes zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements zusammen und gibt erste Erfahrungen wieder[2].

1.     Neuregelung und Vereinheitlichung des Katalogs gemeinnütziger Zwecke in § 52 Abs. 2 AO und Wegfall der bisherigen schwer nachzuvollziehenden Trennung steuerbegünstigter und spendenbegünstigter Zwecke mit Rückwirkung zum 01. Januar 2007.

a.       Katalog gemeinnütziger Zwecke

Bislang bereitete es nicht nur bei der steuerrechtlichen Betreuung gemeinnütziger Körperschaften, sondern auch bei allen Fragen der Abzugshöhe von Spenden erhebliche Schwierigkeiten, den in sich nicht schlüssigen Katalog auf förderungswürdige und besonders förderungswürdige Zwecke abzuklopfen. Damit ist es mit sofortiger Wirkung vorbei, sofern sich die gemeinnützigen Körperschaften bei der Formulierung der Satzungszwecke an den neuen Katalog der gemeinnützigen Zwecke in § 52 Abs. 2 AO halten. Mit der Aufnahme der gemeinnützigen Zwecke in § 52 Abs. 2 AO ist keine Einengung der bisher als besonders förderungswürdig anerkannten Zwecke nach Anlage 1 zu § 48 Abs. 2 EStDV in der bis einschließlich 2006 geltenden Fassung verbunden. Textliche Abweichungen in § 52 Abs. 2 Nr. 3, 5, 9, 10, 13 und 15 sind redaktioneller Art.

Der Katalog ist entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung[3] nicht abschließend, sondern enthält in Satz 2 eine Öffnungsklausel für solche Zwecke, durch welche die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet entsprechend selbstlos gefördert wird. Es bleibt abzuwarten, welche Zwecke hier in der Praxis Eingang finden werden. Organisationen, die eine Steuerbegünstigung anstreben, aber nicht unter den Katalog fallen, eröffnet sich so zumindest die Möglichkeit, den Zweck der Organisation durch die obersten Finanzbehörden der Länder für gemeinnützig erklären zu lassen. Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit solcher gesellschaftlicher Zwecke soll bundeseinheitlich abgestimmt werden[4].

Zukünftig kann jede Körperschaft, die anerkannt Zwecke des § 52 Abs. 2 AO verfolgt, steuerlich abziehbare Zuwendungen (Spenden) entgegennehmen und sog. Spendenbescheinigungen erteilen.

§ 52 Abs. 2 lautet nunmehr wie folgt:

„(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 sind als Förderung der Allgemeinheit anzuerkennen:

1.      die Förderung von Wissenschaft und Forschung;

2.      die Förderung der Religion;

3.      die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und der öffentlichen Gesundheitspflege, insbesondere die Verhütung und Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten, auch durch Krankenhäuser im Sinne des § 67, und von Tierseuchen; 

4.      die Förderung der Jugend- und Altenhilfe;

5.      die Förderung von Kunst und Kultur;

6.      die Förderung des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege;

7.      die Förderung der Erziehung, Volks- und Berufsbildung einschließlich der Studentenhilfe;

8.      die Förderung des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes und der Naturschutzgesetze der Länder, des Umweltschutzes, des Küstenschutzes und des Hochwasserschutzes;

9.      die Förderung des Wohlfahrtswesens, insbesondere der Zwecke der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege (§ 23 der Umsatzsteuer- Durchführungsverordnung), ihrer Unterverbände und ihrer angeschlossenen Einrichtungen und Anstalten;

10.    die Förderung der Hilfe für politisch, rassisch oder religiös Verfolgte, für Flüchtlinge, Vertriebene, Aussiedler, Spätaussiedler, Kriegsopfer, Kriegshinterbliebene, Kriegsbeschädigte und Kriegsgefangene, Zivilbeschädigte und Behinderte sowie Hilfe für Opfer von Straftaten; Förderung des Andenkens an Verfolgte, Kriegs- und Katastrophenopfer; Förderung des Suchdienstes für Vermisste;

11.    die Förderung der Rettung aus Lebensgefahr;

12.    die Förderung des Feuer-, Arbeits-, Katastrophen- und Zivilschutzes sowie der Unfallverhütung;

