Im August des vergangenen Jahres ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu der Frage ergangen, unter welchen Voraussetzungen ein Mieter bei Abschluss eines gewerblichen Mietvertrages von sich aus darauf hinweisen muss, wie seine Geschäftstätigkeit im Einzelnen ausgestaltet ist (BGH, Urteil v. 11.08.2010 – XII ZR 192/08). In der fraglichen Entscheidung hatte ein Einzelhandelskaufmann ein Ladengeschäft in einem von Friedensreich Hundertwasser entworfenen Geschäftshaus in Magdeburg angemietet. Dabei hatte er die Vermieterin nicht darauf hingewiesen, dass ganz überwiegend Waren der Marke „Thor Steinar” angeboten würden. Der BGH bestätigte in seiner Entscheidung vom 11.08.2010 ein Recht der Vermieterin zur Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung, da das Warenangebot des Mieters nahezu ausschließlich rechtsradikalen Kreisen zugeordnet werden könne und der Verkauf entsprechender Waren in dem fraglichen Geschäftshaus geeignet sei, erhebliche wirtschaftliche Nachteile für die Vermieterin zu begründen.
Vor dem Hintergrund der vorstehenden Entscheidung ist nunmehr ein Urteil des OLG Köln in einer mehr oder minder vergleichbaren Fallkonstellation ergangen (OLG Köln, Urteil v. 12.11.2010 – 1 U 26/10). In dem aktuellen Fall hatte sich der Erste Zivilsenat des OLG Köln mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, der Räumlichkeiten in einem Geschäftshaus angemietet hat, verpflichtet war, die Vermieterin der Räumlichkeiten darauf hinzuweisen, dass der überwiegende Teil seiner Patienten wegen Drogensucht von ihm behandelt werde. Die Vermieterin der Gewerbeflächen hatte nach Kenntnisnahme dieses Umstandes den mit dem Mieter bestehenden Vertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten (§ 123 BGB) und den Mietvertrag zugleich wegen Unzumutbarkeit und wegen zweckwidriger Nutzung der Mietflächen außerordentlich nach § 543 Abs. 1 BGB gekündigt.
Das OLG Köln sah in der vorliegenden Konstellation ein Recht zur Anfechtung und zur außerordentlichen Kündigung als nicht gegeben an:
In den Gründen der Entscheidung ist ausgeführt, dass er wesentliche Unterschied zu dem Sachverhalt, welcher der Entscheidung des BGH vom 11.08.2010 zugrunde lag, darin bestehe, dass eine Substitutionsbehandlung Drogenabhängiger gesellschaftlich wünschenswert sei und Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie bereits vor dem Hintergrund der Bestimmung des § 13 Abs. 3 BtMG vielfach dahingehende Behandlungen durchführen. Eine derartige Tätigkeit sei, auch vor dem Hintergrund des Zuschnittes und der Lage der Mietflächen (in unmittelbarer Nähe zum Hauptbahnhof), für die Vermieterin absehbar gewesen. Es habe somit in deren Verantwortung gelegen, sich vor dem Abschluss des Mietvertrages über die konkrete Ausgestaltung der ärztlichen Tätigkeit des Mieters zu informieren. Bei einem entsprechenden Versäumnis, so das OLG Köln, könne die Vermieterin allenfalls von ihrem aus §§ 578 Abs. 1, Abs. 2, 569 Abs. 2 BGB folgenden Recht zur Kündigung des Mietverhältnisses Gebrauch machen, wenn der Mieter den Hausfrieden so nachhaltig störe, dass der Vermieterin unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ein Festhalten am Mietvertrag unzumutbar sei. Hierzu bedürfe es jedoch des Nachweises, dass es zu erheblichen Zwischenfällen mit den Patienten des Mieters gekommen sei und dass sich weitere Mieter des Geschäftshauses beschwert bzw. berechtigte Mietminderungsrechte geltend gemacht haben. Allein die abstrakte Gefahr einer möglichen Ansteckung Dritter durch die Patienten des Mieters begründe keine Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung. Gleiches gelte für die hohe Anzahl der vor Ort behandelten Patienten.
Fazit:
Die Entscheidung des OLG Köln vom 12.11.2010 weist, auch unter Berücksichtigung der „Thor Steinar” – Rechtsprechung des BGH, keine Begründungsmängel auf. Sie ist jedoch ausschließlich mit Blick auf die konkrete Fallsituation zu bewerten. Zwar trifft die Aussage des Senates zu, dass die Substitutionsbehandlung Drogenabhängiger im Allgemeininteresse liege und eine wichtige Hilfestellung für diesen Patientenkreis darstelle. Es erscheint jedoch denkbar, dass die Entscheidung des Gerichtes anders ausgefallen wäre, wenn sich die Mieträumlichkeiten in einem exklusiveren Geschäftshaus befunden hätten. In einem solchen Fall könnte dem Argument des BGH, die Vermieterin müsse finanzielle Einbußen befürchten, da andere Gewerbetreibende von einer Anmietung von Flächen in dem Geschäftshaus absehen würden, größere Bedeutung zukommen. Nichts desto trotz bleibt es bei dem allgemeinen Grundsatz: „Drum prüfe, wer sich (ewig) bindet, …“
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