27.08.2018

Am 1. Juli 2018 ist das neue Gesetz zur Regelung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung bei heterologer Verwendung von Samen vom 17. Juli 2017 in Kraft getreten. Die bisherige Gesetzeslage war den Herausforderungen im Bereich der Samenspende schon lange nicht mehr gewachsen

Die bisherige Rechtslage

Lediglich in § 1600 Abs. 5 BGB a.F. war geregelt, dass die Anfechtung der Vaterschaft ausgeschlossen sei, wenn Mann und Frau in die Samenspende eines Dritten eingewilligt hatten. Weitere gesetzliche Regelungen gab es im Bereich der Samenspende nicht. Es wurde somit den Gerichten überlassen, die Probleme der Samenspende zu bewältigen. Das größte Problem war hierbei der fehlende Anspruch des Kindes, das bei einer Samenspende gezeugt wurde, auf Auskunftserteilung über seinen biologischen Vater gegenüber einer „Samenbank“. Diesen Auskunftsanspruch musste sich das OLG Hamm (Urteil vom 6. Februar 2013 – I-14 U 7/12) und später der BGH (Urteil vom 28. Januar 2015 – XII ZR 201/13) aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG und den Grundsätzen von Treu und Glauben ableiten.

Auf der anderen Seite bestand für den Samenspender stets die latente Gefahr, als Vater gerichtlich festgestellt zu werden und somit die Unterhaltsverpflichtung für das durch seine Samenspende gezeugte Kind tragen zu müssen.


Künftig haben durch Samenspende bei einer ärztlich unterstützten Befruchtung gezeugte Kinder einen gesetzlichen Auskunftsanspruch gegenüber dem Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI).

Neuregelung durch das Samenspenderregistergesetz (SaRegG)

Auf diese Situation hat der Gesetzgeber durch das sogenannte „Samenspenderregistergesetz“ (SaRegG) jetzt mit zwei entscheidenden Neuregelungen reagiert:

Zum einen regelt der Gesetzgeber mit § 10 SaRegG erstmals ausdrücklich einen Auskunftsanspruch des durch eine Samenspende bei einer „Samenbank“ unter ärztlicher Betreuung gezeugten Kindes auf seine Abstammung. Diese Auskunft kann gegenüber einer neu geschaffenen zentralen Stelle begehrt werden. Die Bündelung von Informationen beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (kurz: DIMDI) soll die Durchsetzung der Auskunftsrechte des Kindes vereinfachen, da bisher jede Samenbank ihre eigenen Register führte.

Das Recht auf Kenntnis der Abstammung muss somit nicht mehr mühsam vor Gericht durchgesetzt werden. Künftig kann ein Kind, das vermutet, durch eine Samenspende bei einer ärztlich unterstützten Befruchtung gezeugt worden zu sein, gegenüber dem DIMDI einen Anspruch auf Auskunft aus dem Register geltend machen. Es kann davon ausgegangen werden, dass dieser Auskunftsanspruch nur für „offizielle“, bei einer Samenbank abgegebene Samenspenden gilt. Die im Rahmen dieser offiziellen Spende erhobenen Daten werden im Falle einer Geburt durch das DIMDI angefordert und registriert. Die Auskunft umfasst im Wesentlichen die personenbezogenen Daten des Spenders.

Vorgaben für vor dem 1. Juli 2018 erfolgte Samenspenden

Diese Regelung gilt zunächst nur für Spenden ab dem 1. Juli 2018. Das SaRegG sieht jedoch für die Fälle, in denen eine Spende bereits vorher erfolgt ist, aber bisher keine Abgabe bzw. Verwendung stattgefunden hat, Übergangsregelungen vor (vgl. § 13 Abs. 1 und 2 SaRegG). Für noch ältere Fälle (vgl. § 13 Abs. 3 und 4 SaRegG), in denen die Samenspende vor diesem Datum abgegeben bzw. verwendet wurde, setzt das SaRegG zumindest die Aufbewahrungsfrist für die noch vorhandenen personenbezogenen Daten, die dezentral bei Entnahmeeinrichtungen und Einrichtungen der medizinischen Versorgung gespeichert sind und es auch bleiben, auf 110 Jahre fest.

