26.04.2001

Der folgende Text ist verfasst von zwei Mitgliedern der Sozietät, nämlich Andreas Jahn, Rechtsanwalt und Steuerberater, sowie Ebba Herfs-Röttgen, Fachanwältin für Arbeitsrecht. Er ist veröffentlicht in Der Betrieb 2001, 631

A. Einleitung

Nach rund dreißig Jahren haben sich die EU-Mitgliedstaaten am 20. Dezember 2000 in Nizza endlich auf eine Verordnung über das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft (geänderter Vorschlag für eine Verordnung des Rates über das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft – RAT DER EUROPÄISCHEN UNION, Dokument 14717/00 – nachfolgend kurz SE-Verordnung oder SE-VO genannt) und eine Richtlinie über die Beteiligung der Arbeitnehmer in der Europäischen Aktiengesellschaft (Entwurf einer Richtlinie des Rates über die Beteiligung der Arbeitnehmer in der Europäischen Aktiengesellschaft – RAT DER EUROPÄISCHEN UNION, Dokument 14719/00 – nachfolgend kurz SE-Richtlinie oder SE-RL genannt) geeinigt. Das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft zählt zu jenen Rechtsakten, die der Rat an sich bereits vor dem Jahre 1992 erlassen musste. Insbesondere die unterschiedliche Haltung der Mitgliedsstaaten zu Fragen der Mitbestimmung hatten eine frühere Einigung verhindert.

Die Europäische Aktiengesellschaft, deren offizielle Bezeichnung „Societas Europaea“ (nachfolgend kurz „SE“) lautet, soll in der Lage sein, ihr Unternehmen grenzüberschreitend mit einer einheitlichen Leitungsstruktur auf der Grundlage eines in der gesamten EU einheitlichen Rechtsrahmens zu führen. Bislang müssen bei EU-weit operierenden Unternehmen prinzipiell in jedem Mitgliedsstaat eigenständige Tochtergesellschaften nach dem dort jeweils geltenden Recht gegründet und geführt werden. Soll eine einheitliche Leitung durch eine Europa-Holding ausgeübt werden, sind Unternehmen derzeit zur Wahl einer Gesellschaftsform gezwungen, für die ein bestimmtes nationales Recht gilt. Weil die einzelnen Rechtsordnungen im Hinblick auf das Gesellschafts-, Arbeits- und Steuerrecht innerhalb der EU sehr unterschiedlich ausgeprägt sind, zwingt die heutige Rechtslage die Unternehmen außerdem zu einer kosten- und beratungsintensiver Verwaltung der Unternehmensgruppe.

Der heutige Zustand ist geeignet, Zusammenschlüsse zwischen Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten erheblich zu behindern. Die SE soll deshalb grenzüberschreitende Fusionen, Umwandlungen und Sitzverlegungen ermöglichen. Das durch die Einführung der Rechtsform der SE erreichbare Einsparpotenzial für fusionierte Unternehmen, Holdings oder Tochtergesellschaften bezifferte die EU-Kommission auf 30 Milliarden Euro im Jahr.

Bevor die SE als Rechtsform zur Verfügung steht, bedarf es noch einer Anhörung des Europäischen Parlaments und einer Einigung der Europäischen Finanzminister über die bislang noch ungeklärten Fragen der Besteuerung der SE. Die Umsetzung dürfte nach realistischen Schätzungen nicht vor Mitte 2004 abgeschlossen sein. Dennoch ist es sinnvoll, sich schon jetzt mit der neuen Rechtsform zu befassen und den Umstellung einer europaweit operierenden Unternehmensgruppe auf eine SE-Struktur langfristig zu planen. Die Grundzüge der SE und ihrer Besteuerung nach dem derzeitigen Rechtsstand sind nachfolgend wiedergegeben, werden aber erwartungsgemäß gerade im steuerlichen Bereich noch einigen Änderungen unterliegen.

