Teil I:
Insolvenzrecht
A. Die drei Eröffnungsgründe der InsO
Die InsO nennt drei Gründe für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens:
· die Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO)
· die Überschuldung (§ 19 InsO)
- die drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) – hier nicht zu vertiefen.
1. Zahlungsunfähigkeit
Nach §17 Abs.2 InsO liegt Zahlungsunfähigkeit vor, wenn der Schuldner nicht in der Lag ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Typische Symptom sind die Zahlungseinstellung, die Nichtzahlung von Löhnen, Gehältern und Sozialversicherungsbeiträgen, eingeleitete Vollstreckungsmaßnahmen, die Ausgabe ungedeckter Schecks und eingehende Wechselproteste. Bei Zahlungseinstellung wird die Zahlungsunfähigkeit gesetzlich vermutet.
Unbeachtlich ist die bloße Zahlungsstockung, wenn der Schuldner nur vorübergehend seine finanziellen Verpflichtungen nicht erfüllen kann. Der Unterschied zur Zahlungsunfähigkeit liegt in der Dauer und der Überwindbarkeit des Liquidationsengpasses.
2. Überschuldung
Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt (§ 19 Abs. 2 InsO). Die Feststellung, ob eine Überschuldung vorliegt, erfolgt durch eine Gegenüberstellung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten in einer Überschuldungsbilanz oder auch Überschuldungsstatus genannt. Zur statischen Feststellung der Überschuldung ist durch die Geschäftsführung zusätzlich eine Fortführungsprognose zu erstellen, die über den Wertansatz der Vermögenswerte entscheidet (zweistufige Überschuldungsprüfung).
In der Fortführungsprognose ist zu beurteilen, ob das Unternehmenskonzept geeignet ist, das finanzielle Gleichgewicht des Unternehmens im Prognosezeitraum zu sichern. Dies ist anzunehmen, wenn das Unternehmen unter Berücksichtigung der gegebenen finanziellen Rahmenbedingungen und unter Einbeziehung möglicher Sanierungsmaßnahmen in der Lage ist, seinen finanziellen Verpflichtungen fristgerecht nachzukommen. Die Fortführungsprognose ist eine Zahlungsfähigkeitsprognose und erfordert einen Finanzplan.
Als Prognosezeitraum ist mindestens einem Jahr vorzusehen. Grundlage ist zunächst regelmäßig ein Zahlungsplan für einen Zeitraum von drei Monaten. Ergibt sich hieraus keine Zahlungsunfähigkeit, kann in einem ersten Schritt von einer Fortführungsfähigkeit ausgegangen werden. Für die Überschuldungsanalyse ist dieses Verfahren solange eine rechnerische Überschuldung vorliegt über den gesamten Prognosezeitraum zu wiederholen (revolvierende Planung). Dabei ist jeweils zu prüfen, ob die Überschuldung durch den Überschuss der Einzahlungen über die Auszahlungen ausgeglichen werden kann. Ergibt sich zusätzlich zu der vorhandenen Überschuldung nach Buchwerten bereits aus dem Finanzplan, dass eine Zahlungsunfähigkeit eintritt, ist die Fortführungsprognose in jedem Fall negativ.
Nach dem Ergebnis der Fortführungsprognose bestimmen sich die in der aufzustellenden Überschuldungsbilanz anzuwendenden Ansatz- und Bewertungsmethoden. Bei negativer Fortführungsprognose sind die Vermögenswerte in der Überschuldungsbilanz mit Liquidationswerten anzusetzen, bei einer positiven Fortführungsprognose die regelmäßig deutlich höheren Fortführungswerte. Bestimmte handelsrechtliche Bilanzierungsgrundsätze (Anschaffungswert-, Vorsichts-, Realisationsprinzip) finden in der Überschuldungsbilanz keine Anwendung. Anzusetzen sind auch verwertbare, aber handelsrechtlich nicht aktivierungsfähige Wirtschaftsgüter, daneben auch die Abwicklung des vorhandenen Auftragsbestandes und die Veräußerung des Vorratsvermögens sowie die damit verbundenen Aufwendungen und Erträge. Stille Reserven sind zu erfassen. Eine harte Patronatserklärung eines Gesellschafters (oder eine gleichwertige, gesicherte Zahlungsgarantie) darf in der Überschuldungsbilanz nur dann aktiviert werden, wenn sie durchsetzbar und werthaltig ist. In der Überschuldungsbilanz ist die Patronatserklärung mit ihrem tatsächlichen Wert, also unabhängig von der zugrunde liegenden Forderung und von einer möglichen Begrenzung der Höhe nach, zu berücksichtigen; dabei gilt das Vorsichtsprinzip.
