05.08.2009

Das Amtsgericht Essen (AG Essen) hat mit Urteil vom 11. März 2009 – 106 F 296/08 – entschieden, dass der Nachscheidungsunterhalt schon wegfallen könne, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte nach Scheidung nur ein Jahr mit einem neuen Partner zusammenlebt.

Die Parteien wurden in 2007 geschieden und haben sich anlässlich der Scheidung über den Nachscheidungsunterhalt verglichen. Die Beklagte lebt seit Februar 2008 mit einem neuen Lebensgefährten zusammen. Beide treten in der Öffentlichkeit als Paar auf. Das Amtsgericht Essen hat der Klage des geschiedenen Ehemannes stattgegeben und eine Zahlungspflicht ab Februar 2009 verneint.

Es ist anerkannt, dass eine eheähnliche Lebensgemeinschaft zu einem Ausschluss des Unterhaltsanspruchs führt. Bisher galt jedoch der Grundsatz, dass eine eheähnliche Lebensgemeinschaft erst dann anzunehmen ist, wenn die Partner mindestens zwei bis drei Jahre in dieser Lebensgemeinschaft zusammen gelebt haben.

Das AG Essen hat nunmehr entschieden, dass eine eheähnliche Lebensgemeinschaft schon dann anzunehmen ist, wenn der geschiedene Ehegatte und der neue Partner nur ein Jahr zusammen leben.

Der Grundsatz, dass eine eheähnliche Lebensgemeinschaft ein mehrjähriges Zusammenleben voraussetze, gehe auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus 1983 zurück. Die damals herrschenden Wertvorstellungen zur Ehe sowie zu einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft hätten sich seitdem gewandelt. Die Zahl der Eheschließungen gehe zurück, dagegen erhöhe sich die Anzahl an Scheidungen; zudem sei die nichteheliche Lebensgemeinschaft inzwischen gesellschaftlich anerkannt. Es sei daher angemessen, entsprechend den sozialhilferechtlichen Regelungen eine verfestigte Lebensgemeinschaft schon nach einem Jahr des Zusammenlebens anzunehmen.

Fazit: Das AG Essen wendet sich mit diesem Urteil gegen die ständige Rechtsprechung der Oberlandesgerichte sowie gegen die gängige Praxis der Familiengerichte. Aus der veröffentlichten Entscheidung geht nicht hervor, ob gegen dieses Urteil Berufung eingelegt worden ist. Es wäre aber zu hoffen, dass das zuständige OLG Hamm Gelegenheit bekommen, sich mit der Argumentation des AG Essen auseinander zu setzen. Ansonsten ist abzuwarten, ob die Entscheidung des AG Essen vereinzelt bleibt oder zu einer Rechtsprechungsänderung führt.

 

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