Zum anderen gilt ab dem 1. Juli 2018 nach dem neu eingefügten § 1600d Abs. 4 BGB zukünftig Folgendes: Spender von Samen an eine Samenbank können, wenn das hieraus entstandene Kind durch ärztlich unterstützte Befruchtung gezeugt wurde, nicht mehr (gerichtlich) als Vater festgestellt werden. Damit entfällt in diesen Fällen vor allem die Gefahr der Inanspruchnahme des Spendervaters – aber auch des Spenderkindes – in Unterhaltssachen, was nach dem Willen des Gesetzgebers zu einer erhöhten Spendebereitschaft führen soll. Durch diese Neuregelung kann erwartet werden, dass eine offizielle Samenspende an alleinstehende Frauen in Zukunft von ärztlicher Seite größere Zustimmung findet, da eine möglicherweise ungewollte Inanspruchnahme des Samenspenders nicht mehr zu befürchten ist. Eine Anerkennung der Vaterschaft bleibt daneben aber auch weiterhin möglich. Die neue Regelung des § 1600d Abs. 4 BGB gilt gemäß des neuen Art. 229 § 46 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) jedoch nicht bei einer Verwendung des Samens vor Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Juli 2018.

Einige Fragen bleiben weiterhin ungeklärt

Festzuhalten ist, dass das SaRegG, auch wenn es bedeutende Neuregelungen schafft, zu einigen wesentlichen Punkten schweigt:

So trifft das gesetzlich normierte Auskunftsrecht weiterhin keine Regelung für die Fälle der privaten Samenspende (z.B. in Form der sogenannten „Becherspende“). Gerade hier ist es jedoch für das Kind besonders mühevoll, an Informationen über seinen leiblichen Vater zu gelangen, da oftmals nicht klar ist, ob und wo entsprechende Informationen zu finden sind. Auch die Möglichkeit einer (gerichtlichen) Feststellung der Vaterschaft im Bereich privater Spenden wird durch das Gesetz weder für die Zukunft noch für die Vergangenheit ausgeschlossen.

Zugleich verbleibt auch nach Inkrafttreten des Gesetzes ein gewisses Risiko der Inanspruchnahme des Spendervaters (oder auch des Spenderkindes) für den Fall der Zeugung vor dem 1. Juli 2018 und einer anschließenden gerichtlichen Feststellung der Vaterschaft. Dies gilt nicht nur bei privaten Samenspenden, sondern auch bei einer offiziellen Spende über eine Samenbank mit ärztlich unterstützter Befruchtung vor diesem Datum. Dies ist vom Gesetzgeber ausdrücklich so gewollt. Denn nach seiner Auffassung würde anderenfalls bereits gezeugten oder geborenen Kindern rückwirkend ein möglicher rechtlicher Elternteil genommen werden.

Schwächen des Gesetzes sieht die rechtswissenschaftliche Literatur auch darin, dass ein Anspruch des Kindes gegen die „Wunscheltern“ auf Auskunft über die Tatsache der durch Samenspende herbeigeführten Zeugung nicht gesetzlich normiert wurde, obwohl dies einer möglichen Verschleierung dieser Tatsache entgegenwirken könnte. Auch die verbleibende dezentrale Speicherung von Altfällen wird teilweise als misslich erachtet, auch wenn die Aufbewahrungsfrist auf 110 Jahre festgesetzt wurde.

In dieser Rechtsmaterie kann auch in Zukunft mit Neuregelungen gerechnet werden. Insbesondere im Rahmen der nächsten größeren Reform des Abstammungsrechts dürften die aufgeworfenen Schwächen des Gesetzes zu diskutieren sein.

Nähere Informationen zum Auskunftsanspruch finden Sie auf der offiziellen Webseite des DIMDI. Den Gesetzestext finden Sie hier.

Dieser Beitrag ist unter Mitwirkung von Rechtsreferendar Yannick Schaeffer, LL.B. (Köln/Paris 1) entstanden.

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