25.02.2008 -

Zwischen den Betriebspartnern kommt es immer wieder zu Streitigkeiten über den Anspruchsumfang des Betriebsrats auf Überlassung von modernen Kommunikationsmitteln und -einrichtungen. Dies betrifft insbesondere Fragen des Internetzugangs oder der Überlassung eines PC. Grundsätzlich sind die Arbeitsgerichte großzügig und gewähren dem Betriebsrat diese Ansprüche. In einem nun veröffentlichten Urteil hat das Bundesarbeitsgericht jedoch den geltend gemachten Anspruch eines Betriebsrats auf Überlassung eines PC abgelehnt (BAG, Beschl. v. 16.5.2007 – 7 ABR 45/06, DB 2007, 2036 = NZA 2007, 1117).

Der Sachverhalt der Entscheidung (verkürzt):

Der beteiligte Arbeitgeber betreibt bundesweit Drogeriemärkte. Die einzelnen Verkaufsstellen sind organisatorisch bestimmten Bezirken zugeordnet, denen ein Bezirksleiter vorsteht. Außerdem sind ca. 30 Verkaufsbüros eingerichtet, die von Verkaufsleitern geleitet werden. Die Verkaufsbüros sind jeweils für 15 bis 20 Bezirke zuständig. Dem Bezirk D gehören 28 Verkaufsstellen an, in denen ca. 100 Mitarbeiter beschäftigt sind. Für den Bezirk D ist der Antragstellende, aus fünf Mitgliedern bestehende Betriebsrat gebildet.

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Arbeitgeber dem Betriebsrat einen PC nebst Zubehör und Software zur Verfügung zu stellen hat. Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, ein PC nebst Zubehör und Software sei zur ordnungsgemäßen Durchführung der Betriebsratsarbeit erforderlich. Die von ihm zu erledigenden Schreibarbeiten seien in den vergangenen Jahren erheblich angestiegen, so dass ein PC der Beschleunigung der Betriebsratsarbeit diene. Protokolle über Betriebsratssitzungen, Korrespondenzschreiben und Informationsblätter an die Mitarbeiter könnten schneller und effektiver mit einem PC als mit der Schreibmaschine erstellt werden. Bei Verhandlungen über Betriebsvereinbarungen könnten Entwürfe leichter angefertigt und abgeändert werden. Auch die Einhaltung der Arbeits- und Pausenzeiten könne mittels eines PC einfacher und effektiver überprüft werden. Der Einsatz eines PC stelle sicher, dass die sonstige Betriebsratstätigkeit nicht vernachlässigt werde. Schließlich gehöre ein PC mittlerweile zu dem üblichen technischen Niveau der Kommunikationsmittel, dessen sich auch der Betriebsrat zur Erledigung seiner Aufgaben bedienen könne.

Ansprechpartner des Betriebsrats in personellen und sozialen Angelegenheiten ist in der Regel der zuständige Bezirksleiter. Dieser verfügt lediglich über ein „mobiles“ Büro. Er erbringt seine Bürotätigkeiten entweder in seinem Fahrzeug, in einer Verkaufsstelle des Bezirks oder zu Hause. Schreiben in Verwaltungsangelegenheiten erledigt er regelmäßig handschriftlich. Der antragstellende Betriebsrat verfügt zur Erledigung von Büroarbeiten über eine elektrische Schreibmaschine.

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen des Betriebsrats auf Überlassung eines PC nebst Zubehör (Bildschirm, Tastatur, Maus, Drucker) sowie entsprechender Software stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat hingegen die Anträge abgewiesen.

Die Entscheidung des BAG:

Das Bundesarbeitsgericht hat im Rechtsbeschwerdeverfahren die Entscheidung des LAG bestätigt.

I. Grundsatz der Erforderlichkeit

Im Zuge der Betriebsverfassungsreform 2001 wurde § 40 Abs. 2 BetrVG ergänzt. Ausdrücklich erwähnt werden seitdem auch die Informations- und Kommunikationstechnik. Dennoch beinhaltete diese Ergänzung keinen Automatismus: Der Betriebsrat kann die Überlassung eines PC nebst Zubehör und Software vom Arbeitgeber nur verlangen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der ihm nach dem Gesetz obliegenden Aufgaben erforderlich ist. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu § 40 Abs. 2 BetrVG.

Mit der Prüfung der Erforderlichkeit eines sachlichen Mittels soll die übermäßige finanzielle Belastung des Arbeitgebers durch den Betriebsrat verhindert werden. Damit ließe sich nicht in Einklang bringen, gerade in dem kostenintensiven Bereich moderner Bürotechnik, anders als bei den übrigen Sachmitteln, auf die Prüfung der Erforderlichkeit zu verzichten.