Diesen Vermögenswerten sind die am Stichtag vorhandenen Verbindlichkeiten gegenüberzustellen. Das Eigenkapital ist nicht anzusetzen, zu passivieren sind nur echte Verbindlichkeiten und auch Rückstellungen. Forderungen eines Gesellschafters aus der Gewährung eigenkapitalersetzender Leistungen sind, soweit für sie keine Rangrücktrittserklärung abgegeben worden ist, in der Überschuldungsbilanz der Gesellschaft zu passivieren. Im Falle eines erklärten Rangrücktritts durch den Gesellschafter, ist der Ausweis der Verbindlichkeit in der Handelsbilanz unverändert vorzunehmen. In der Überschuldungsbilanz ist die Forderung des Gesellschafters dann nicht mit einzubeziehen. Bei Übernahme einer Bürgschaft durch den Gesellschafter ändert sich an der Bilanzierung bei der Gesellschaft nichts. Denn selbst bei Erfüllung der Bürgschaft durch den Gesellschafter bleibt die Verbindlichkeit in der Bilanz der Gesellschaft bestehen. Es ändert sich lediglich der Gläubiger der Verbindlichkeit, da der Bürge nach Erfüllung in die Stellung des alten Gläubigers eintritt.
Überwiegen in einer nach diesen Vorgaben aufgestellten Überschuldungsbilanz die Vermögenswerte die Verbindlichkeiten, liegt keine rechtliche Überschuldung vor. Bei übersteigenden Verbindlichkeiten ist eine rechtliche Überschuldung gegeben. Eine Überschuldung kann auch bei positiver Fortführungsprognose bestehen, wenn die Schulden die Fortführungswerte überschreiten. Dabei ist es aus betriebswirtschaftlicher Sicht fraglich, dass bei positiver Prognose und negativem Statusergebnis zu liquidieren ist. Es erscheint auch aus Gläubigersicht oftmals die Fortführung des Unternehmens als sinnvollere Alternative. Hier sollten Sanierungsbemühungen ansetzen.
B. Antragsrecht und Antragspflicht
Das Insolvenzverfahren wird nur auf Antrag eröffnet. Antragsberechtigt sind Gläubiger und der Gemeinschuldner. Für Kapitalgesellschaften und für Personengesellschaften, bei denen keine natürliche Person persönlich haftet besteht eine Insolvenzantragspflicht bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung.
Besteht eine Antragspflicht, hat die Geschäftsführung unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Eintritt des Insolvenzgrundes den Insolvenzantrag zu stellen. Die Frist ist auch dann nicht verlängerbar, wenn aussichtsreiche Sanierungsbemühungen eingeleitet, aber noch nicht erfolgreich beendet sind.
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH in Zivil- und Strafsachen gilt die 3-Wochen-Frist strikt, d.h. auch die Vornahme aussichtsreicher Sanierungsversuche führt nicht zu einer Fristverlängerung. Die Geschäftsführung hat die Wahl, ob sie sofort Insolvenzantrag stellt oder aber aussichtsreiche Sanierungsmaßnahmen einleitet. Spätestens aber drei Wochen nach Eintritt des Insolvenzgrundes ist Insolvenzantrag zu stellen.
C. Sicherungsmaßnahmen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Das Gericht kann bis zur Entscheidung über den Eröffnungsantrag alle Maßnahmen treffen, um einer nachteiligen Vermögensänderung des Schuldners entgegenzuwirken. Dazu zählen die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters und der Erlass einstweiliger Sicherungsmaßnahmen wie das allgemeine Veräußerungsverbot oder das Verbot der Zwangsvollstreckung.
D. Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Gelangt das Gericht zu der Überzeugung, dass ein Insolvenzgrund vorliegt und eine die Kosten des Verfahrens deckende Masse vorhanden ist, erlässt es einen Eröffnungsbeschluss. Darin wird der Insolvenzverwalter benannt. Die Gläubiger werden aufgefordert, innerhalb einer gesetzten Frist ihre Forderungen und ihre Sicherungsrechte beim Insolvenzverwalter anzumelden. Gleichzeitig werden die Schuldner aufgefordert, nur noch an den Insolvenzverwalter zu leisten. Ferner werden die Termine für die Gläubigerversammlungen (Berichtstermin, Prüfungstermin) festgesetzt. Reicht das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht aus, die Kosten des Verfahrens zu decken, wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt. Die Abweisung ist für die GmbH ein gesetzlicher Auflösungsgrund.
