Die EU-Erbrechtsverordnung, die im August 2015 in Kraft getreten ist, soll Fälle mit europäischem Bezug vereinheitlichen und vereinfachen. Wie die Praxis jedoch zeigt, sind längst nicht alle Fragen rund um deren Anwendung und das Europäische Erbrecht geklärt. Über eine Unklarheit hat nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) nach Vorlage durch das OLG Köln zu entscheiden:

Muss für den Antrag auf Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses das Formblatt verwendet werden, das nach der europäischen Durchführungsverordnung zur EU-Erbrechtsverordnung dafür vorgesehen ist?

Der Fall:

In dem Fall geht es um den Nachlass einer verstorbenen Kölnerin, die mit notariellem Testament eine kirchliche Einrichtung in Italien als Erbin eingesetzt hatte. Der Nachlass hat somit einen Auslandsbezug und die Erblasserin hatte Testamentsvollstreckung angeordnet.

Der von der Erblasserin bestimmte Testamentsvollstrecker beantragte ein sogenanntes Europäisches Nachlasszeugnis. Dieses Zeugnis dient dazu, den Status von Erben und Testamentsvollstrecker in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union nachzuweisen, sodass deren Befugnisse im Ausland leichter ausgeübt werden können. Der Testamentsvollstrecker hat sich jedoch geweigert, den Antrag auf Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses auf dem Formular einzureichen, das nach der Durchführungsverordnung dafür vorgesehen ist. Dies hatte erstinstanzlich zur Folge, dass das Amtsgericht — Nachlassgericht — Köln den entsprechenden Antrag auf Erteilung eines Europäischen Nachlasszeugnisses abgelehnte. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde hat der 2. Zivilsenat des OLG Köln dem EuGH die Frage vorgelegt, ob sich aus europäischem Recht der Zwang zur Benutzung des Formulars ergebe.


Formzwang ja oder nein? Der EuGH hat aktuell darüber zu entscheiden, ob im Rahmen der EU-Erbechtsverordnung zwingend ein Formblatt zu verwenden ist, das nach der europäischen Durchführungsverordnung dafür vorgesehen ist. 

Die Vorlage an den Europäischen Gerichtshof:

Nach der entsprechenden europäischen Durchführungsverordnung (Nr. 1329/2014) der Kommission ist für den Antrag auf Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses ein bestimmtes Formblatt zu verwenden. Die Durchführungsverordnungen stellen dabei sozusagen die „Gebrauchsanweisung“ für die EU-Verordnungen dar.

Die genannte Durchführungsverordnung sieht in Art. 1 Abs. 4 zwar die Benutzung des Formularblattes zwingend vor („ist … zu verwenden“), diese Verordnung dient aber lediglich der Durchführung der EU-Erbrechtsverordnung (Nr. 650/2012). Im Wortlaut des entsprechenden Artikels in der EU-Erbrechtsverordnung (Art. 65 Abs. 2) heißt es jedoch, dass das Formular verwendet werden „kann“.

Die EU-Erbrechtsverordnung spricht somit von einer Möglichkeit, dieses Formblatt zu verwenden. Demgegenüber sieht die Durchführungsverordnung zur Erbrechtsverordnung die Verwendung eines bestimmten Formblattes zwingend vor.

Es bleibt abzuwarten, wie der EuGH in Luxemburg in der Frage nach dem Formzwang entscheiden und die Kollision der EU-Erbrechtsverordnung mit ihrer Durchführungsverordnung lösen wird.

Fazit und Tipp für die Praxis:

Insgesamt sind im Zusammenhang mit der EU-Erbrechtsverordnung auch drei Jahre nach deren Inkrafttreten noch sehr viele Punkte ungeklärt. Die nun vorgelegte Frage und die erwartete Entscheidung des EuGH wird sicherlich richtungsweisend sein, inwiefern zukünftig mit Unklarheiten rund um die EU-Erbrechtsverordnung zu verfahren sein wird.

Um Streitigkeiten auszuschließen und Ihr Testament ganz nach Ihren Wünschen zu gestalten, bietet es sich in jedem Fall an, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Sprechen Sie uns an, wir beraten Sie auch im europarechtlichen Erbrechtskontext sehr gerne. 

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