Bei Gesellschaftern und Gesellschafter-Geschäftsführern kann ein Rechtsverhältnis je nach Ausgestaltung entweder auf der gesellschaftsrechtlichen Beziehung oder aber einer schuldrechtlichen Sonderbeziehung, etwa einem Anstellungsverhältnis, beruhen. Nicht konsequent oder nicht „fremdüblich“ vereinbarte und durchgeführte Leistungsbeziehungen werden zumindest bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern von Kapitalgesellschaften häufig der gesellschaftsrechtlichen Beziehung zugeordnet und können zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) führen. Berater versuchen regelmäßig, die vGA zu vermeiden. Sie kann für den Gesellschafter-Geschäftsführer im Einzelfall aber auch günstiger sein, als etwa die Behandlung im Rahmen eines lohnsteuerpflichtigen Anstellungsverhältnisses. Dies gilt insbesondere in Anbetracht des auch auf die vGA anwendbaren Halbeinkünfteverfahrens, das auf Ausschüttungen noch bis zum Ablauf des 31.12.2008 Anwendung findet.
1. Entscheidung des FG Köln vom 26. März 2008 (5 K 599/07)
Den positiven Effekt einer gesellschaftsrechtlichen Beurteilung wollte sich der Gesellschafter-Geschäftsführer einer Einmann-GmbH zu Nutze machen. Er nutzte einen Dienstwagen für private Zwecke, ohne dass Gesellschaftsvertrag oder Geschäftsführervertrag eine Vereinbarung über die private Kfz-Nutzung enthielten. Der Gesellschafter-Geschäftsführer schöpfte trotz fehlender schriftlicher Vertragsgrundlage aus dem Vollen und gönnte sich einen Porsche 911 Turbo. Den privaten Nutzungsanteil erfasst er auf seinem Verrechnungskonto, das bereits einen negativen Saldo auswies. Der Gesellschafter-Geschäftsführer wollte diese Belastung seines Verrechnungskontos als einkommensmindernde Zuzahlung bewertet wissen und vertrat die Auffassung, die damit gegen ihn generierte Forderung der Gesellschaft müsse einer Zuzahlung auf die Anschaffungskosten des Fahrzeugs gleichstehen. Das Finanzamt sah dies anders. Es ermittelte den geldwerten Vorteil für die Privatnutzung des Fahrzeugs und für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach der 1 %- und 0,03 %-Regelung des § 8 Abs. 2 EStG und behandelte ihn als lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn.
a)
Der Auffassung des Steuerpflichtigen erteilte das Finanzgericht Köln mit Urteil vom 26. März 2008 (5 K 599/07) eine Absage und bestätigte die Auffassung der Finanzverwaltung, dass es sich um lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn handele. Damit verbaute es zugleich die Möglichkeit, die buchmäßige Belastung des Verrechnungskontos als Zuzahlung des Gesellschafters zu betrachten. Denn – so merkte das Finanzgericht an – es könne dahingestellt bleiben, ob die Einbuchung einer Gesellschaftsforderung auf dem Gesellschafter-Verrechnungskonto einer Zuzahlung durch die Gesellschafter gleichstehe, da Verbuchung auf dem Verrechnungskonto nur im Falle der Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung überhaupt relevant sein könne. Eine verdeckte Gewinnausschüttung liege jedoch nicht vor.
Dabei erkannte das Finanzgericht Köln sehr wohl, sich in einen möglichen Widerspruch zu der Entscheidung des ersten Senats des BFH vom 23. Februar 2005 (I R 70/04, BStBl. 2005 II, Seite 882) zu begeben. In jener Entscheidung hatte der BFH noch festgestellt, dass eine vertraglich nicht geregelte private Kfz-Nutzung durch den dortigen Geschäftsführer und Ehemann der Alleingesellschafterin in Höhe der Vorteilsgewährung eine verdeckte Gewinnausschüttung darstelle. Allerdings hatte er in letzter Konsequenz offen gelassen, ob der Nutzungsvorteil nicht auch als Arbeitslohn zu qualifizieren sei. Genau diese „offene Flanke“ nutzte das Finanzgericht Köln in seiner neueren Entscheidung aus dem Jahre 2008 aus und verwies flux darauf, nach dem Geschäftsverteilungsplan des BFH sei für Entscheidungen über lohnsteuerrechtliche Fragen ausschließlich der VI. Senat zuständig (vgl. BStBl. vom 22. Februar 2008 II, Seite 85). Jener ordne in ständiger Rechtsprechung die in der privaten Nutzung betrieblicher Fahrzeuge liegende Bereicherung eines Arbeitnehmers wie auch eines Gesellschafter-Geschäftsführers stets dem steuerpflichtigen Arbeitslohn zu.
b)
Ob dies tatsächlich folgerichtig ist, wenn im Einzelfall feststeht, dass dem Gesellschafter-Geschäftsführer ein Vorteil gewährt wurde, der einen Arbeitnehmer unter angemessenen Bedingungen niemals gewährt worden wäre, mithin nur die gesellschaftsrechtliche Verbundenheit Grundlage der Vorteilszuwendung sein kann, bleibt zweifelhaft. In dem Fall des FG Köln dürfte feststehen, dass einem Arbeitnehmer ein Kfz der hier betroffenen Kategorie (Porsche 911 Turbo) ohne klare vertragliche Vereinbarung unter keinen Umständen überlassen worden wäre. Damit steht bei natürlicher Betrachtung fest, dass allein das Gesellschaftsverhältnis für die Vorteilsgewährung kausal gewesen sein dürfte.