Die Wirkungen der Verfahrenseröffnung ergeben sich aus §§ 80 ff. InsO insbesondere:
· die Verfügungs- und Verwaltungsrechte gehen kraft Gesetzes auf den Insolvenzverwalter über,
- Verfügungen des Schuldners sind unwirksam,
- Leistungen an den Gemeinschuldner erfolgen nur mit befreiender Wirkung, wenn der Leistende beweist, dass er die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gekannt hat,
- während des Hauptverfahrens sind Maßnahmen der Zwangsvollstreckung einzelner Insolvenzgläubiger unzulässig.
- Die bisherigen Geschäftsführer bleiben im Amt. Sie haben Auskunfts- und Mitwirkungspflichten zu erfüllen (§ 97 InsO). Eine Abberufung oder Amtsniederlegung in der Krise befreit die Geschäftsführer von diesen Verpflichtungen nicht, soweit das Ausscheiden nicht länger als zwei Jahre vor dem Insolvenzantrag zurückliegt (§ 101 Abs.1 Satz 2 InsO).
Nach § 129 InsO können bestimmte Rechtshandlungen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen werden und die die Gläubiger benachteiligen, vom Insolvenzverwalter angefochten werden. Dazu zählen insbesondere:
- Rechtshandlungen des Schuldners, die in den letzten drei Monaten vor dem Insolvenzantrag vorgenommen worden sind, wenn der Schuldner zu diesem Zeitpunkt zahlungsunfähig war und der Vertragspartner die Zahlungsunfähigkeit kannte.
- Rechtshandlungen des Schuldners zur vorsätzlichen Benachteiligung von Gläubigern innerhalb von zehn Jahren vor dem Insolvenzantrag, wenn der andere Vertragsteil den Vorsatz des Schuldners kannte,
- vom Schuldner mit einer nahestehenden Person oder Gesellschaft abgeschlossene entgeldliche Rechtsgeschäfte, durch die die Gläubiger vorsätzlich unmittelbar benachteiligt werden, der Vertrag innerhalb von zwei Jahren vor dem Insolvenzantrag angeschlossen wurde und dem anderen Teil die Absicht der Gläubigerbenachteiligung bekannt war. Zu den nahestehenden Personen zählen auch zu mehr als 25% beteiligte Gesellschafter.
Die durch die anfechtbare Handlung aus dem Schuldnervermögen abgeflossenen Vermögensgegenstände sind zur Insolvenzmasse zurückzugewähren.
E. Verteilung des Schuldnervermögens
Aus der Insolvenzmasse sind die Kosten des Insolvenzverfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten vorweg zu befriedigen. Hierzu gehören Verbindlichkeiten, die durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden und die Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen, deren Erfüllung der Insolvenzverwalter verlangt, sowie Sozialverpflichtungen.
Gegenstände, die nicht zur Insolvenzmasse gehören berechtigen den Inhaber zur Aussonderung (insbesondere Eigentumsvorbehaltsware).
Gläubiger, die an einem Gegenstand der Insolvenzmasse ein rechtsgeschäftliches, gesetzliches oder Pfändungspfandrecht besitzen, sind zur abgesonderten Befriedigung berechtigt. Sicherungsübereignungen, offene oder verdeckte Sicherungszessionen und Rechte aus verlängertem bzw. erweitertem Eigentumsvorbehalt werden berechtigen ebenfalls zur Absonderung.
F. Das Insolvenzplanverfahren
Die Modalitäten der Befriedigung der Gläubiger und der Verwertung der Insolvenzmasse können abweichend von den gesetzlichen Vorschriften in einem Insolvenzplan geregelt werden. Der Insolvenzplan besteht aus zwei Teilen:
Im darstellenden Teil des Insolvenzplans werden die Ziele und die Maßnahmen beschrieben, die bereits getroffen oder noch zu treffen sind, um diese Ziele zu erreichen. Kernstück des darstellenden Teils ist die alternative zahlenmäßige Darstellung des voraussichtlichen wirtschaftlichen Ergebnisses bei Zerschlagung des Unternehmens, Verkauf des Unternehmens oder seiner Teile und bei Sanierung des Schuldnerunternehmens.