13.    die Förderung internationaler Gesinnung, der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des Völkerverständigungsgedankens;

14.    die Förderung des Tierschutzes;

15.    die Förderung der Entwicklungszusammenarbeit;

16.    die Förderung von Verbraucherberatung und Verbraucherschutz;

17.    die Förderung der Fürsorge für Strafgefangene und ehemalige Strafgefangene;

18.    die Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern;

19.    die Förderung des Schutzes von Ehe und Familie;

20.    die Förderung der Kriminalprävention;

21.    die Förderung des Sports (Schach gilt als Sport);

22.    die Förderung der Heimatpflege und Heimatkunde;

23.    die Förderung der Tierzucht, der Pflanzenzucht, der Kleingärtnerei, des traditionellen Brauchtums ein- schließlich des Karnevals, der Fastnacht und des Faschings, der Soldaten- und Reservistenbetreuung, des Amateurfunkens, des Modellflugs und des Hundesports;

24.    die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens im Geltungsbereich dieses Gesetzes; hierzu gehören nicht Bestrebungen, die nur bestimmte Einzelinteressen staatsbürgerlicher Art verfolgen oder die auf den kommunalpolitischen Bereich beschränkt sind;

25.    die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements zugunsten gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke.

Sofern der von der Körperschaft verfolgte Zweck nicht unter Satz  1 fällt, aber die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet entsprechend selbstlos gefördert wird, kann dieser Zweck für gemeinnützig erklärt werden. … „

Nach Auffassung des BMF kann Allgemeinheit allerdings auch durch die Verfolgung von Zwecken, die hinsichtlich der Merkmale, die ihre steuerrechtliche Förderung rechtfertigen, mit den in § 52 Abs. 2 aufgeführten Zwecken identisch sind, gefördert werden. Heute bereits gemeinnützigen Körperschaften und solchen, welche die Gemeinnützigkeit anstreben, ist zu dennoch empfehlen, ihre Satzung zu überprüfen und ggf. an den neuen Gesetzeswortlaut anzupassen.

b.      Definitionen und Anwendungshinweise[5]

  • Die Förderung von Kunst und Kultur umfasst die Bereiche der Musik, der Literatur, der darstellenden und bildenden Kunst und schließt die Förderung von kulturellen Einrichtungen, wie Theater und Museen, sowie von kulturellen Veranstaltungen, wie Konzerte und Kunstausstellungen, ein. Zur Förderung von Kunst und Kultur gehört auch die Förderung der Pflege und Erhaltung von Kulturwerten. Kulturwerte sind Gegenstände von künstlerischer und sonstiger kultureller Bedeutung, Kunstsammlungen und künstlerische Nachlässe, Bibliotheken, Archive sowie andere vergleichbare Einrichtungen.
  • Die Förderung der Denkmalpflege bezieht sich auf die Erhaltung und Wiederherstellung von Bau- und Bodendenkmälern, die nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften anerkannt sind. Die Anerkennung ist durch eine Bescheinigung der zuständigen Stelle nachzuweisen.
  • Zur Förderung des Andenkens an Verfolgte, Kriegs- und Katastrophenopfer gehört auch die Errichtung von Ehrenmalen und Gedenkstätten.
  • Zur Förderung der Tier- bzw. Pflanzenzucht gehört auch die Förderung der Erhaltung vom Aussterben bedrohter Nutztierrassen und Nutzpflanzen.
  • Die Förderung des Einsatzes für nationale Minderheiten im Sinne des durch Deutschland ratifizierten Rahmenabkommens zum Schutz nationaler Minderheiten und die Förderung des Einsatzes für die gemäß der von Deutschland ratifizierten Charta der Regional- und Minderheitensprachen geschützten Sprachen sind – je nach Betätigung im Einzelnen – Förderung von Kunst und Kultur, Förderung der Heimatpflege und Heimatkunde oder Förderung des traditionellen Brauchtums. Bei den nach der Charta geschützten Sprachen handelt es sich um die Regionalsprache Niederdeutsch sowie die Minderheitensprachen Dänisch, Friesisch, Sorbisch und das Romanes der deutschen Sinti und Roma.