 

B.            Mit der Rechtsform der SE verfolgte Ziele

Voraussetzung für die Verwirklichung des Binnenmarkts und für die damit angestrebte Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage in der gesamten Gemeinschaft ist nach den Zielvorstellungen der EU eine gemeinschaftsweite Reorganisation der Produktionsfaktoren. Dazu ist es unerlässlich, dass die überregional tätige Unternehmen die Neuordnung ihrer Tätigkeiten auf Gemeinschaftsebene planen und betreiben können. Hierzu gehört auch die Möglichkeit, das Wirtschaftspotential bereits bestehender Unternehmen mehrerer Mitgliedstaaten durch Konzentrations- und Fusionsmaßnahmen zusammenzufassen.

Folgerichtig definiert der Verordnungsgeber das wichtigste mit der Rechtsform einer SE verfolgte Ziel mit der Möglichkeit, dass eine SE gegründet werden kann, um es damit Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten zu ermöglichen, zu fusionieren, eine Holdinggesellschaft zu errichten oder gemeinsame Tochtergesellschaften zu gründen. Aktiengesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz und ihre Hauptverwaltung in der Gemeinschaft haben, soll es ermöglicht werden, eine SE durch Umwandlung ohne vorherige Auflösung zu gründen, wenn sie eine Tochtergesellschaft oder eine Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat als dem ihres Sitzes haben.

Andere Rechtsbereiche wie das Steuerrecht, das Wettbewerbsrecht, der gewerbliche Rechtsschutz und das Insolvenzrecht werden nicht von den jetzt beschlossenen Rechtsakten erfasst. Hier soll entweder auf die bestehenden nationalen Rechtsvorschriften zurückgegriffen werden oder es müssen – insbesondere im Steuerrecht – weitere flankierende Europäische Rechtsakte erlassen oder umgesetzt werden[1].

C.            Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der SE

Die gesellschaftsrechtlichen Wesensmerkmale und die Struktur der SE werden in der SE-VO vorgegeben. Dort wird die SE allerdings nicht im Detail geregelt. Die SE-VO beschränkt sich darauf, die wesentlichen Rahmenbedingungen vorzugeben und die Umsetzung im Einzelnen den Mitgliedsstaaten zu überlassen. Neben Allgemeinen Vorschriften finden sich in der SE-VO ausführliche Bestimmungen zu den Möglichkeiten Gründung einer SE, zum Aufbau und der Verfassung der SE sowie über die Auflösung und Liquidation.

1.             Allgemeine gesellschaftsrechte Bestimmungen

a)             Die SE als Kapitalgesellschaft

Die SE ist eine Handelsgesellschaft in der Form einer Kapitalgesellschaft, deren Kapital in Aktien zerlegt ist. Sie besitzt als juristische Person eigene Rechtspersönlichkeit, die sie am Tag ihrer Registereintragung erwirbt.

Jeder Aktionär haftet für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft nur bis zur Höhe des von ihm gezeichneten Kapitals. Das Kapital der SE lautet auf Euro[2] und muss mindestens €120.000 betragen. Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, die ein höheres gezeichnetes Kapital für Gesellschaften vorsehen, die bestimmte Arten von Tätigkeiten ausüben, gelten auch für SE. Im Übrigen finden für das Kapital der SE, Kapitalaufbringung und -erhaltung sowie für Kapitalmaßnahmen und die Ausgabe von Wertpapieren die Vorschriften Anwendung, die für eine Aktiengesellschaft im Sitzstaat der SE gelten würden.

b)            Anwendbares Recht

Die SE unterliegt neben den Bestimmungen der SE-VO, den Rechtsvorschriften, die die Mitgliedstaaten in Anwendung der speziell die SE betreffenden Gemeinschaftsmaßnahmen erlassen, den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, die auf eine nach dem Recht des Sitzstaats der SE gegründete Aktiengesellschaft Anwendung finden würden und den Bestimmungen ihrer Satzung unter den gleichen Voraussetzungen wie im Falle einer nach dem Recht des Sitzstaats der SE gegründeten Aktiengesellschaft. Von den Mitgliedstaaten eigens für die SE erlassene Rechtsvorschriften müssen – vorbehaltlich der Sonderbestimmungen der SE-VO – mit den für Aktiengesellschaften maßgeblichen Richtlinien im Einklang stehen. Die SE wird somit in jedem Mitgliedstaat wie eine Aktiengesellschaft behandelt, die nach dem Recht des Sitzstaats der SE gegründet wurde, sofern die SE-VO nicht spezielle Vorschriften enthält. Gelten für die von der SE ausgeübte Geschäftstätigkeit besondere Vorschriften des einzelstaatlichen Rechts, so finden diese Vorschriften auf die SE uneingeschränkt Anwendung.