Der gestaltende Teil des Insolvenzplans (§ 221 InsO) enthält die Änderungen der Rechtsstellung der beteiligten Gläubiger, insbesondere die vorgesehenen Beschränkungen der Gläubigerrechte.
Nehmen die Gläubiger den Insolvenzplan an, stimmt der Schuldner zu und bestätigt das Gericht den Plan, treten die im gestaltenden Teil es Plans festgelegten Wirkungen ein.
Teil II:
Sanierungsmaßnahmen und ihre steuerliche Behandlung
A. Sanierungsmaßnahmen der Gesellschafter
Regelmäßig erfolglos verlaufen bloße Bilanzsanierungen mit Forderungsverzichten und Personalabbau zur Kostensenkung. Jede erfolgreiche Sanierung hat im Kern die inneren Ursachen der Krise zu beseitigen. Nur dann machen langfristig auch die diversen Rettungsbeiträge der Beteiligten, wie Kapitalzuführung, Personalabbau, Lohneinbußen, Forderungsverzichte Sinn.
Soll zunächst lediglich die Überschuldung beseitigt werden, können wahlweise Aktiva zugeführt oder Verbindlichkeiten beseitigt werden.
1. Zuführung von Eigenkapital
Die Zuführung von Eigenkapital kann als echtes Eigenkapital im Wege der Kapitalerhöhung erfolgen oder als verlorener Zuschuss. In der Überschuldungsbilanz sind beide Positionen nicht zu passivieren und können deshalb eine rechtliche Überschuldung vermeiden. Die buchmäßige Überschuldung wird nur durch einen verlorenen Zuschuss beseitigt.
Steuerlich ist die Zuführung neuen Kapitals eine gewinnneutrale Einlage und erhöht die Anschaffungskosten der Beteiligung.
2. Gesellschafterdarlehen
Die Zuführung von Gesellschafterdarlehen oder auch das darlehensweise Stehenlassen von Forderungen des Gesellschafters gegen die Gesellschaft alleine beseitigt die Überschuldung nicht, auch dann nicht, wenn sie als Eigenkapitalersatz umqualifiziert werden. Derartige Gesellschafterforderungen verlieren nach der Rechtsprechung des BGH ihren Charakter als Verbindlichkeiten nicht; ebenso wenig wie sie mit dem Eintritt der Krise erlöschen, werden sie automatisch in dieser Situation zu statutarischem Eigenkapital. Die Umqualifizierung der von dem Gesellschafter gewährten Leistung in funktionales Eigenkapital (§§ 32a und b GmbHG) hat lediglich zur Folge, dass der Gesellschafter während der Dauer der Krise seine Forderungen gegen die GmbH nicht durchsetzen darf. Nach Überwindung der Krise ist er jedoch nicht gehindert, die aus seiner Drittgläubigerstellung folgenden Rechte gegen die Gesellschaft zu verfolgen. Im Verhältnis zu seinen Mitgesellschaftern verliert er auch im Falle der Insolvenz der Gesellschaft diese Stellung als Gesellschaftsgläubiger nicht und kann deswegen – sofern nach Befriedigung aller anderen Gläubiger der Gesellschaft ein zu verteilender Betrag verbleibt – die bis dahin in der Durchsetzung gehemmten Ansprüche mit Vorrang vor den Forderungen der Mitgesellschafter bei der Verteilung des Liquidationserlöses geltend machen. Diese schon nach dem hier maßgeblichen früheren Recht geltenden Regeln sind in dem neuen Insolvenzrecht nunmehr in § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ausdrücklich niedergelegt worden.
Zur überschuldungsbeseitigenden Wirkung muss deshalb nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 08.01.2001- II ZR 88/99) ein wirksamer Rangrücktritt hinzutreten.
Steuerrechtlich bleibt bei der Gesellschaft eine rangrücktrittsbewehrte Darlehensschuld unverändert eine Verbindlichkeit. Der Rangrücktritt führt weder zu einer verdeckten Einlage noch zu einer Gewinnrealisierung bei der Gesellschaft.