Auf eine auf den ersten Blick nicht leicht zu erkennende Besonderheit in § 10b Abs. 1 Satz 2 EStG ist noch hinzuweisen. Nicht abziehbar sind wie bisher Mitgliedsbeiträge an Körperschaften, die die bisher in Abschnitt B der Anlage 1 zu § 48 Abs. 2 EStDV genannten Zwecke fördern, namentlich

  • den Sport (§ 52 Abs. 2 Nr. 21 AO),
  • kulturelle Betätigungen, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen,
  • die Heimatpflege und Heimatkunde (§ 52 Abs. 2 Nr. 22 AO) oder
  • Zwecke im Sinne des § 52 Abs. 2 Nr. 23 AO (vormals Nr. 4: Tier- und Pflanzenzucht, Kleingärtnerei, traditionelles Brauchtum einschließlich des Karnevals, der Fastnacht und des Faschings, der Soldaten- und Reservistenbetreuung, des Amateurfunkens, des Modellflugs und des Hundesports).

Vom Abzugsverbot bei kulturellen Betätigungen sind nur die Mitgliedsbeiträge an Vereine betroffen, deren Mitglieder aktiv eigene kulturelle Betätigungen ausführen (die Gesetzesbegründung nennt beispielhaft Laientheater, Laienchor, Laienorchester), nicht aber an Fördervereine, die diese Kulturvereine fördern. Körperschaften zur Förderung kultureller Einrichtungen fördern nach Ansicht des Gesetzgebers grundsätzlich Kunst und Kultur und sind deshalb zu begünstigen, nicht aber solche Körperschaften, in denen diese zu fördernde Kultur selbst ausgeübt wird. Daher sind künftig nur Mitgliedsbeiträge an diese fördernden Körperschaften als Sonderausgaben abzugsfähig. Diese Differenzierung soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Buchführung der gemeinnützigen Einrichtungen erleichtern, Gestaltungsmöglichkeiten verhindern und den Finanzämtern in erheblichem Umfang Prüfungsaufwand ersparen.

Es sollte deshalb geprüft werden, für Vereine, deren Mitglieder aktiv eigene kulturelle Betätigungen ausführen, Fördervereine zu gründen, um die Mitgliedsbeiträge über diesen Umweg steuerlich absetzen zu können.

2.     Neuregelung des Spendenabzugs

a.       Inhalt der Neuregelung

§ 10b Abs. 1 Satz 1 EStG ist grundlegend überarbeitet und vereinfacht worden. Die bisherigen Höchstgrenze für den Sonderausgabenabzug von Zuwendungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge) zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke im Sinne der §§ 52 bis 54 AO an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts oder an eine inländische öffentliche Dienststelle oder an eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse ist nunmehr auf 20% des Gesamtbetrages der Einkünfte vereinheitlicht und angehoben worden (§ 10b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Die bisherige Differenzierung zwischen 5% bzw. 10% des Gesamtbetrages der Einkünfte ist damit entfallen.

Die alternative Höchstgrenze für die steuerliche Begünstigung von Spenden aus Unternehmen ist auf 4 Promille der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter angehoben werden (§ 10b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG).

Die bisherige sehr komplizierte Großspendenregelung mit dem bisher für Einzelspenden anzuwendenden Höchstbetrag in Höhe von 25.565 Euro ist weggefallen, ferner der für bestimmte Stiftungen geltende Höchstbetrag von 20.450 Euro. Weggefallen ist auch die Möglichkeit des früheren einjährigen Spendenrücktrags. Abziehbare Zuwendungen, die die Höchstbeträge § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG überschreiten oder im Veranlagungszeitraum der Zuwendung nicht berücksichtigt werden können, sind im Rahmen der Höchstbeträge in den folgenden Veranlagungszeiträumen – also zeitlich unbegrenzt – als Sonderausgaben abzuziehen.