c)             Der Sitz der SE

Der Sitz der SE muss in der Gemeinschaft liegen, und zwar in dem Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung der SE befindet[3]. Mit der SE wird endlich die grenzüberschreitende Sitzverlegung in einen anderen Mitgliedsstaat gesellschaftsrechtlich zugelassen und voraussichtlich auch steuerneutral möglich sein[4]. Diese Verlegung führt weder zur Auflösung der SE noch zur Gründung einer neuen juristischen Person, wenn bestimmte Formvorschriften eingehalten werde und die Wahrung von Mitbestimmungs- und Gläubigerrechten sichergestellt ist.

Zunächst ist ein Verlegungsplan zu erstellen und offen zu legen. Er muss neben der bisherige Firma, dem bisherigen Sitz und der bisherigen Registriernummer als Mindestinhalt den vorgesehenen neuen Sitz, die vorgesehene Satzung sowie gegebenenfalls die neue Firma enthalten, ferner Angaben zu etwaigen Folgen der Verlegung für die Beteiligung der Arbeitnehmer den vorgesehenen Zeitplan für die Verlegung und etwaige zum Schutz der Aktionäre und/oder Gläubiger vorgesehene Rechte. Die rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte der Verlegung sind in einem Bericht  zu erläutern und zu begründen. In diesem Bericht sind auch die Auswirkungen der Verlegung für die Aktionäre, die Gläubiger sowie die Arbeitnehmer im Einzelnen darzulegen. Zwei Monate nach der Offenlegung des Verlegungsplans kann der Verlegungsbeschluss gefasst werden.

Die Eintragung der Sitzverlegung im Zielstaat kann erst vorgenommen werden, wenn eine behördliche, gerichtliche oder notarielle Bescheinigung mit dem Nachweis vorgelegt wird, dass die Interessen ihrer Gläubiger und sonstigen Forderungsberechtigten in Bezug auf alle vor der Offenlegung des Verlegungsplans entstandenen Verbindlichkeiten – nach Wahl der Mitgliedsstaaten auch auf alle Forderungen, die bis zum Zeitpunkt der Verlegung entstehen oder entstehen können – angemessen geschützt sind.

Die Sitzverlegung der SE sowie die sich daraus ergebenden Satzungsänderungen werden zu dem Zeitpunkt wirksam, zu dem die SE im Register des neuen Sitzes eingetragen wird. Mit der Offenlegung der neuen Eintragung der SE ist der neue Sitz Dritten gegenüber wirksam. Eine SE, die ihren Sitz in einen anderen Mitgliedstaat verlegt hat, gilt in Bezug auf alle Forderungen, die vor dem Zeitpunkt der Eintragung in das Register des neuen Sitzes entstanden sind, als SE mit Sitz in dem Mitgliedstaat, in dem sie vor der Verlegung eingetragen war, auch wenn sie erst nach der Verlegung verklagt wird. Im Interesse des Gläubigerschutzes können sich Dritte grundsätzlich weiterhin auf den früheren Sitz berufen, solange die Löschung der Eintragung im Register des früheren Sitzes nicht offen gelegt worden ist.

Die Sitzverlegung ist ausgeschlossen, wenn gegen sie ein Verfahren wegen Auflösung, Liquidation oder ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.

d)            Die Firma der SE

Die SE muss ihrer Firma den Zusatz „SE“ voran- oder nachstellen, wobei der Zusatz exklusiv für die SE steht. Nur die in einem Mitgliedstaat vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der SE-VO eingetragenen Gesellschaften oder sonstigen juristischen Personen, deren Firma den Zusatz „SE“ enthält, genießen firmenrechtlichen Bestandsschutz.

e)            Eintragung im Handelsregister, Veröffentlichung

Jede SE wird im Sitzstaat in ein nach dem Recht dieses Staates bestimmtes Register eingetragen, in Deutschland in das Handelsregister. Die Eintragung und die Löschung der Eintragung sowie die Sitzverlegung einer SE werden neben der Bekanntmachung nach dem jeweiligen nationalen Recht auch mittels einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht.