3. Forderungsverzicht
Der Forderungsverzicht führt zu einem Wegfall der Verbindlichkeit in der Überschuldungsbilanz, aber auch zu einem Wegfall der Forderung des Gesellschafters. Stellt sich der Gesellschafter bereits durch die weniger einschneidende Maßnahme des Rangrücktritts wegen seiner Ansprüche aus einer in funktionales Eigenkapital umqualifizierten Drittleistung auf dieselbe Stufe, auf der er selbst und seine Mitgesellschafter hinsichtlich ihrer Einlagen stehen, besteht keine Notwendigkeit, diese Forderungen in den Schuldenstatus der Gesellschaft aufzunehmen. Einer darüber hinausgehenden Erklärung des Gesellschafters, insbesondere eines Verzichts auf die Forderung bedarf es gerade in Konstellationen unter Beteiligung mehrerer Gesellschafter nicht. Denn durch ihn würden – den Fall der Überwindung der Krise oder des Vorhandenseins eines Liquidationsüberschusses unterstellt – ausschließlich die Mitgesellschafter begünstigt, während die Interessen der außenstehenden Gläubiger durch die beschriebene Rangrücktrittserklärung ebenso gewahrt worden sind, wie dem Wunsch der Gesellschafter, die GmbH erhalten zu können, Rechnung getragen worden ist.
Steuerliche Behandlung:
Verzichtet ein Gesellschafter, der seinen Anteil an der Kapitalgesellschaft im Privatvermögen hält, auf seine Forderung gegenüber der Gesellschaft, so ist ihm in Höhe des werthaltigen Teils der Forderung ein Zufluss zuzurechnen. Beruhte die Forderung auf einem Darlehen, ist dieser fiktive Zufluss als steuerlich unbeachtliche Darlehensrückzahlung zu behandeln. Beruhte die Forderung des Gesellschafters auf vorangegangenen Leistungsbeziehungen (Miet- oder Gehaltsforderungen), liegen im Zeitpunkt des Verzichts in Höhe des werthaltigen Teils steuerpflichtige Einnahmen beim Gesellschafter vor. Gleichzeitig erhöhen sich in Höhe des werthaltigen Teils des Forderungsverzichts die Anschaffungskosten seiner Beteiligung.
Wird bei einem Forderungsverzicht der Anteil an der Gesellschaft im Betriebsvermögen gehalten, so entsteht in diesem Betriebsvermögen bei der Ausbuchung der Forderung in Höhe des nichtwerthaltigen Teils der erlassenen Forderung ein Verlust, soweit nicht ohnehin schon eine Wertberichtigung vorgenommen wurde. In Höhe des werthaltigen Teils des Forderungsverzichts erhöhen sich auch hier die Anschaffungskosten der Beteiligung.
4. Forderungsverzicht gegen Besserungsschein
Steuerliche Behandlung:
Erfolgt der Forderungsverzicht gegen Besserungsschein, so ergeben sich zunächst die gleichen Auswirkungen wie beim einfachen Forderungsverzicht. Bei Eintritt des Besserungsfalls führt die Wiederherstellung der ursprünglich erlassenen Verbindlichkeit bei der Gesellschaft zu handelsrechtlichem Aufwand. Steuerrechtlich ist der werthaltige Teil der ursprünglich erlassenen Forderung des Gesellschafters durch ihn einkommensneutral zu entnehmen, der vormals nichtwerthaltige Teil wird durch Einbuchen der Verbindlichkeit zu Aufwand und neutralisiert damit den mit dem Wegfall der Schuld zuvor erzielten Buchgewinn.
Für den Gesellschafter ergibt sich im Besserungsfall, dass das Wiederaufleben der Forderung bei ihm grundsätzlich keinen steuerpflichtigen Vorgang darstellt. Ausgenommen sind lediglich zusätzlich zu leistende Zinsen, bzw. bei Forderungen aus Lieferungen und Leistungen der später ausgezahlte, bisher als nichtwerthaltig behandelte Teil solcher Forderungen. Insofern liegen mit der Darlehensrückzahlung steuerpflichtige Einnahmen beim Gesellschafter vor. Der ursprünglich bei Verzicht als werthaltig behandelte Teil der Forderung, der nach dem Wiederaufleben zurückgezahlt wird, mindert im Privatvermögen die Anschaffungskosten der Anteile. Werden die Anteile im Betriebsvermögen gehalten, entstehen steuerpflichtige Betriebseinnahmen in Höhe des zuschreibungspflichtigen nichtwerthaltigen Teils der ursprünglichen Forderung. Der übersteigende Betrag mindert als Aktivtausch erfolgsneutral die Anschaffungskosten der Anteile.