Besondere Beachtung verdient die Neuregelung des § 10b Abs. 1a EStG. Danach können Spenden in den Vermögensstock einer Stiftung des öffentlichen Rechts oder einer nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreiten Stiftung des privaten Rechts auf Antrag des Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum der Zuwendung und in den folgenden neun Veranlagungszeiträumen bis zu einem Gesamtbetrag von 1 Million Euro zusätzlich zu den Höchstbeträgen nach § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG abgezogen werden (besonderer Abzugsbetrag). Der besondere Abzugsbetrag bezieht sich auf den gesamten Zehnjahreszeitraum und kann der Höhe nach innerhalb dieses Zeitraums nur einmal in Anspruch genommen werden. Bei Zusammenveranlagung kann dieser besondere Abzugsbetrag je Ehegatte in Anspruch genommen werden, zumindest ergibt sich aus der Gesetzesbegründung nichts Gegenteiliges. Eine lineare Verteilung ist nicht vorgeschrieben, so dass der Vortrag je nach Bedarf und genutzt oder weiter vorgetragen werden kann, um möglichst gezielt nur die jeweils höchsten Progressionsstufen abzudecken.

Bislang galt ein Höchstbetrag von 307.000 Euro, der aber nur bei Neugründung einer Stiftung galt. Der neue Höchstbetrag von 1 Mio. Euro kann bei Gründung oder zu sonst jederzeit bei bestehender Stiftung in Anspruch genommen werden, solange die Zuwendung nur in den Vermögensstock fließt. Steuerbegünstigt sind deshalb nur Zuwendungen in das Grundstockvermögen und Zustiftungen. Zuwendungen in den Stiftungshaushalt, die zum laufenden Verbrauch bestimmt sind, werden im Rahmen des § 10b Abs. 1a EStG nicht mehr begünstigt.

Das Gesetz gibt keinen abschließenden Hinweis auf die Auswirkung dieser Einschränkung auf sog. Verbrauchsstiftungen, die im Laufe der Zeit auch den Vermögensstamm angreifen oder aufbrauchen dürfen. Nach Auffassung der OFD Frankfurt a.M. vom 13.06.2008 (S 2223 A – 155 – St 216) sind Zuwendungen in Verbrauchsstiftungen nicht nach § 10 b Abs. 1a EStG begünstigt. Gemeinnützigen Stiftungen, insbesondere Verbrauchsstiftungen, ist vorsorglich zu empfehlen, ihre Satzung zu überprüfen und ggf. – soweit stiftungsrechtlich zulässig – an das neue Recht anzupassen, um zukünftig in den Genuss von steuerbegünstigten Großspenden zu gelangen.

Ein Wechsel zwischen § 10b Abs. 1 und Abs. 1a EStG soll nach Auffassung der OFD Frankfurt a.M. vom 13.06.2008 (a.a.O.) nicht zulässig sein. Stelle der Steuerpflichtige den Antrag nach § 10b Abs. 1a EStG, so habe er sein Wahlrecht ausgeübt. Übersteigen die Spenden in den Vermögensstock einer Stiftung innerhalb eines 10-Jahres-Zeitraums den Höchstbetrag von 1. Mio. Euro, könne der 1. Mio. Euro übersteigende Teil nicht als Sonderausgaben nach § 10b Abs. 1 EStG berücksichtigt werden. Diese Auslegung ist spenderfeindlich und keineswegs zwingend, aus Sicht des Verfassers auch falsch. Dennoch sei vor dem Hintergrund dieser restriktiven Auffassung der Finanzverwaltung daran erinnert, die Wahl de Sonderausgabenabzugs gründlich zu überlegen, bevor die erste Steuererklärung abgegeben wird. Vorsorglich sollte immer erst der höchstmöglich Abzugsbetrag nach § 10b Abs. 1 begehrt und erst der überschießende Rest nach § 10b Abs. 1a EStG erklärt werden.

b.      Auswirkungen der Abgeltungsteuer auf den Spendenanzug

Mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008[6]ist die Einführung einer Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge eingeführt worden. Auf Kapitalerträge wird ein abgeltender Steuersatz i. H. von 25 % erhoben; im Gegenzug entfällt ein Werbungskostenabzug, die Verlustverrechnung mit anderen Einkünften und – hier interessierend – jeder Sonderausgabenabzug. Kapitaleinkünfte beeinflussen ab 2009 nicht mehr den Gesamtbetrag der Einkünfte; eine Einkommensteuerveranlagung findet insoweit grundsätzlich nicht mehr statt. Eine Ausnahme gilt nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG auf Antrag für Kapitalerträge aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist oder zu mindestens 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt oder beruflich für diese tätig ist.

