Die Entscheidung über den Abschluss eines Mietvertrages hängt häufig – neben subjektiven Kriterien – von Umständen wie Lage, Schnitt oder Flächenzahl ab. Während Lage und Schnitt auf den ersten Blick beurteilt werden können, muss sich bei der Flächengröße der Mieter in der Regel auf die Angaben des Vermieters verlassen. Eine wichtige Rolle spielt die Flächenzahl vor allem zur Beurteilung des Mietpreises (Miete pro m²) in Nebenkostenabrechnungen oder bei Mieterhöhungen im späteren Mietverhältnis. Regelt der Mietvertrag nichts Anderes, dann werden die Nebenkosten auf den Mieter nach der gemieteten Fläche im Verhältnis zur Gesamtfläche umgelegt.

Von Bedeutung ist das Thema „Fläche“ zunächst vor allem in Wohnmietverhältnissen. Mieterhöhungen im preisfreien Wohnraum erfolgen nach der ortsüblichen Durchschnittsmiete pro Quadratmeter. In einigen qualifizierten Mietspiegeln ist die Größe der Wohnung ein Wohnwertkriterium, sodass sich die tatsächliche Fläche werterhöhend auswirken kann. Die tatsächliche Flächenzahl ist somit für viele Fragen des Mietverhältnisses wichtig.


Beim Abschluss eines Mietvertrages spielt die Flächenzahl in Nebenkostenabrechnungen oder bei Mieterhöhungen eine wichtige Rolle. 

Ab wann gilt eine Flächenabweichung als berechtigter Mangel?

Wenig wundert es, dass es schnell zu Streitigkeiten um die angemietete Fläche kommt, wenn der Mieter feststellt, dass die Flächenangaben des Vermieters nicht stimmen. Besonders ärgerlich ist es, wenn die tatsächlich zur Verfügung gestellte Fläche ein gutes Stück kleiner ist als die Angabe im Mietvertrag. Häufig will der Mieter dann weniger Miete zahlen oder eine Korrektur des Umlageschlüssels in den Nebenkostenabrechnungen erreichen, während sich der Vermieter gegen die geltend gemachte Reduzierung der Miete zu wehren versucht. Aus gutem Grund fragt der Mieter hier, was er unternehmen kann und ob Flächenabweichungen zu einer Minderung der Miete berechtigen.

In den vergangenen Jahren hat sich zu dieser Frage eine gefestigte Rechtsprechung gebildet, wonach ein – zur Minderung berechtigender – Mangel erst dann vorliegen soll, wenn die tatsächliche Fläche um mehr als 10 Prozent von der im Mietvertrag genannten Fläche abweicht (BGH NJW 2004, 1947). Vor der soeben zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2004 war es umstritten, ob der Mieter nicht nur eine Abweichung von mehr als 10 Prozent, sondern zusätzlich noch darlegen musste, dass die Mietsache infolge der Flächendifferenz zum Gebrauch untauglich geworden ist. In jenem Urteil hatte der BGH entschieden, dass eine erhebliche Flächenabweichung bereits eine tatsächliche Vermutung für eine Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit darstellt und der Mieter daher dies nicht mehr gesondert belegen muss.

Flächendefinition im Gewerbemietverhältnis

Aber auch im Gewerbemietrecht wird diese Rechtsprechung angewendet, und zwar immer dann, wenn im Mietvertrag keine besondere Regelung über den vertraglich geschuldeten Flächenumfang der Mietsache enthalten ist. Während im Wohnraummietrecht die Wohnflächenverordnung oder die II. Berechnungsverordnung (eine Vorschrift aus dem Betriebskostenrecht) Anwendung finden, fehlt dem Gewerbemietrecht eine gesetzliche Regelung zur Berechnung der Fläche. Dort können unterschiedliche Flächenmaßstäbe vereinbart werden, solange nur die angewendete Methode der Flächenermittlung rechtlich zulässig und anerkannt ist. Es liegt im Interesse des Mieters, nicht nur die Flächengröße, sondern auch ihre Berechnungsweise im Mietvertrag regeln zu lassen. Üblicherweise wird in Gewerbemietverträgen die DIN 277 herangezogen. Wenn man sich auf sie bezieht, muss man im Mietvertrag auch angeben, welche Flächendefinition gelten soll. Auch kann die Berechnung nach der von der Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung e.V. (gif) vorgeschlagenen Rechenweise erfolgen.

