Der Unterhalt für den Zeitraum nach der Scheidung kann nach der Unterhaltsrechtsreform begrenzt oder befristet werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit zwei Entscheidungen zu der Befristung des Krankheitsunterhaltes Stellung genommen.
1. Entscheidung vom 26. November 2008 – XII ZR 131/07 –
Die Ehe dauerte elf Jahre; sie blieb kinderlos. Der Ehemann erkrankte während der Ehezeit und schied aus dem Erwerbsleben aus. Er bezog eine Erwerbsminderungsrente sowie eine Betriebsrente. Die Ehefrau war vollschichtig berufstätig. Der Ehemann begehrte von der Ehefrau Nachscheidungsunterhalt wegen Krankheit. Die Ehefrau erkannte anlässlich des Scheidungsverfahrens Unterhalt in Höhe von 235,00 € an; das Amtsgericht befristete diesen Unterhalt auf drei Jahre ab Rechtskraft der Ehescheidung. Das Oberlandesgericht (OLG) erhöhte den Unterhaltsanspruch auf 285,00 €; es beließ es allerdings bei der Befristung. Die Revision des Ehemannes hatte keinen Erfolg.
Eine Befristung des Krankheitsunterhaltes für den Zeitraum nach der Scheidung kommt nicht in Betracht, wenn ein Ehegatte „durch die Ehe“ wirtschaftliche Nachteile erlitten hat. Solche wirtschaftlichen Nachteile liegen vor, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne Ehe ein höheres Einkommen erzielen könnte als er tatsächlich erzielt. Die Besonderheit beim Krankheitsunterhalt besteht darin, dass die Krankheit selbst, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht ehebedingt ist, sondern wie es der BGH ausdrückte „schicksalsbedingt“. Die finanziellen Nachteile des Ehegatten ergeben sich daher auch nicht aus der Ehe selbst, sondern aus der Krankheit.
Das Gesetz erkennt allerdings auch weitere Umstände an, die einer Befristung entgegenstehen. Diese weiteren Umstände sind Dauer der Kindererziehung, die Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit der Ehegatten sowie die Ehedauer.
In der Entscheidung vom 26. November 2008 käme allenfalls die Ehedauer in Betracht. Bei einer Ehedauer von elf Jahren sah der BGH bei der Billigkeitsabwägung allerdings keine Notwendigkeit, an der Befristung von drei Jahren zu ändern.
2. Entscheidung vom 27. Mai 2009 – XII ZR 111/08 –
Die Ehe dauerte insgesamt 26 Jahre. Die Ehefrau war zum Zeitpunkt der Eheschließung 16 Jahre alt und vom Ehemann schwanger. Aus der Ehe sind insgesamt vier Kinder hervorgegangen. Während der Ehezeit erkrankte die Ehefrau und wurde noch während der Ehezeit zu 100% schwerbehindert eingestuft. Die Ehefrau bezieht eine Erwerbsunfähigkeitsrente und hat daneben noch Einkünfte aus einer geringfügigen Erwerbstätigkeit. Der Ehemann war während der gesamten Ehezeit vollschichtig berufstätig. Die Beteiligten stritten über den Nachscheidungsunterhalt. Das Amtsgericht sowie das OLG haben Nachscheidungsunterhalt in unterschiedlicher Höhe anerkannt und jeweils eine Befristung abgelehnt. Die Revision des Ehemannes vor dem BGH hatte keinen Erfolg.
Der BGH hat auch in dieser Entscheidung die Befristung des Nachscheidungsunterhaltes in zwei Schritten geprüft. Er hat allerdings – im Unterschied zu der Entscheidung vom 26. November 2008 – das Verhältnis von Krankheitsunterhalt und Befristung des Nachscheidungsunterhaltes sehr viel deutlicher herausgearbeitet.
Der erste Prüfungsschritt war die Feststellung wirtschaftlicher Nachteile durch die Ehe. Die Ehefrau hat zwar wirtschaftliche Nachteile erlitten, allerdings nicht durch die Ehe, sondern durch die Krankheit. Ohne die Krankheit hätte die Frau einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachgehen können und dadurch höhere Nettoeinnahmen erzielt. Der BGH sah die Krankheit in dieser Entscheidung ebenso wenig wie in der Entscheidung vom 26. November 2008 als ehebedingt an.
Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob die Dauer der Kinderbetreuung, der Haushaltsführung sowie die Dauer der Ehe gegen eine Befristung des Krankheitsunterhaltes sprechen. Der BGH betont, dass allein schon die Existenz eines gesetzlichen Anspruches auf Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen Ausdruck der nachehelichen Solidarität sei. Läge eine Erkrankung ausschließlich in dem Risikobereich des jeweiligen Ehegatten, hätte es nahe gelegen, einen solchen Nachscheidungsunterhalt überhaupt nicht zuzulassen. Auf der Grundlage dieser nachehelichen Solidarität sind die gesetzlich vorgesehenen Billigkeitsgesichtspunkte (Dauer der Betreuung gemeinschaftlicher Kinder, Gestaltung der Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit sowie Dauer der Ehe) zu gewichten. In dem Fall kam der BGH zu dem Ergebnis, dass eine Befristung nicht in Betracht komme.
Die Ehefrau hatte bereits im Alter von 16 Jahren als Schwangere geheiratet und dadurch keine Schulausbildung abgeschlossen. Die Beteiligten haben eine reine Hausfrauenehe geführt, nach der die Ehefrau den Haushalt geführt und die Kinder betreut hat, während der Ehemann einer Erwerbstätigkeit nachgegangen ist. Durch diese gemeinsame Lebensplanung und -gestaltung sei ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden, der einer Begrenzung bzw. Befristung entgegensteht.
Fazit:
Die Befristung des Krankheitsunterhaltes ist auf zwei Stufen zu prüfen. Zunächst ist festzustellen, ob die Krankheit auf die Ehe selbst zurückzuführen ist und nicht „bloß“ schicksalsbedingt ist. Im Regelfall wird die Krankheit nicht auf die Ehe zurückzuführen sein, sodass die Krankheit selbst einer Befristung sowie einer Begrenzung des Nachscheidungsunterhaltes nicht entgegensteht.
Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob es weitere Billigkeitsgesichtspunkte gibt, die einer Befristung oder Begrenzung des Nachscheidungsunterhaltes entgegenstehen. Nach der gesetzlichen Regelung sind dies die Kinderbetreuung, die Haushaltsführung sowie Erwerbstätigkeit und die Dauer der Ehe. Auf dieser zweiten Ebene ist zu berücksichtigen, dass gerade der Krankheitsunterhalt ein besonderer Ausdruck der nachehelichen Solidarität ist, sodass den Abwägungskriterien ein besonderes Gewicht bekommen.
Obwohl der BGH in der Entscheidung vom 27. Mai 2009 beim Krankheitsunterhalt die nacheheliche Solidarität besonders betonte, wird auch beim Krankheitsunterhalt der Schwerpunkt der Darstellung bei den übrigen Abwägungskriterien – Kinderbetreuung, Haushaltsführung sowie Dauer der Ehe – liegen müssen. Die Erkrankung bewirkt lediglich, dass diese Billigkeitsgesichtspunkte ein besonderes Gewicht bekommen; mehr aber auch nicht. Liegen diese weiteren Billigkeitsgesichtspunkte nicht vor – wie in der Entscheidung vom 26. November 2008 – kann der Krankheitsunterhalt befristet werden.
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