5. Bürgschaft
Steuerliche Behandlung:
Steuerrechtlich sind dem Gesellschafter in Höhe der Leistung der Bürgschaft – soweit die Übernahme der Bürgschaft kapitalersetzend war- nachträgliche Anschaffungskosten zuzurechnen, so dass sich ggf. ein Verlust i.S.v. § 17 EStG, der sich bei Veräußerung der Anteile bzw. Liquidation der Gesellschaft ergibt, erhöht.
6. Harte Patronatserklärung
Bei der harten Patronatserklärung gibt der Gesellschafter oder ein Dritter entweder gegenüber dem Gläubiger zugunsten der begünstigten Gesellschaft oder gegenüber der Gesellschaft mit Wirkung für die Gläubiger eine bindende Erklärung hinsichtlich Liquidität und/oder Kapitalausstattung ab. Die harte Patronatserklärung hat nur dann überschuldungsbeseitigende Wirkung, wenn sie aktivierungsfähig ist (s.o.).
B. Übertragende Sanierungen
Nur der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle diese Variante erwähnt, die vorliegend nicht als sinnvolle Gestaltungsalternative in Betracht kommen wird.
Bei sogenannten übertragenden Sanierungen wird das Schuldnervermögen zum Zweck der Sanierung auf einen Dritten (z.T. eine Auffanggesellschaft) übertragen. Dabei besteht steuerlich das Manko, dass eine Nutzung des steuerlichen Verlustrücktrags des Schuldners grundsätzlich nicht möglich ist, da die wesentlichen Vermögensgegenstände des schuldnerischen Unternehmens von der Fortführungsgesellschaft als neuem Unternehmensträger aus der Insolvenzmasse erworben werden.
C. Änderungen der Gesellschafterstruktur
Auch diese Variante kommt vorliegend nicht in Betracht und soll lediglich wegen der in ihr ruhenden steuerlichen Nachteile erwähnt sein.
Die steuerliche Verlustnutzung ist regelmäßig auch bei Sanierungen unter Änderung der Gesellschafterstruktur (Eintritt von Kapitalgebern, Umstrukturierung durch Umwandlungen) gefährdet. Gemäß § 8 Abs. 4 KStG i. V. m. § 10a S. 4 GewStG kann die Änderung der Gesellschafterstruktur zum Wegfall des gewerbesteuerlichen und körperschaftssteuerlichen Verlustvortrags führen.
Voraussetzung für einen Verlustabzug bei Kapitalgesellschaften ist, dass die Körperschaft sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich mit der Körperschaft identisch ist, die den Verlust erlitten hat. Nach § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG wird ein wirtschaftlicher Identitätsverlust insbesondere angenommen, wenn mehr als 50 % der Anteile der Kapitalgesellschaft übertragen werden und der Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortgeführt bzw. wiederaufgenommen wird. Liegen diese Voraussetzungen kumulativ vor, so dürfen die Verluste, die bis zum Zeitpunkt des Verlusts der wirtschaftlichen Identität (Anteilsübertragung) entstanden sind, weder mit den danach entstehenden Gewinnen ausgeglichen noch von ihnen abgezogen werden. Folglich bleiben lediglich die Verluste, die nach dem Verlust der wirtschaftlichen Identität entstanden sind, ausgleichs- und abzugsfähig.
Der Verlustabzug der Kapitalgesellschaft ausnahmsweise nicht verloren, wenn das sogenannte Sanierungsprivileg gemäß § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG eingreift. Danach ist die Zuführung neuen Betriebsvermögens ausnahmsweise unschädlich, wenn sie allein der Sanierung des Geschäftsbetriebs dient, der den verbleibenden Verlustabzug verursacht hat und die Körperschaft den Geschäftsbetrieb in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang in den folgenden fünf Jahren fortführt.
Auch im Fall der Umwandlung geht nach § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG ein Verlustabzug unter der Voraussetzung auf das umgewandelte Unternehmen über, dass der Betrieb oder Betriebsteil, der den Verlust verursacht hat, über den Verschmelzungsstichtag hinaus in einem nach dem Gesamtbild der Verhältnisse vergleichbarem Umfang in den folgenden fünf Jahren fortgeführt wird.
Verfasser: Rechtsanwalt und Steuerberater Andreas Jahn
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