19.05.2015 -

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die Krankenhauseinweisungs-Richtlinie neu gefasst. Sie ist am 30. April 2015 in Kraft getreten. Die beschlossene Richtlinie regelt die Verordnung stationärer Krankenhausbehandlung durch Vertragsärztinnen und Vertragsärzte.

Problemaufriss:

Bislang beschränkte die Krankenhauseinweisungs-Richtlinie die vertragsärztlichen Prüfpflichten hinsichtlich der stationären Einweisung auf vier abschließend aufgezählte ambulante Behandlungsalternativen. Der G-BA hat nun den Umfang der Einrichtungen, in denen eventuell ambulant behandelt werden könnte und damit den Prüfungsaufwand für die Ärzteschaft deutlich erweitert. Die Richtlinie wirft zudem die Frage auf, ob sich der Vertragsarzt auf die ihm bekannten Behandlungsalternativen beschränken darf oder ob ihn eine weitergehende Prüfpflicht trifft.

Die Richtlinie:

In § 3 der Richtlinie werden nunmehr zwölf ambulante Leistungserbringer benannt, die im Rahmen der Abwägung bedacht werden müssen. Demnach muss die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt abwägen, ob eine ambulante Weiterbehandlung beispielsweise durch:

a) eine weitere Vertragsärztin oder einen weiteren Vertragsarzt mit entsprechender Zusatzqualifikation oder eine Schwerpunktpraxis,

b) eine Notfallpraxis im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung,

c) eine oder einen in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung oder einer stationären Pflegeeinrichtung tätige Ärztin oder tätigen Arzt mit einer Ermächtigung zur ambulanten Behandlung (§ 116 SGB V),

d) ein Krankenhaus, das zur Durchführung ambulanter Operationen und sonstiger stationsersetzender Eingriffe zugelassen ist (§ 115b SGB V),

e) ein Krankenhaus, das zur ambulanten Behandlung bei Unterversorgung oder zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf zugelassen ist (§ 116a SGB V),

f) an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärztinnen und Ärzte sowie Krankenhäuser, die zur ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung zugelassen sind (§ 116b SGB V) oder Krankenhäuser, die zur ambulanten Behandlung nach § 116b Abs. 2 S. 1 in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung zugelassen sind,

g) Hochschulambulanzen bzw. psychiatrische/psychosomatische Institutsambulanzen oder Ambulanzen an Ausbildungsstätten (§§ 117 und 118 SGB V),

h) geriatrische Fachkrankenhäuser oder Allgemeinkrankenhäuser mit selbstständiger geriatrischer Abteilung im Hinblick auf ambulante geriatrische Versorgung sowie Krankenhausärztinnen oder Krankenhausärzte mit Ermächtigung zur ambulanten geriatrischen Behandlung (§ 118a Abs. 1 SGB V),

i) sozialpädiatrische Zentren oder Kinderspezialambulanzen (§§ 119, 116a i.V.m. § 120 Abs. 1a SGB V),

k) Einrichtungen der Behindertenhilfe (§ 119a SGB V),

l) Teilnahme an strukturierten Behandlungsprogrammen bei einer anderen Vertragsärztin, einem anderen Vertragsarzt oder in einem Krankenhaus (§ 137f i.V.m. § 137g SGB V) oder

m) einen Leistungserbringer im Rahmen von Verträgen zur integrierten Versorgung (§ 140a SGB V), soweit der verordnenden Vertragsärztin oder dem verordnenden Vertragsarzt bekannt,

ausreicht und dementsprechend eine stationäre Krankenhausbehandlung vermieden werden kann.

Hinweis für die Praxis:

Die Aufzählung der ambulanten Behandlungsalternativen ist beispielhaft, d.h. sie ist nicht abschließend zu verstehen. Deshalb muss die Verordnung einer Krankenhauseinweisung unter Berücksichtigung aller theoretisch denkbaren ambulanten Alternativen abgewogen werden. Unklar ist, wie weit die Pflicht zur Prüfung ambulanter Behandlungsalternativen reicht. Ob sich der Vertragsarzt lediglich auf die ihm bekannten Angebote beschränken darf, ist fraglich. Denn eine derartige Einschränkung findet sich in der Richtlinie nur für den Bereich integrierte Versorgung. Dies legt die Annahme nahe, dass der verordnende Arzt auch entsprechende Ermittlungen vornehmen muss. Bislang spielten zwar etwaige Pflichtverletzungen kaum eine Rolle. Das geplante GKV-Versorgungsstärkungsgesetz könnte das Ganze allerdings verschärfen. Denn der bisherige Gesetzentwurf zwingt die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen dazu, Prüfverfahren für sämtliche verordneten Leistungen – also auch Krankenhauseinweisungen – zu vereinbaren. Vor diesem Hintergrund ist es ratsam, seine Ermittlungsbemühungen zu dokumentieren, um diese im Falle eines Prüfverfahrens nachzuweisen.

Fazit:

Die im Zuge der Neufassung vorgenommene Verschärfung des Grundsatzes „ambulant vor stationär“ ist einiger Kritik ausgesetzt. Denn die Richtlinie erweitert den Pflichtenkreis der Vertragsärzte in erheblichem Umfang. Danach sind diese nun verpflichtet, vor einer Überweisung in ein Krankenhaus, mehr ambulante Behandlungsalternativen zu prüfen, als dies bisher der Fall war. Ferner ist noch ungeklärt, wie die Prüfpflichten praktisch umgesetzt werden sollen. So wird es für einen Vertragsarzt, insbesondere in Ballungszentren, schlicht unmöglich sein, sich Kenntnis von sämtlichen ambulanten Behandlungsmöglichkeiten zu verschaffen. Unmögliches wird man von den Vertragsärzten freilich nicht verlangen können.

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