In seinem jetzt veröffentlichten Urteil vom 5. Juli 2001 (I ZR 311/98) hat der BGH wichtige Klarstellungen im Interesse aller Pressefotografen getroffen, die auch in der Werbebranche Auswirkungen zeigen dürften.

Hintergrund war eine Auseinandersetzung von 63 Fotografen, deren Bilder ohne ihre Zustimmung auch auf der Jahres-CD-ROM des Nachrichten-Magazins „DER SPIEGEL“ verbreitet wurden. Die Parteien stritten darüber, ob „DER SPIEGEL“ berechtigt war, zusätzlich zu einer seit Anfang der achtziger Jahre angebotenen Mikrofiche-Ausgabe die in der Vergangenheit im SPIEGEL veröffentlichten Fotografien erneut als CD-ROM-Jahrgangsausgaben zu verbreiten. Die Klage zielte ab auf nachträgliche – im Wege der Lizenzanalogie berechnete – Urhebervergütungen und Unterlassung.

Der BGH gab der Klage mit folgender zusammengefasster Begründung statt.

  • Das einem Verlag eingeräumte Recht, Fotografien abzudrucken, erstreckt sich nicht auf eine später erschienene CD-ROM-Ausgabe der Jahrgangsbände der Zeitschrift.
  • Betroffene Fotografen können Unterlassung der ungenehmigten Verwertung ihrer Werke oder Leistungen verlangen.
  • Die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs ist selbst dann keine unzulässige Rechtsausübung, wenn der betroffene Fotograf aufgrund vertraglicher Treuepflichten verpflichtet gewesen wäre, einer Nutzung seiner Fotografien für die CD-ROM-Ausgabe zuzustimmen.
  • Auch die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruch im Wege der Lizenzanalogie, führt selbst bei erfolgter Zahlung nicht zum Abschluss eines Lizenzvertrags und damit auch nicht zur Einräumung eines Nutzungsrechts.
  • Für dieses Ergebnis spielt es keine Rolle, ob die CD-ROM – Nutzung eine „neue Nutzungsart“ ist, oder bei Rechteübertragung eine schon bekannte Nutzungsart war.

Im Einzelnen führt der BGH zur Rechteübertragung aus, dass sich der Umfang der dem Verlag eingeräumten Nutzungsrechte nach dem mit der Einräumung verfolgten Zweck (§ 31 Abs. 5 UrhG) bestimmt, wenn keine ausdrückliche Rechteeinräumung auch für die Nutzung auf CD-ROM vorliegt. Dieser Zweckübertragungsgedanke besagt im Kern, dass der Urheber in Verträgen über sein Urheberrecht im Zweifel Nutzungsrechte nur in dem Umfang einräumt, den der Vertragszweck unbedingt erfordert. In dieser Auslegungsregel komme zum Ausdruck, dass die urheberrechtlichen Befugnisse die Tendenz haben, soweit wie möglich beim Urheber zu verbleiben, damit dieser in angemessener Weise an den Erträgnissen seines Werkes beteiligt wird. Dies bedeutet, dass im allgemeinen nur die jeweiligen Nutzungsrechte stillschweigend eingeräumt sind, durch welche die Erreichung des Vertragszwecks ermöglicht wird.

Danach schied im Streitfall eine Einräumung der Rechte der Fotografen für die CD-ROM-Nutzung aus. Denn die Frage, ob der Urheber, der einem Zeitschriftenverlag Nutzungsrechte einräumt, dabei auch Rechte einer CD-ROM-Nutzung vergibt, könne nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls beantwortet werden. Ein wissenschaftlicher Autor mag häufig an einer möglichst weitreichenden Verbreitung seiner Beiträge interessiert sein und auf eine Honorierung nur in zweiter Linie Wert legen. Dagegen ist der Journalist oder Fotograf, der seinen Beitrag oder seine Bilder einer Zeitschrift zur Veröffentlichung überlässt, im allgemeinen auf das Honorar angewiesen. Dementsprechend stellt sich auch die Frage einer CD-ROM-Nutzung in beiden Fällen in unterschiedlicher Weise. Während im Falle des wissenschaftlichen Autors eher angenommen werden kann, dass sich der Zweck der Rechtseinräumung auch auf eine solche Nutzung richtet, muss bei freiberuflich tätigen Journalisten und Fotografen davon ausgegangen werden, dass sie über eine Nutzung, die einen eigenen wirtschaftlichen Ertrag verspricht, gesondert verhandeln wollen, um auf diese Weise sicherzustellen, dass sie an einer zusätzlichen wirtschaftlichen Verwertung ihrer Leistung angemessen beteiligt werden.

