08.01.2004 -

 

 

I. Kündigungsschutz

 

■ Nach der Neuregelung von § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG ist die Kleinbetriebsklausel  wie folgt geändert:

–          Für die vor dem 1. 1. 2004 begründeten Arbeitsverhältnisse (Altarbeitsverhältnisse) bleibt es bei dem bisherigen Schwellenwert von regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmern nach der weitergeltenden Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG. Die Arbeitnehmer, die vor dem 1. 1. 2004 Kündigungsschutz hatten, weil bei ihrem Arbeitgeber mehr als fünf Arbeitnehmer regelmäßig beschäftigt wurden, behalten jedenfalls grundsätzlich auch nach dem 1. 2. 2004 diesen Schutz (Besitzstandswahrung).

–          Der bisherige Schwellenwert für das Eingreifen des KSchG bei regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmern ist mit Wirkung ab 1. 1. 2004 heraufgesetzt worden auf regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer (wobei nach wie vor Lehrlinge nicht mitgezählt werden)  für die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. 12. 2003 begonnen hat.

–          Nach dem 31. 12. 2003 eingestellte Arbeitnehmer sind ihrerseits beim Schwellenwert von fünf Arbeitnehmern nach § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen.  Ein Kleinbetrieb ohne Kündigungsschutz per 31. 12. 2003 kommt also durch Neueinstellungen bis zur Gesamtzahl von zehn Arbeitnehmern für keinen Arbeitnehmer in den Kündigungsschutz.

 

■ Nunmehr gilt für alle Kündigungsschutzklagen unabhängig von der geltend gemachten Art der Unwirksamkeit der Kündigung, also auch für Unwirksamkeit außerhalb des allgemeinen Kündigungsschutzes, eine einheitliche Klagefrist von drei Wochen. Bei Versäumung ist die Kündigung wirksam. Die Frist beginnt mit dem Zugang der schriftlichen Kündigung.

 

■ Nach der Neuregelung von § 1 Abs. 3 KSchG ist die Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen mit Wirkung ab 1. 1. 2004 anwendungssicherer ausgestaltet worden:

–          Die Auswahlkriterien für die Sozialauswahl sind nunmehr beschränkt auf die vier Kriterien Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung, § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG n. F..

–          Leistungsträger können von der Sozialauswahl ausgenommen werden, § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG n. F..

–          Bei in einem Interessenausgleich wegen Betriebsänderung namentlich als zu kündigend bezeichneten Arbeitnehmern (Namenliste) wird die Betriebbedingtheit der Kündigung vermutet und die Sozialauswahl kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden, § 1 Abs. 5 KSchG n. F..

 

■ Neu eingeführt wird erstmals  mit der Vorschrift des § 1 a KSchG eine gesetzliche Abfindungsregelung nach folgender Struktur mit dem Ziel, hierdurch für betriebsbedingte Kündigungen mehr Rechtssicherheit und Abwicklungsklarheit zu schaffen.:

 

–          Der Arbeitgeber muß eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG aussprechen. Bei einer verhaltensbedingten oder personenbedingten Kündigung greift die neue gesetzliche Abfindungsregelung nicht ein.

 

–          Der Arbeitgeber muß in der Kündigungserklärung darauf hinweisen, dass die Kündigung wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ausgesprochen wird.

 

–          Der Arbeitgeber muß weiterhin in der Kündigungserklärung darauf hinweisen, dass der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.

 

–          Der Arbeitnehmer muß von der Erhebung einer Kündigungsschutzklage in der Klagefrist absehen (Klagt der Arbeitnehmer, kann er bei Unterliegen nicht etwa mehr auf den gesetzlichen Abfindungsanspruch als Auffangposition zurückgreifen). 

 

–          Die Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses; ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten ist auf ein volles Jahr aufzurunden.

 

–          Der Monatsverdienst ist nach § 10 Abs. 3 KSchG zu berechnen.

 

 

 

II. Befristungsrecht

 

Für Existenzgründer/Unternehmensgründer gilt bei echten Neugründungen, dass Arbeitsverträge in den ersten vier Jahren nach der Gründung bis zur Dauer von vier Jahren ohne Sachgrund befristet werden dürfen, § 14 Abs. 2 a TzBfG n. F..

 

 

III. Arbeitszeit

 

Nach dem aktuellen Streit über die Bewertung von Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit nach den europarechtlichen Vorgaben und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gelten jetzt ab 1. 1. 2004 folgende Änderungen des Arbeitszeitgesetzes:

–          Bereitschaftsdienst und Arbeitsbereitschaft (nicht: Rufbereitschaft) gilt ab 1. 1. 2004 insgesamt als Arbeitszeit in arbeitszeitrechtlicher Hinsicht.

–          Die tägliche Arbeitszeit kann mit schriftlicher Einwilligung des Arbeitnehmers auf mehr als acht Stunden ausgedehnt werden; über zehn Stunden hinaus ist dies nur über einen Tarifvertrag zulässig. Die Einwilligung des Arbeitnehmers kann mit einer Ankündigungsfrist von sechs Monaten widerrufen werden, wodurch dem Arbeitnehmer keine Nachteile entstehen dürfen.

–          Bestehende Tarifverträge mit weitergehenden Regelungen zu den vorstehenden Komplexen gelten bis zum Jahresende 2005 weiter.

 

 

 

Arbeitsrechtliche Änderungen durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I, Nr. 65, S. 2828)

 

 

Altersteilzeit

 

Dies sind die wichtigsten Änderungen:

–          Aufzustocken um 20 % ist nicht mehr das verminderte bisherige Arbeitsentgelt, sondern das Regelarbeitsentgelt; das Korrektiv des Mindestnettobetrags entfällt.

–          Das Regelarbeitsentgelt ist zugleich die Berechnungsgrundlage für die zusätzlich zu zahlenden Rentenversicherungsbeiträge.

–          Die Ermittlung der hälftig zu reduzierenden Arbeitszeit richtet sich nach der bisherigen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, nicht mehr nach den vergleichbaren Arbeitszeiten eines Tarifbereichs.

–          Ein im Blockmodell entstehendes Wertguthaben, das den Betrag des dreifachen Regelarbeitsentgelts einschliesslich des darauf entfallenden Arbeitsgeberanteils zur Gesamtsozialversicherung überschreitet, muß bereits mit der ersten Gutschrift zwingend insolvenzgesichert werden.

–           

Wichtig: Die gesetzlichen Änderungen gelten nicht für die Altersteilzeitvereinbarungen, die vor dem 1. 7. 2004 abgeschlossen wurden; diese Verträge werden zu den bisherigen Bedingungen planmäßig abgewickelt. Der Arbeitgeber kann allerdings auch für diese Fälle beantragen, dass die Erstattungsleistungen ab Juli 2004 durch die Bundesagentur für Arbeit nach der neuen Rechtslage erbracht werden.

 

Verfasser: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Nicolai Besgen

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