2.             Gründung einer SE

a)             Gründung durch Verschmelzung

Eines der maßgeblichen Ziele der SE-VO ist es, die Fusion von europaweit operierenden Unternehmen zu erleichtern. Als primäre Gründungsvariante sieht die SE-VO daher vor, dass eine SE durch Verschmelzung zur Neugründung oder zur Aufnahme[5] errichtet werden kann. Anzuwenden sind dabei grundsätzlich die für die Verschmelzung von Aktiengesellschaften geltenden Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, dessen Recht sie unterliegt. In Deutschland sind somit die Vorschriften des Umwandlungsgesetzes heranzuziehen, soweit nicht die in der SE-VO enthaltenen Sonderbestimmungen greifen.

Grundlage der Verschmelzung ist ein Verschmelzungsplan, dessen Mindestinhalt die SE-VO vorgibt und der weitgehend den Angaben des § 5 Abs. 1 UmwG entspricht. Die Hauptversammlung jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften hat dem Verschmelzungsplan zuzustimmen.

Zum Zweck der Rechtmäßigkeitskontrolle ist dem Registergericht eine notarielle oder sonstige behördliche Bescheinigung über die Ordnungsmäßigkeit des eingehaltenen Verfahrens vorzulegen. Das Registergericht kontrolliert insbesondere, ob die sich verschmelzenden Gesellschaften einem gleich lautenden Verschmelzungsplan zugestimmt haben, ob eine Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer gemäß der Richtlinie geschlossen wurde und ob die Gründung der SE den gesetzlichen Anforderungen des Sitzstaates genügt. Erst danach kann Verschmelzung eingetragen und damit die gleichzeitige Gründung der SE wirksam werden.

Mit der Wirksamkeit der Verschmelzung geht das gesamte Aktiv- und Passivvermögen jeder übertragenden Gesellschaft auf die übernehmende bzw. neugegründete SE über. Die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft werden Aktionäre der SE und die übertragenden Gesellschaften erlöschen. Die zum Zeitpunkt der Eintragung aufgrund der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten sowie aufgrund individueller Arbeitsverträge oder Arbeitsverhältnisse bestehenden Rechte und Pflichten der beteiligten Gesellschaften hinsichtlich der Beschäftigungsbedingungen gehen mit der Eintragung der SE auf diese über.

b)            Gründung einer Holding-SE

Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit Sitz und Hauptverwaltung in der Gemeinschaft, können eine Holding-SE gründen, wenn mindestens zwei von ihnen dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen oder seit mindestens zwei Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegende Tochtergesellschaft oder eine Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat haben. Voraussetzung ist, dass von jeder an der Gründung beteiligten Gesellschaft ein Mindestprozentsatz von Aktien oder sonstigen Anteile eingebracht wird, der mindestens 50 % der hierdurch verliehenen ständigen Stimmrechte an der einbringenden Gesellschaft verleiht.

Grundlage der Gründung einer Holding-SE ist auch hier ein gleich lautender Gründungsplan für die SE. Der Plan muss einen Bericht enthalten, der die Gründung aus rechtlicher und wirtschaftlicher Sicht erläutert und begründet. Ferner ist in dem Bericht darzulegen, welche Auswirkungen die Holding-SE für die Aktionäre und für die Arbeitnehmer hat. Der Mindestinhalt entspricht weitgehend dem des Verschmelzungsplans. Der Gründungsplan ist offen zu legen und zu prüfen. In dem Prüfungsbericht ist zu erklären, ob das Umtauschverhältnis der Aktien oder Anteile angemessen ist, sowie anzugeben, nach welchen Methoden das Umtauschverhältnis bestimmt worden ist und ob diese Methoden im vorliegenden Fall angemessen sind.