 

Im Hinblick auf den in § 11 Abs. 2 UrhWG enthaltenen Abschlusszwang [„Kommt eine Einigung über die Höhe der Vergütung für die Einräumung der Nutzungsrechte oder Erteilung der Einwilligungen nicht zustande, so gelten die Nutzungsrechte als eingeräumt oder die Einwilligungen als erteilt, wenn die von der Verwertungsgesellschaft geforderte Vergütung unter Vorbehalt an die Verwertungsgesellschaft gezahlt oder zu ihren Gunsten hinterlegt worden ist“] stellt der BGH fest, dass sich aus dem ohne Rücksicht hieraus geltend gemachten Unterlassungsbegehren dennoch keine unzulässige Rechtsausübung der Fotografen ergibt. Denn auch wenn ein solcher Anspruch grundsätzlich zu bejahen sein sollte, berührt dies den Unterlassungsanspruch im Falle einer ohne Zustimmung erfolgten Nutzung nicht.

Bestände ein Anspruch auf Zustimmung, so handelte es sich dabei der Sache nach um eine Zwangslizenz. Griffe dann noch der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung, liefe das auf eine gesetzliche Lizenz hinaus, die im Gesetz streng von den Fällen der Zwangslizenz getrennt ist und die den Urheber in eine deutlich ungünstigere Position versetzt, weil er seinen Vergütungsanspruch nach erfolgter Nutzung seines Werkes geltend machen muss, statt – wie im Falle der Zwangslizenz – die Erteilung der Zustimmung von der Zahlung der geschuldeten Vergütung abhängig machen zu können. Nach § 11 Abs. 2 UrhWG gilt für den Fall, dass sich die Parteien nicht über die Höhe der Vergütung einigen, das Nutzungsrecht als eingeräumt, wenn die geforderte Vergütung unter Vorbehalt gezahlt oder zugunsten des Berechtigten hinterlegt worden ist. Die Bestimmung zeigt, dass das Gesetz dem Urheber in Fällen der Zwangslizenz eine Verhandlungsposition einräumt, die ihm bei der gesetzlichen Lizenz nicht zukommt. Geht es dem Kläger bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs um die Wahrung dieser gesetzlichen Position, kann dem nicht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen.

Der BGH erteilt auch der Auffassung eine Absage, dass der Verletzte, der seinen Schaden im Wege der Lizenzanalogie berechnet, den Unterlassungsanspruch verliert, sobald die geforderte Lizenzgebühr gezahlt ist. Bei der Lizenzanalogie handelt es sich um eine Form des Schadensersatzes, die nicht etwa zum Abschluss eines Lizenzvertrages und daher auch nicht zur Einräumung eines Nutzungsrechtes führt.

Es ist zu erwarten, dass dieses Urteil auch Folgewirkungen für andere Inhaber von Urheberrechten entfalten wird, beispielsweise für Fotomodelle und ihre Agenturen im Rahmen von Werbefotografien. Auch dort stellt sich regelmäßig die Frage, ob durch die Rechteübertragung zur werblichen Nutzung von Fotografien in Katalogen, Broschüren oder Plakaten eine Rechteübertragung zur Nutzung auf Werbe-CD-ROM mit umfasst ist. Nach den Grundsätzen des vorliegenden BGH-Urteils  kann davon nicht mehr ausgegangen werden, so dass auch dort eine zusätzliche Vergütung verlangt werden kann.

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