04.11.2013 -

Die Zahnärztekammer Nordrhein hat auch in zweiter Instanz erfolgreich Unterlassungsansprüche gegen die Groupon GmbH geltend gemacht. Mit dieser – allerdings noch nicht rechtskräftigen – Entscheidung beziehen sich die Unterlassungsansprüche auf Werbung mit Rabatten und Festpreisen für zahnärztliche Leistungen in sämtlichen Kammerbereichen.

 

I. Sachverhalt

Die Groupon GmbH ist Betreiberin des gleichnamigen Internetportals, über das sie für verschiedene Städte so genannte „Deals“ d.h. Leistungen zu festgelegten, rabattierten Preisen durch den Kauf von Gutscheinen anbietet. Voraussetzung dafür ist, dass jeweils eine bestimmte Mindestanzahl von Käufern den angebotenen „Deal“ annimmt. Unter den angebotenen „Deals“ befanden sich auch Angebote für zahnärztliche Leistungen. Groupon bewarb im vorliegenden Fall auf ihrer Portalseite konkret eine Zahnreinigung, Bleaching- Leistung, kieferorthopädische Zahnkorrektur, Implantatversorgung, prothetische Versorgung und Zahnfüllung mit Rabatten von bis zu 90% und zu Festpreisen, indem sie potentiellen Kunden im Rahmen der „Deals“ entsprechende Gutscheine für eine festgelegte, begrenzte Laufzeit zum Kauf anbot. Erwarb der Kunde einen Gutschein konnte er diesen sodann beim anbietenden Zahnarzt einlösen. Grundlage für die Zahnarztwerbung auf dem Internetportal von Groupon waren zwischen der Groupon GmbH und den Zahnärzten als Leistungsanbieter geschlossene, eigenständige Kooperationsvereinbarungen. Auf Basis der Vereinbarungen wurden die zahnärztlichen Leistungen im Weiteren erbracht. Die Vereinbarungen sahen hierbei vor, dass die Zahnärzte im Falle der Behandlung eines Patienten 50 Prozent des rabattierten Preises als „Erfolgsprämie für die Kundengewinnung“ an die Groupon GmbH zu leisten hatten.

 

II. Die Entscheidung

Das Kammgericht Berlin hat in seinem Urteil auf die Berufung der Groupon GmbH und die Anschlussberufung der Zahnärztekammer Nordrhein die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Berlin (LG Berlin, Urteil vom 28.06.2012 – Az. 52 O 231/11) bestätigt und entschieden, dass die Werbung für zahnärztliche Leistungen mit Rabatten und zu Festpreisen über das Internetportal von Groupon wettbewerbswidrig ist. Das Kammergericht hat einen entsprechenden Unterlassungsanspruch gegenüber der Groupon GmbH bestätigt. Das Kammergericht Berlin stellt in seinem Urteil hinsichtlich eines etwaigen Unterlassungsanspruchs gegenüber der Groupon GmbH fest, dass die Zahnarztwerbung mit Rabatten und Festpreisen gegen die Bestimmungen der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) verstößt, weil die beworbenen Leistungen, mit Ausnahme des Bleachings, das im Gebührenverzeichnis für Zahnärzte nicht enthalten ist, u.a. die Mindestgebühren der GOZ unterschreiten. Diese Bestimmungen stellen Markverhaltensregeln im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb dar. Durch die Werbung sei die Grenze zu einem ruinösen Preiswettbewerb überschritten. Aufgrund ihres anpreisenden, reklamehaften Charakters verletze die beworbene Bleaching-Leistung das in den Berufsordnungen der Zahnärztekammern normierte Verbot berufswidriger Werbung. Als berufswidrig gilt nach den Berufsordnungen regelmäßig insbesondere anpreisende, irreführende, herabsetzende oder vergleichende Werbung, die für den Patienten keinen Informationswert hat. Über die Entscheidung des Landgerichts hinausgehend sieht das Kammergericht zudem in den mit den Zahnärzten getroffenen Kooperationsvereinbarungen und den in diesem Zusammenhang verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen, aufgrund der darin enthaltenen Vereinbarung der Zahlung einer „Erfolgsprämie für die Kundengewinnung“ an die Groupon GmbH, eine unzulässige Zuweisung von Patienten gegen Entgelt. Eine solche Vereinbarung gefährdet nach Auffassung des Kammergerichts regelmäßig die Unabhängigkeit des Zahnarztes und steht somit nicht im Einklang mit den Berufsordnungen der Zahnärztekammern.

 

III. Auswirkungen auf die Praxis

In der Praxis ist Vorsicht bei der Werbung mit zahnärztlichen Leistungen geboten. „Schnäppchenangebote“ in Form von Rabatten und Festpreisen über Internetprotale sind unzulässig. Solche Angebote sind nicht nur wettbewerbswidrig sondern verstoßen auch gegen das zahnärztliche Berufsrecht und können dem entsprechend geahndet werden. Weiterhin zulässig und davon abzugrenzen sind nach der Rechtsprechung des BGH (BGH NJW 2011, 2207 ff.; 2011, 2209 ff.)jedoch Konstellationen, in denen es um die Einholung einer zweiten Zahnarztmeinung über Plattformen im Internet geht. Hierbei können Patienten gegen eine geringe Gebühr den Heil- und Kostenplan ihres anonym bleibenden Zahnarztes zum Zwecke der Einholung von Vergleichsangeboten anderer Zahnärzte einstellen. Jene Zahnärzte können alternative Angebote anonymisiert abgeben, verpflichten sich jedoch gleichzeitig mit der Registrierung auf dem Portal, dem Portalbetreiber einen Anteil von 20% ihres Honorars zu zahlen, wenn mit dem Patienten tatsächlich ein Behandlungsvertrag zu Stande kommt. Der Patient bekommt von dem Portalbetreiber die drei günstigsten Kostenschätzungen zunächst anonymisiert zugesandt. Erst wenn sich der Patient für eine Schätzung entschieden hat, erhält er vom Portalbetreiber die entsprechenden Kontaktdaten des Zahnarztes. Diese Form der „Zahnarztwerbung“ ist zulässig. Der BGH sieht hier zahnärztlicherseits weder einen Verstoß gegen das berufsrechtliche Kollegialitätsgebot noch gegen das Verbot berufswidriger Werbung oder gar das Verbot der Zuweisung von Patienten gegen Entgelt. Bei der Einholung von Gegenangeboten handele es sich regemäßig nur um unverbindliche Kostenschätzungen und gerade nicht um verbindliche Festpreise. Der Betreiber der Internetplattform erhalte das Entgelt von den Zahnärzten laut BGH hier nicht als Provisionsleistung für die Patientenvermittlung, sondern lediglich für die Möglichkeit der Nutzung des Portals. Der BGH verweist in diesem Zusammenhang zudem auf die Berufsordnung, nach der es Zahnärzten grundsätzlich gestattet ist über ihre Tätigkeit sachlich zu informieren.

 

IV. Fazit

Das Urteil des Kammergericht Berlins ist zu begrüßen. Es steht im Einklang mit dem vom Verordnungsgeber verfolgten Ziel, mit der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) eine angemessene und leistungsgerechte Vergütung von zahnärztlichen Leistungen sicherzustellen. „Dumpingpreise“ stehen im Widerspruch zur GOZ und dem allgemeinen Interesse an einem funktionierenden Gesundheitssystem, in dem es primäres Ziel sein sollte für alle Wettbewerber die gleichen rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen.

Von RA Wolf Constantin Bartha und Rechtsreferendarin Stephanie Kostka

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