In diesen Fällen ist es erforderlich, dass die Berechnungsgrundlage in einer Anlage zum Mietvertrag erläutert wird. Wenn in Gewerbemietverhältnissen die Fläche klar definiert und zur Soll-Beschaffenheit erhoben wurde, kann der Mieter bei Abweichungen die Miete mindern. Um dieses Risiko auszuschließen, bestehen die meisten Vermieter auf die Vereinbarung eines Minderungsausschlusses bei Flächenabweichung (eher noch: bei Mängeln grundsätzlich), was in der Gewerbemiete üblich und in bestimmten Grenzen zulässig ist. Durch derartige Klauseln werden jedoch Rückforderungsrechte des Mieters aus zu viel gezahlter Miete nicht ausgeschlossen. Deswegen wollen Gewerbevermieter am liebsten überhaupt keine konkreten vertraglichen Angaben zur Größe der Mietsache machen. Der Mietgegenstand soll sich vielmehr aus dem Mietvertrag beigefügten Lageplänen und Skizzen ergeben. Die Problematik der Flächenzahl stellt sich erneut, wenn Nebenkostenvorauszahlungen vereinbart wurden und über sie nach Flächenzahl abgerechnet wird.

Auch bei der Frage, ob und wie sich Flächenabweichungen auf die Betriebskostenabrechnung auswirken, wurde bislang auf das Kriterium der Abweichung von 10 Prozent abgestellt. Der BGH entschied im Jahr 2007 (NJW 2008, 142), dass der Abrechnung von Betriebskosten die vertraglich vereinbarte Mietfläche zugrunde zu legen ist, wenn diese nicht mehr als 10 Prozent von der tatsächlichen Wohnfläche abweicht.

Hieran hält allerdings der BGH seit einer im Mai 2018 ergangenen Entscheidung nicht mehr fest. In dem Urteil vom 30.05.2018 – VIII ZR 220/17 – (WuM 2018, 425) wurde – für einen Wohnraumfall – entschieden, dass die Betriebs- und Heizkosten nach den tatsächlichen Gegebenheiten und nicht nach den von subjektiven Vorstellungen geprägten Mietvertragsvereinbarungen zur Fläche abzurechnen sind. Damit ist jede Abweichung der tatsächlichen Fläche von der vertraglich vereinbarten Fläche für eine Betriebskostenabrechnung von Relevanz. Betriebskosten für ein Mietobjekt werden einheitlich nach objektiven Abrechnungsmaßstäben erfasst. Wenn das so ist, besteht bei der Umlage der entstandenen Betriebskosten kein Raum für subjektive, individuelle und voneinander abweichende Mietvertragsvereinbarungen. Sofern und soweit Betriebskosten nach gesetzlichen Vorgaben (vgl. etwa § 556a Abs. 1 BGB, § 7 Abs. 1 HeizkostenV) ganz oder teilweise nach Flächenanteilen umgelegt werden, geht es daher im Allgemeinen um den tatsächlichen Flächenanteil der jeweils betroffenen Wohnung an der tatsächlich vorhandenen Gesamtwohnfläche.

Das soeben zitierte Urteil ist zu einem Sachverhalt aus dem Wohnmietrecht ergangen. Noch ist fraglich, ob diese Rechtsprechung auch auf Nebenkostenabrechnungen in Gewerbemietverhältnissen Anwendung finden wird, da dort die Art der Flächenberechnung in Abweichung von der Wohnflächenverordnung erfolgen darf. Die vom BGH neu aufgestellten Grundsätze dürften jedenfalls dann auf Gewerbemietverträge Anwendung finden, wenn dort eine bestimmte Fläche und ihre Berechnungsart klar definiert wurden. Der Vermieter kann diese Problematik nur dadurch umgehen, dass er von vornherein die Zahlung von Nebenkostenpauschalen vereinbart.

Falls die tatsächliche Fläche Ihrer Räume von der vertraglichen Vereinbarung abweicht und Sie wissen möchten, ob Sie hiergegen vorgehen möchten, sprechen Sie uns bitte an!

Autor

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