01.11.2003 -

 

 

Die Bundesanstalt für Arbeit konnte nach dem zum 31. Dezember 1997 außer Kraft getretenen § 97 Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) zu den Lohnkosten älterer Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen Zuschüsse gewähren. Die am 1. Januar 1998 in Kraft getretene Nachfolgeregelung in § 218 Abs. 1 Nr. 3 SGB III hat die Förderung durch Lohnkostenzuschüsse für ältere Arbeitnehmer fortgeführt. Das BAG hatte sich nun mit der praxisrelevanten Frage zu beschäftigen, ob die Gewährung eines Eingliederungszuschusses für ältere Arbeitnehmer nach § 218 SGB III, wie schon unter der Vorgängerregelung des § 97 AFG, einen Sachgrund für die Befristung des Arbeitsvertrages mit dem geförderten Arbeitnehmer darstellt (Bundesarbeitsgericht, Urt. v. 4. 6. 2003 – 7 AZR 489/02 -).

 

Der Sachverhalt der Entscheidung:

 

In dem zugrunde liegenden Fall streiten die Arbeitsvertragsparteien darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund einer Befristung am 31. Mai 2001 geendet hat. Der 1938 geborene Arbeitnehmer war vom 1. Juni 1995 bis zum 31. Mai 2000 jeweils befristet für ein Jahr auf der Grundlage der §§ 97 ff. AFG bzw. § 218 Abs. 1 Nr. 3 SGB III bei dem beklagten Arbeitgeber beschäftigt. Mit Bescheid vom 30. Mai 2000 wurde von dem zuständigen Arbeitsamt erneut ein Eingliederungszuschuss für ältere Arbeitnehmer gem. §§ 217 ff. SGB III für die Zeit vom 1. Juni 2000 bis zum 31. Mai 2001 gewährt. Daraufhin schlossen die Parteien am 31. Mai 2000 einen für diesen Zeitraum befristeten Arbeitsvertrag.

 

Der Arbeitsvertrag wurde nicht mehr verlängert. Der Arbeitnehmer machte deshalb mit einer Entfristungsklage die Unwirksamkeit der Befristung geltend und verlangte seine Weiterbeschäftigung.

 

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat hingegen die Klage abgewiesen.

 

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgericht:

 

Das Bundesarbeitsgericht hat die Befristung aufgrund des Eingliederungszuschusses für unwirksam erklärt und damit die Entscheidung des Arbeitsgerichts bestätigt. Allerdings waren noch einige Tatsachen aufzuklären, so dass der Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen wurde.

 

I. Sinn und Zweck der Vorgängerregelung des § 97 AFG

 

Die Bundesanstalt für Arbeit konnte nach der zum Ende 1997 außer Kraft getretenen Bestimmung in § 97 AFG Arbeitgebern zu den Lohnkosten älterer Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen Zuschüsse gewähren, sofern sie zusätzlich eingestellt und beschäftigt wurden. Gefördert wurden nur Arbeitnehmer, die dem Arbeitgeber vom Arbeitsamt zugewiesen wurden. Ferner wurden Zuschüsse nur gewährt für Arbeiten, die sonst nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt worden wären. Die Regelungen in den §§ 91 ff. AFG dienten daher der zumindest zeitweiligen Beschaffung zusätzlicher Arbeitsplätze und der Eröffnung wenigstens vorübergehender Beschäftigungsmöglichkeiten für leistungsschwächere Arbeitnehmer. Dies rechtfertigte nach der alten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Befristung des Arbeitsvertrages mit dem zugewiesenen Arbeitnehmer für die Dauer der Förderung.

 

II. Eingliederungszuschüsse verfolgen andere Zwecke

 

Im Gegensatz zu der Förderung nach den außer Kraft getretenen §§ 91 ff. AFG ist hingegen die Eingliederung von Arbeitnehmern nach den §§ 217 ff. SGB III keine Maßnahme der Arbeitsbeschaffung. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sind nunmehr in den §§ 260 ff. SGB III geregelt.

 

Die Förderung nach §§ 217 ff. SGB III setzt damit nicht voraus, dass der Arbeitnehmer zusätzlich eingestellt und beschäftigt wird. Sie dient daher weder der Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze und Beschäftigungsmöglichkeiten, noch der Finanzierung von Arbeitsplätzen. Die Förderung wird vielmehr nach § 217 Satz 1 SGB III zum Ausgleich von Minderleistungen gewährt. Dementsprechend richten sich Dauer und Höhe der Förderung nach dem Umfang der Minderleistung des Arbeitnehmers und den jeweiligen Eingliederungserfordernissen. Dies gilt insbesondere auch für die Eingliederung älterer Arbeitnehmer nach § 218 Abs. 1 Nr. 3 SGB III.

 

Mit dieser Zwecksetzung rechtfertigt die Gewährung eines Eingliederungszuschusses die Befristung des Arbeitsvertrages nicht. Die Förderung nach den §§ 217 ff. SGB III hindert nämlich den Arbeitgeber nicht, den Arbeitnehmer auf einen Dauerarbeitsplatz einzusetzen, der ohnehin besetzt worden wäre. Damit wurden aber durch die Vorschriften keine eigenständigen Befristungsmöglichkeiten geschaffen. Der Förderzweck besteht allein darin, dem Arbeitgeber einen Ausgleich dafür zu gewähren, dass er einen Arbeitnehmer einstellt, der vorübergehend keine vollwertige Leistung erbringt.

 

Fazit:

 

Trotz der auf den ersten Blick gleichen Sachlage kann auch die alte Rechtsprechung des BAG zu den §§ 91 ff. AFG nicht mehr zurückgegriffen werden. Die Gewährung eines Eingliederungszuschusses für ältere Arbeitnehmer ist kein Sachgrund für eine Befristung. Dies deckt sich mit der allgemeinen Befristungsrechtsprechung, wonach allein die Abhängigkeit von Zuschüssen und Haushaltsmitteln kein Sachgrund für die Befristung von Arbeitsverträgen darstellt. Denn die Unsicherheit der finanziellen Entwicklung ist nach der Rechtsprechung ein typisches Unternehmerrisiko, das nicht auf die Arbeitnehmer abgewälzt werden kann.

 

Unberührt bleibt aber stets die Möglichkeit, einen Arbeitnehmer auch ohne Sachgrund erstmalig einzustellen, sofern die entsprechenden Voraussetzungen des TzBfG im Einzelfall erfüllt sind.

 

Verfasser: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Nicolai Besgen

 

 

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