13.06.2018

Über die Folgen des Scheiterns einer Ehe kursieren viele falsche Vorstellungen. Einige dieser falschen Annahmen halten sich so hartnäckig, dass sie in familienrechtlichen Auseinandersetzungen immer wieder auftreten – mit teilweise schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen. Hier die 10 häufigsten Irrtümer rund um Trennung und Scheidung:

1. Ich hafte für die Schulden meines Ehepartners.

Ehepartner haften nicht allein aufgrund der Tatsache, dass sie miteinander verheiratet sind, für die Schulden des anderen. Vielmehr haften Ehepartner nur dann gemeinsam für Schulden, wenn sie die Verbindlichkeiten auch gemeinsam eingegangen sind oder sich für die Schulden des anderen verbürgt haben. Ausgenommen hiervon ist der Erwerb von Haushaltsgegenständen.

2. Uns gehört alles gemeinsam.

Wenn Ehepartner keinen Ehevertrag schließen, leben sie im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Dieser Begriff ist irreführend, da tatsächlich nicht automatisch gemeinsames Eigentum entsteht, sondern nur dann, wenn Ehepartner es gemeinsam erwerben. Es bleibt also jeder Eigentümer des von ihm in die Ehe gebrachten oder während der Ehe erworbenen Vermögens. Am Ende der Ehe wird lediglich das während der Ehe hinzugewonnene Vermögen ausgeglichen.


Über die finanziellen Regelungen nach Trennung und Scheidung kursieren viele hartnäckige Gerüchte – mit teilweise schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen.  

3. Erbschaften fallen nicht in den Zugewinn.

Der Zugewinn wird berechnet, indem ermittelt wird, um wieviel höher das Endvermögen eines Ehegatten ist als sein Anfangsvermögen. Die Differenz zwischen dem jeweiligen Zugewinn ist dann auszugleichen. Anders als viele annehmen, werden auch Erbschaften oder Schenkungen von dritter Seite bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs berücksichtigt. So werden Erbschaften mit ihrem aktuellen Wert dem Endvermögen ebenso wie dem sog. privilegierten Anfangsvermögen zum Zeitpunkt ihres Anfalles zugerechnet. Tatsächlich unterfällt so die Wertstei-gerung einer Erbschaft dem Zugewinn und ist somit mit dem anderen Ehepartner zu teilen. Beispielsweise bei der Entwicklung der Immobilienpreise in den vergangenen Jahren kann der Wertzuwachs ganz erheblich sein.

4. Wenn wir unser Vermögen bei Trennung teilen, ist alles erledigt.

Viele Ehepartner meinen es gut und sparen sich die Kosten für einen Anwalt, wenn sie nach einer Trennung ihr Vermögen hälftig teilen. Sie gehen davon aus, dass damit alles erledigt ist. Tatsächlich ist der Stichtag für die Berechnung des Endvermögens nicht der Tag der Trennung, sondern der Tag, an dem der Scheidungsantrag zugestellt wird. In der Regel geschieht dies rund ein Jahr nach der Trennung. Wenn die Eheleute nun also ihr Vermögen aufgeteilt haben und einer der Partner (ohne Schädigungsabsicht) alles ausgibt (beispielsweise für Reisen, Umzug etc.) oder es sich einfach gut gehen lässt, während der andere sein Vermögen gewinnbringend anlegt, so wird Letzterer sein Vermögen ggf. über den Zugewinnausgleich nochmals mit dem ausgabefreudigeren Ehepartner teilen müssen.

5. Ein Jahr nach unserer Trennung werden wir automatisch geschieden.

Eine Ehe kann nur geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. Voraussetzung hierfür ist mindestens, dass die Eheleute ein Jahr getrennt voneinander leben und die Ehe für gescheitert halten. Da die Scheidung nur durch ein Gericht ausgesprochen werden kann, muss einer der Ehepartner einen Scheidungsantrag stellen. Das Gericht wird dann prüfen, ob die Scheidungsvoraussetzungen vorliegen. Von Amts wegen regelt das Gericht ansonsten nur die Aufteilung der während der Ehe erzielten Versorgungsanwartschaften. Sonstige Folgesachen, wie beispielsweise Fragen des Unterhalts, Zugewinnausgleichs- und Vermögensauseinandersetzung, regelt das Gericht nur dann, wenn ein Ehegatte dies beantragt. Geschieden wird eine Ehe erst dann, wenn alle Folgesachen entscheidungsreif sind.

6. Nach der Scheidung gibt es keinen Unterhalt mehr.

Seit der Unterhaltsreform 2008 gehen viele davon aus, dass es nach der Scheidung oder ggf. sogar schon nach der Trennung keinen Unterhaltsanspruch mehr gibt. Dies ist falsch! Auch nach einer Scheidung gibt es noch Unterhalt, wenn ein Ehegatte seinen Bedarf nicht durch eigenes Einkommen decken kann, etwa, weil er ein gemeinsames Kind betreut, nicht genug verdient, keinen Job findet, krank ist oder seine Ausbildung erst beenden muss.

7. Unterhalt gibt es nur bis zum 3. Geburtstag eines Kindes.

Unterhalt wegen Betreuung eines gemeinsamen Kindes gibt es auf jeden Fall während der ers-ten drei Lebensjahre des Kindes. Danach gibt es auch weiterhin Unterhalt, wenn neben der Betreuung eines oder mehrerer Kinder eine Vollzeittätigkeit nicht möglich ist. Dies muss dann im Einzelnen dargelegt werden.

8. Beim Wechselmodell gibt es keinen Kindesunterhalt.

Immer mehr Eltern betreuen ihre Kinder zu annähernd gleichen Teilen. Tatsächlich schulden Eltern aber auch bei Betreuung der Kinder im sog. paritätischen Wechselmodell Barunterhalt. Die Höhe wird entsprechend ihren Einkommensverhältnissen prozentual berechnet.

9. Wir können einen gemeinsamen Anwalt nehmen.

Der wahrscheinlich häufigste Irrtum ist der des „gemeinsamen Anwalts“ im Scheidungsverfahren. Ein Anwalt darf niemals widerstreitende Interessen vertreten. Da die Interessen von getrennten Eheleuten zumindest potentiell immer widerstreitend sind, darf ein Anwalt auch nicht beide Ehepartner vertreten. Es ist zwar ausreichend, wenn einer der Ehepartner in einem Scheidungsverfahren anwaltlich vertreten ist; der andere ist dann allerdings nicht vertreten.

10. Unser Scheidungsverfahren richtet sich nach unserem Heimatrecht.

Was tatsächlich viele nicht wissen: Das Scheidungsrecht richtet sich aufgrund europäischer Verordnungen grundsätzlich nach dem Recht desjenigen Staates, in dem die Eheleute ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder zuletzt hatten. Dasselbe gilt ggf. für den Versorgungsausgleich, Unterhaltsansprüche und Kindschaftssachen. Möchten Eheleute, die beispielsweise nur aus beruflichen Gründen vorübergehend in ein anderes Land ziehen, vermeiden, dass im Falle der Trennung und ggf. Scheidung das dortige Recht Anwendung findet, müssen sie eine Rechtswahlvereinbarung treffen, die notariell beurkundet werden muss.

Diese Irrtümer im Familienrecht lassen sich vermeiden. Lassen Sie sich im Falle einer (geplanten) Trennung frühzeitig anwaltlich beraten.

Autorin

Bild von  Marie Baronin v. Maydell
Partnerin
Marie Baronin v. Maydell
  • Rechtsanwältin
  • Fachanwältin für Familienrecht
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