Hinweis für die Praxis:

Entgegen anders lautender Darstellungen ist also der Arbeitgeber nicht bereits per se verpflichtet, den Betriebsrat mit moderner Kommunikationstechnik, insbesondere einem PC nebst Zubehör, auszustatten. Die Voraussetzungen müssen vielmehr in jedem Einzelfall anhand der betrieblichen Gegebenenheiten individuell geprüft werden.

II. Erleichterung der Betriebsratsarbeit kein Kriterium!

Für die Erforderlichkeit eines Sachmittels genügt es nicht, dass durch seinen Einsatz die Geschäftsführung des Betriebsrats lediglich erleichtert wird oder sich rationeller gestalten lässt. Das Gesetz sieht geringere Anforderungen als die Erforderlichkeit nicht vor. Aus Gründen der Effektivität der Betriebsratsarbeit wird daher ein Sachmittel erst dann erforderlich, wenn ohne seinen Einsatz die Wahrnehmung anderer Rechte und Pflichten des Betriebsrats vernachlässigt werden müsste.

Im vorliegenden Fall hat der Betriebsrat geltend gemacht, seine Aufgaben, die er mit umfangreichen Schreibarbeiten, der Kontrolle der Einhaltung der Arbeits- und Pausenzeiten, der Verwaltung der Personaldaten und der Einsatzzeiten der von ihm repräsentierten Beschäftigten sowie der Personaleinsatzplanung und der Erarbeitung und Speicherung von Betriebsvereinbarungen schreibt, mit Hilfe eines PC rationeller und effektiver erledigen zu können. Mit dieser Begründung konnte der Betriebsrat aber die Überlassung eines PC nur dann für erforderlich halten, wenn er ohne diese Ausstattung andere Aufgaben vernachlässigen müsste. Hierzu gab der Betriebsrat aber keine Begründung. Der Betriebsrat hat vielmehr lediglich die betriebliche Situation geschildert, ohne jedoch darzulegen, welche ihm obliegenden Aufgaben er in der Vergangenheit nicht oder nicht ordnungsgemäß erledigen konnte und deshalb dies anders wäre, wenn er über die begehrte Ausstattung mit einem PC verfügte.

Hinweis für die Praxis:

Die Anforderungen der Rechtsprechung sind damit nicht unerheblich. Der Betriebsrat darf sich nicht darauf beschränken, rationelleres und effektiveres Arbeiten in den Vordergrund zu stellen. Vielmehr muss er sehr konkret umschreiben und im Prozess beweisen, welche Rechte und Pflichten der Betriebsarbeit vernachlässigt würden.

III. Situation des Arbeitgebers bedeutsam

Für die Einzelfallprüfung ist auch die Betriebsüblichkeit von Bedeutung. Weder die einzelnen Verkaufsstellen noch die Bezirksleiter als regelmäßiger Ansprechpartner des Betriebsrats in personellen und sozialen Angelegenheiten verfügten über einen PC. Aufgrund der betrieblichen Arbeitsorganisation war damit die Nutzung eines PC nicht betriebsüblich. Auch auf diesen Umstand konnte sich damit der Betriebsrat nicht stützen.

Fazit:

Der Verfasser hat sich bereits an anderer Stelle ausführlich mit den Sachmittelansprüchen des Betriebsrats und dem Grundsatz der Erforderlichkeit auseinandergesetzt. In der Rechtsprechung richtet sich die erforderliche Einzelfallbeurteilung im Wesentlichen nach den Aufgaben des Betriebsrats, nach der Größe des Betriebsrats und nach den besonderen Erfordernissen im Einzelfall. Der Ausstattungsanspruch des Betriebsrats kann damit je nach Lage der Umstände im Einzelfall durchaus unterschiedlich sein. Einigkeit besteht in der Rechtsprechung aber darüber, dass lediglich eine erhöhte Bequemlichkeit bei der Erledigung der Betriebsratsarbeit dem Grundsatz der Erforderlichkeit nicht genügt.

Literaturhinweise:

Besgen, Moderne Kommunikationseinrichtungen für den Betriebsrat – Sachmittelanspruch nach § 40 Abs. 2 BetrVG, B+B Heft 1-2006, 19 ff.; derselbe, Blackberry und Homepage für den Betriebsrat? – Ein aktueller Überblick zum Anspruch des Betriebsrats auf moderne Kommunikationstechnik, NZA 2006, 959 ff.; ausführlich auch derselbe in: Besgen/Prinz, Handbuch Neue Medien und Arbeitsrecht, § 2 Rn 66 ff.

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