Für die übrigen Kapitaleinkünfte helfen wohl auch die Veranlagungsoptionen in § 32d Abs. 4 EStG und § 32d Abs. 6 EStG (Günstigerprüfung) nicht weiter. Die Gesetzesbegründung spricht vielmehr dafür, dass die Spende zukünftig nur von den übrigen Einkünften abgezogen werden kann, die Gegenstand der Einkommensteuerveranlagung sind.[7]Zumindest für § 32d Abs. 4 EStG dürfte das wohl einhellige Meinung sein[8]. Hinsichtlich der Günstigkeitsprinzips in § 32d Abs. 6 EStG wird aufgrund des Wortlauts der Vorschrift teilweise vertreten, dass der Sonderausgabenabzug dann uneingeschränkt möglich sein soll[9].

Dessen ungeachtet kann nach dem neuen § 2 Abs. 5b Satz 2 Nr. 1 EStG auf Antrag der Höchstbetrag für abzugsfähige Spenden im Sinn des § 10b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG unter Berücksichtigung der Kapitaleinkünfte ermittelt werden, die dann in die Bemessungsgrundlage des Gesamtbetrags der Einkünfte einzubeziehen sind.

Damit Steuerpflichtige mit hohen, aber nahezu ausschließlichen Kapitaleinkünften dennoch in den Genuss des vollständigen Spendenabzugs des § 10b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 1a EStG gelangen können, ist zu überlegen, Teile des Kapitalvermögens umzuqualifizieren und bspw. unter Ausnutzen des Teileinkünfteverfahrens in ein Betriebsvermögen (GmbH & Co. KG) einzulegen[10]. Sollte das nicht möglich sein, ist zu überlegen, Großspenden bereits 2008 vorzuziehen, um den Spendenabzug noch nach altem Recht auszunutzen.

Bei Mischvermögen und der Bereitschaft, Vermögensbestandteile bspw. in Stiftungsmodelle einzubringen, muss nun sorgsam darauf geachtet werden, dass nicht nur solche Vermögensbestandteile zurückbehalten werden, die der Abgeltungsteuer unterliegen. Hier ist nunmehr in jedem Einzelfall zu prüfen, bei welchem Vermögensmix der steuerlich sinnvollste Effekt im Wechselspiel zwischen Ertragsteuerbelastung, Spendenabzug und Abgeltungsteuer zu erzielen ist.

c.       Erste Erfahrungen mit dem erhöhten Spendenabzug

Insbesondere § 10b Abs. 1a EStG steigert spürbar die Bereitschaft, gemeinnützigen Stiftungen Bar- und Sachspenden zuzuwenden. Der zusätzliche hohe Einkommensteuerspareffekt bei der Dotierung von Stiftungen macht Doppelstiftungsmodelle mit unternehmensverbundenen gemeinnützigen Stiftungen einerseits und Familienstiftungen bzw. Familiengesellschaften („Familienpools“) andererseits attraktiv. Die Bereitschaft, über Stiftungen als Instrumente der Vermögensplanung und -nachfolge nachzudenken, steigt merklich. Der Stiftungsmarkt und die Fundraisingszene sind hierauf bereits auf breiter Front angesprungen – nahezu keine einschlägige Organisation, die nicht mit den Möglichkeiten des neuen Rechts wirbt. Und bei geschickter Gestaltung scheinen derzeit sogar Modelle denkbar, bei denen der Steuerentlastungseffekt höher ist, als die mit der Zuwendung verbundene „liquide Vermögenseinbuße“ des Zuwendenden.

3.     Sonstige Neuerungen und Förderung des Ehrenamts

▪     In § 50 Abs. 2 EStDV ist der Betrag je Zuwendung, bis zu dem als Nachweis der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstituts genügt, von 100 Euro auf 200 Euro angehoben worden.

▪     Durch die Änderung des § 10 b Abs. 4 EStG der Haftungssatz von 40% auf 30% des zugewendeten Betrags reduziert. Der herabgesetzte Haftungssatz gilt nach Auffassung der Finanzverwaltung erstmals für Haftungsinanspruchnahmen nach dem 31. Dezember 2006 (LFD Thüringen 7.3.2008, S 2223 A – 87 – A 2.14; SIS 08 15 12).