Derzeit befasst sich der BFH in dem Revisionsverfahren I R 73/07 sowie I B 102/05 (Stattgabe einer Nichtzulassungsbeschwerde) erneut mit diesen Fragen. Es bleibt abzuwarten, ob der BFH die Verlagerung zugunsten einer lohnsteuerlichen Betrachtung bestätigen wird. Dies erscheint allerdings nicht unwahrscheinlich. Denn schon bisher hat er die private Nutzung eines betrieblichen Pkws durch den Geschäftsführer als übliche Vergütungsleistung eingeordnet, die es im Arbeitsleben auch ohne schriftliche Vereinbarung gebe.
c)
Gewisse Zweifel an einer strikten Anwendung dieser Auffassung lässt indes die Entscheidung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 2. Mai 2005 (5 K 1131/03) erkennen, über die derzeit der BFH unter dem Aktenzeichen I R 8/06 im Rahmen der Revision befindet. Das Finanzgericht hatte nämlich darauf verwiesen, dass der Geschäftsführer in dem dortigen Fall nicht beherrschender Gesellschafter der GmbH gewesen sei. Dies kann ein Gesichtspunkt sein, der den Rückschluss zulässt, dass das Gericht bei beherrschender Stellung möglicherweise zu einer anderen Beurteilung, nämlich einer verdeckten Gewinnausschüttung, gelangt wäre. Eine solche Würdigung stünde im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung und Finanzverwaltung, die sehr formalistisch bereits dann von einer vGA ausginge, wenn es bei einem beherrschenden Gesellschafter an einer klaren – schriftlichen – Vereinbarungen fehlte. Häufig wurde dann nicht einmal mehr die Frage der Angemessenheit der weiteren Umstände gestellt.
Wirklich Farbe bekennen würde der BFH, wenn er seine strikte Zuordnung zu dem Arbeitslohn auch dann noch aufrecht erhält, wenn es darum geht, ob eine Tantieme als variabler Gehaltsbestandteil die berüchtigte 25%-Grenze überschreitet. Bekanntlich halten Rechtsprechung und Finanzverwaltung einen variablen Vergütungsbestandteil dann nicht mehr für angemessen und ordnen ihn der vGA zu, wenn er 25 % der Gesamtausstattung des Geschäftsführergehaltes überschreitet. Der geldwerte Vorteil aus einer Dienstwagenüberlassung müsste bei strikter Zuordnung zum Arbeitslohn aber dem Festvergütungsanteil zugeordnet werden und damit betragsmäßig eine höhere Tantiemen ermöglichen. Das wiederum dürfte dem Gesellschafter-Geschäftsführer gefallen.
2. Bedeutung des Verrechnungskontos
Ungeachtet dessen hat die zitierte Entscheidung des Finanzgerichts Köln selbst für den Fall einer Beurteilung als vGA herausgestellt, dass die rein buchmäßige Erfassung eines Vorgangs über das Verrechnungskonto des Gesellschafters keine aussagekräftige Indizwirkung für eine Zuzahlung bzw. vertragliche Vereinbarungen entfalten kann.
Zwar hat der BFH schon im Jahr 1985 (VIII R 284/83, BStBl. 1986 II, Seite 481) im Zusammenhang mit einem Gesellschafterdarlehen entschieden, dass etwa ein Darlehensanspruch der Gesellschaft gegen einen Gesellschafter durch Ausweis auf dessen Verrechnungs- oder Darlehenskonto anzuerkennen ist. Auch dort genügte aber der bloße Ansatz in dem Verrechnungskonto noch nicht. Vielmehr hing die steuerliche Anerkennung von den tatsächlichen Umständen ab, wie der Üblichkeit der zumindest „gelebten“ Darlehensbedingungen, der ausreichenden Sicherheitenstellung, der üblichen Verzinsung und Rückzahlungsverpflichtung in einem überschaubaren Zeitraum. Im Ergebnis ist die Erfassung auf dem Verrechnungskonto also nicht mehr als ein erstes, schwaches Indiz für die Beurteilung steuerlicher Vorgänge.
3. Keine Anwendung der 1%-Regelung auf verdeckte Gewinnausschüttung:
Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass sich die Beurteilung als verdeckte Gewinnausschüttung bei einer „Dienstwagennutzung“ auch unter einem weiteren Gesichtspunkt als günstig erweisen kann. Während nämlich die auf Arbeitslohn anwendbare 1 %-Regelung der §§ 6 Abs. Nr. 4 S. 2, 8 Abs. 2 S. 2 EStG für die Bemessung des geldwerten Vorteils stets auf den Bruttolisten-Inlandspreis eines Fahrzeugs abstellt, also auch bei einem gebrauchten Fahrzeug auf den gedachten Neupreis, hat der BFH wiederholt festgestellt, dass die 1 %-Regelung auf eine verdeckte Gewinnausschüttung keine Anwendung findet (Urteil vom 23. Februar 2005, 1 R 70/04; 28.01.2008 I R 8/06). Vielmehr bemisst er den dem Gesellschafter zuzurechnenden privaten Nutzungsvorteil nach der Methode des Fremdvergleichs bezogen auf die tatsächlichen Fahrzeugkosten zuzüglich eines angemessenen Gewinnzuschlags. Dieser Fremdvergleich kann je nach Einzelfall zu einem höheren, möglicherweise – etwa bei einem gebrauchten Fahrzeug – im Schätzungswege und ohne Führen eines Fahrtenbuches aber auch zu einem niedrigeren Wertansatz führen.
Auch vor diesem Hintergrund sollte man die derzeit anhängigen Revisionsverfahren vor dem BFH im Auge behalten.
Auszeichnungen
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2022/2023)
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2017-2021)
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