16.07.2017 -

Die Regelung von personellen Einzelmaßnahmen, insbesondere Versetzungen, ist in den §§ 99 ff. BetrVG geregelt. Das Gesetz enthält konkrete Zustimmungsverweigerungsgründe in § 99 Abs. 2 BetrVG und gibt dem Betriebsrat eine Wochenfrist zur Zustimmungsverweigerung vor, § 99 Abs. 3 BetrVG. Zudem enthält das Gesetz eine Zustimmungsfiktion für den Fall der fehlenden Mitteilung an den Arbeitgeber innerhalb dieser Wochenfrist.

Der 1. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat nun in einem aktuellen Beschluss klargestellt, dass die Zustimmungsverweigerungsgründe im Rahmen einer freiwilligen Betriebsvereinbarung durchaus erweitert werden können (23.08.2016 – 1 ABR 22/14). Allerdings bestehen Grenzen im Hinblick auf das gesetzlich geregelte Verfahren. Wir möchten die Kernaussagen der Entscheidung hier vorstellen. Auf die Wiedergabe des sehr speziellen Sachverhalts wird verzichtet.

I. Erweiterung Zustimmungsverweigerungsgründe
Die Betriebsparteien können durch eine freiwillige Betriebsvereinbarung regeln, dass der Betriebsrat bei einer Verweigerung seiner Zustimmung zu einer Versetzung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG auch Gründe anführen kann, die nicht in § 99 Abs. 2 BetrVG genannt sind.

II. Nennung von Gründen erforderlich
Der Betriebsrat muss aber auch bei einer Erweiterung etwaiger Zustimmungsverweigerungsgründe im Falle der Zustimmungsverweigerung konkret benennen, worauf er diese Verweigerung stützt. Die gesetzliche Systematik des § 99 Abs. 2 BetrVG verlangt, dass bei einer Zustimmungsverweigerung der Betriebsrat hierzu verpflichtet ist. Diese Verpflichtung kann auch im Falle einer erweiterten Mitbestimmung nicht aufgehoben werden. Dies würde in unzulässiger Weise den Verfahrensablauf, den der Gesetzgeber vorgegeben hat, verändern.

III. Keine Aufhebung der Fristen möglich
Die Ausgestaltung des gesetzlichen Verfahrens erfolgt auch aus den in § 99 Abs. 3 BetrVG vorgegebenen Fristen. Diese beinhalten eine Rückmeldung an den Arbeitgeber innerhalb von einer Woche und eine Zustimmungsfiktion im Falle der Nichteinhaltung dieser Frist. Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu klargestellt, dass die Betriebsparteien zwar die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verlängern dürfen. Sie dürfen aber diese Frist nicht gänzlich aufheben. Eine solche Vereinbarung würde die mit der Zustimmungsfiktion verbundene gesetzliche Grundentscheidung für ein beschleunigtes innerbetriebliches Verfahren und die Konkretisierung des gerichtlichen Prüfungsumfangs aus vom Betriebsrat rechtzeitig geltend gemachten Zustimmungsverweigerungsgründen missachten.

Fazit:
Eine Erweiterung der Mitbestimmung im Rahmen einer freiwilligen Betriebsvereinbarung ist im Hinblick auf die Zustimmungsverweigerungsgründe des § 99 Abs. 2 BetrVG durchaus zulässig. Auch im Übrigen sind die Betriebspartner berechtigt, sich wechselseitig mehr Rechte einzuräumen. Allerdings dürfen gesetzliche Grundentscheidungen nicht vollständig aufgehoben werden. Dies betrifft vor allem die Fristen und die Benennung von Zustimmungsverweigerungsgründen. Diese Vorgaben sind bei dem Abschluss von freiwilligen Betriebsvereinbarungen, mit denen die Mitbestimmung erweitert werden soll, zwingend zu beachten.

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