▪     Die Umsatzgrenze für den möglichen pauschalen Vorsteuerabzug bei gemeinnützigen Körperschaften beträgt jetzt 35.000 Euro. § 23a UStG ermöglicht kleineren Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen, die abzugsfähigen Vorsteuerbeträge pauschal mit einem Durchschnittssatz von 7 Prozent ihres steuerpflichtigen Gesamtumsatzes – mit Ausnahme der Einfuhr und des innergemeinschaftlichen Erwerbs – zu berechnen, wenn sie nicht buchführungs- und bilanzierungspflichtig sind. Die Grenze von 35.000 Euro ist mit der ertragsteuerlichen Besteuerungsgrenze des § 64 Abs. 3 AO (wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb) und der Zweckbetriebsgrenze des § 67a Abs. 1 AO für Sportvereine harmonisiert. Die Regelung beruht als Vereinfachungsmaßnahme für Kleinunternehmer auf Artikel 281 der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie.

▪     Schaffung eines neuen Freibetrags für Einnahmen aus allen nebenberuflichen Tätigkeiten im gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Bereich in Höhe von 500 Euro im Jahr (Ehrenamtspauschale)[11].

Die Ehrenamtspauschale kann für jede Art von Tätigkeit für gemeinnützige Vereine, Verbände oder öffentliche Einrichtungen in Anspruch genommen werden, zum Beispiel für eine Tätigkeit als:

  • Vereinsvorstand, Schatzmeister
  • Platzwart, Gerätewart
  • Reinigungsdienst
  • Fahrdienst von Eltern zu Auswärtsspielen von Kindern

Die Ehrenamtspauschale ist an folgende Voraussetzungen geknüpft:

  • Die Tätigkeit muss der Förderung von gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Organisationen dienen.
  • Die Tätigkeit muss nebenberuflich ausgeübt werden, allerdings durchschnittlich mindestens 20 Stunden im Monat.
  • Zahlungen einer oder mehrerer Einrichtungen für nebenberufliche Tätigkeiten sind bis zur Höhe von 500 Euro pro Jahr und Person steuer- und sozialabgabenfrei, darüber hinausgehende Beträge sind zu versteuern.

▪     In § 3 Nr. 26 Satz 1 EStG ist der Übungsleiterfreibetrags auf 2.100 Euro im Jahr angehoben worden.

Wer als Übungsleiter von der so genannten Übungsleiterpauschale profitieren will, muss sich nicht zwangsläufig als Trainer in einem Sportverein engagieren. Die Vergünstigung kann auch bei folgenden Tätigkeiten in Anspruch genommen werden:

  • Ausbildungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbare Tätigkeiten
  • künstlerische Tätigkeiten
  • Pflege behinderter, kranker oder alter Menschen

Die Übungsleiterpauschale ist an folgende Voraussetzungen geknüpft:

  • Die Tätigkeit muss im Auftrag einer öffentlichen oder öffentlich-rechtlichen Institution, eines gemeinnützigen Vereins, einer Kirche oder vergleichbaren Einrichtung ausgeübt werden.
  • Die Tätigkeit darf nicht im Hauptberuf ausgeübt werden, wobei eine Tätigkeit  als nebenberuflich gilt, wenn sie zeitlich nicht mehr als ein Drittel eines vergleichbaren Vollzeitberufs in Anspruch nimmt.
  • Pro Person und Jahr können 2.100 Euro steuer- und sozialabgabenfrei hinzuverdient werden. Lediglich der diesen Freibetrag übersteigende Teil nebenberuflicher Einnahmen muss versteuert werden.

Freibeträge für Ehrenamtliche sind nicht kombinierbar. Die Ehrenamtspauschale darf nicht in Anspruch nehmen, wer bereits für dieselbe Tätigkeit eine Übungsleiterpauschaler geltend macht – und umgekehrt.

▪     Der neu eingefügte § 3 Nr. 26a EStG schafft einen neuen Freibetrag für Einnahmen aus allen nebenberuflichen Tätigkeiten im Dienst oder Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 AO) in Höhe von 500 Euro im Jahr. Überschreiten die Einnahmen den steuerfreien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c EStG nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen.

4.     Fazit

Das Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements wird gerade im Bereich des Stiftungswesens wegen des drastisch erhöhten Sonderausgabenabzugs für Zuwendungen sein Ziel erreichen, nämlich das bürgerliche Engagement zu steigern. Das zeigen bereits erste Reaktionen aus der steueranwaltlichen Praxis. Wegen der hohen Abzugsbeträge und der Möglichkeit, Abzugsbeträge gezielt vorzutragen und bei Bedarf gezielt auszunutzen kann die persönliche Einkommensteuerlast auf bis zu 10 Jahre hinaus gestaltet werden. In Kombination mit einem Doppelstiftungsmodell ist die Stiftung damit umso interessanter als Instrument der Nachfolgeplanung geworden und bringt nicht nur erbrechtliche und erbschaftsteuerliche Vorteile mit sich, sondern nunmehr auch noch beträchtliche Ertragsteuervorteile, die je Ehegatte und Dekade wiederholt genutzt werden können. Mögliche kontraproduktive Effekte der Abgeltungsteuer sind bei der Vermögenszusammensetzung vor und nach der Spende allerdings stets zu berücksichtigen.

Aber auch die Arbeit mit und für steuerbegünstigte Körperschaften ist durch die Neuordnung des § 52 AO sowie des § 10b Abs. 1 EStG erheblich transparenter und unkomplizierter geworden. Angesichts des Übergewichts der vom Gesetzgeber gewährten Vorteile lässt sich die verlorengegangene Möglichkeit des Spendenrücktrags verschmerzen.

 

Rechtsanwalt & Steuerberater Andreas Jahn, MEYER-KÖRING – Bonn

[1]      BT-Drs. 16/5200; BGBl I 2007, 2332.

[2]      Zur Gesamtdarstellung siehe auch: Hüttemann, DB 2007, 2053; Melchior, DStR 2007, 1745; Schauhoff, Kirchhain, DStR 2007, 1985.

[3]      BMF vom 21.4.2008, IV C 4 – S 0171/07/0038 BStBl 2008 I S. 582, Tz. 2 Buchstabe c).

[4]      BMF vom 21.4.2008, a.a.O, Tz. 2.5.

[5]      Definitionen entnommen dem BMF-Schreiben vom 21.4.2008, Tz. 2.

[6]      BGBl I 2007, 1912.

[7]      So auch Schienke-Ohletz, Selzer: Abgeltungsteuer und einkommensteuerrechtlicher Spendenabzug DStR 2008, 136, 137 f.

[8]      Vgl. auch Roth, Unternehmensteuerreform 2008: Widerspruch zum Spendenabzug des Gesetzes zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements, FR 2008, 209, 214.

[9]      So: Roth, a.a.O. S. 215 f.

[10]     Vgl. das Beispiel bei Schienke-Ohletz, Selzer, a.a.O, S. 138.

[11]     Vgl. hierzu: BMF 17.07.2008, http://www.bundesfinanzministerium.de/DE/Buergerinnen__und__Buerger/Alltag__und__Ehrenamt/Ehrenamt/005__ehrenamt.html.

Lorbeerkranz

Auszeichnungen

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2022/2023)

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2017-2021)

Autor

Bild von  Andreas Jahn
Partner
Andreas Jahn
  • Rechtsanwalt und Steuerberater
  • Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Ihr Ansprechpartner für
  • Steuerrechtliche und gesellschaftsrechtliche Begleitung von Unternehmenstransaktionen, Umwandlungen, Umstrukturierungen
  • Erbschaftsteuer und Erbschaftsteuerplanung
  • Steuerrecht der Non-profit-Organisationen, Vereine, Verbände, Stiftungen
  • Familienunternehmen und Familienstiftungen
  • Steuerstrafrecht, Selbstanzeigeberatung

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sprechblasen

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sind Sie unsicher, ob Sie mit Ihrer Angelegenheit bei uns richtig sind?
Nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt mit uns auf und schildern uns Ihr Anliegen.
Wir freuen uns auf Ihren Anruf.

Kontakt aufnehmen