Die Mitgliedstaaten können für die eine Gründung anstrebenden Gesellschaften Vorschriften zum Schutz der die Gründung ablehnenden Minderheitsgesellschafter, der Gläubiger und der Arbeitnehmer erlassen. Einzelheiten regelt die SE-VO nicht.

c)             Gründung einer Tochter-SE

Gesellschaften und sonstige Körperschaften des öffentlichen oder privaten Rechts, mit Sitz und Hauptverwaltung in der Gemeinschaft, können eine SE (nachfolgend Tochter-SE genannt) gründen, sofern mindestens zwei von ihnen dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen oder seit mindestens zwei Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegende Tochtergesellschaft oder eine Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat haben. Die Gründung richtet sich im wesentlichen nach dem für die Gründung von Aktiengesellschaften geltenden einzelstaatlichen Recht.

d)            Umwandlung einer Aktiengesellschaft in eine SE

Eine Aktiengesellschaft mit Sitz und Hauptverwaltung in der Gemeinschaft, kann in eine SE umgewandelt werden, wenn sie seit mindestens zwei Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaates unterliegende Tochtergesellschaft hat. Die Umwandlung hat weder die Auflösung der Gesellschaft noch die Gründung einer neuen juristischen Person zur Folge. Der Sitz der Gesellschaft darf anlässlich der Umwandlung nicht in einen anderen Mitgliedstaat verlegt werden.

Auch im Fall der Umwandlung ist ein Umwandlungsplan nebst einen Bericht erforderlich, in dem die rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte der Umwandlung erläutert und begründet sowie die Auswirkungen, die der Übergang zur Rechtsform einer SE für die Aktionäre und für die Arbeitnehmer mit sich bringt, darzulegen sind. Zusätzlich ist in einer Bescheinigung die Kapitalaufbringung nachzuweisen. Anschließend hat die Hauptversammlung der betreffenden Gesellschaft dem Umwandlungsplan zuzustimmen und  die Satzung der SE zu genehmigen.

3.             Verfassung der SE

Die SE-VO respektiert die beiden in der EU vorhandenen Verfassungsarten der Aktiengesellschaft und übernimmt sowohl das monistische System ohne als auch das dualistische System mit Aufsichtsrat als Wahlalternativen für die SE.

a)             Dualistisches System

Das in der SE-VO als Leitungsorgan bezeichnete Geschäftsführungsorgan führt die Geschäfte der SE vergleichbar dem Vorstand einer deutschen Aktiengesellschaft in eigener Verantwortung. Die Mitglieder des Leitungsorgans werden vom Aufsichtsorgan (Aufsichtsrat) bestellt und abberufen; ein Doppelmandat mit Funktionen in beiden Gremien ist unzulässig. Erlauben Mitgliedsstaaten für dort ansässige Aktiengesellschaften die Direktwahl von Vorstandsmitgliedern durch die Hauptversammlung, darf die SE in diesen Mitgliedsstaaten eine entsprechende Möglichkeit vorsehen.

Das Aufsichtsorgan überwacht die Führung der Geschäfte durch das Leitungsorgan. Die Mitglieder des Aufsichtsorgans werden von der Hauptversammlung bestellt. Einzelstaatliche Rechtsvorschriften, die auch einer Minderheit von Aktionären oder Dritten die Bestellung eines Teils der Organmitglieder erlauben bleiben hiervon unberührt; gleiches gilt für eine Vereinbarung über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer. Die Zahl der Mitglieder des Aufsichtsorgans bestimmt die Satzung, wobei die Mitgliedstaaten eine Mindest- und Höchstzahl vorgeben können.

b)            Monistisches System

Im monistischen System werden Leitungs- und Aufsichtsorgan in einem Verwaltungsorgan zusammengefasst. Das Verwaltungsorgan führt die Geschäfte der SE. Dabei bestimmt vorbehaltlich einzelstaatlicher Sonderbestimmungen die Satzung die Zahl der Mitglieder und die Regeln für ihre Festlegung. Ist die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der SE gemäß der SE-RL geregelt, muss das Verwaltungsorgan aus mindestens drei Mitgliedern bestehen. Die Mitglieder des Verwaltungsorgans werden von der Hauptversammlung bestellt. Wie im dualistischen System bleiben einzelstaatliche Rechtsvorschriften, die auch einer Minderheit von Aktionären oder Dritten die Bestellung eines Teils der Organmitglieder erlauben, oder eine Vereinbarung über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer, unberührt.

Enthält das Recht eines Mitgliedstaats in Bezug auf Aktiengesellschaften mit Sitz in seinem Hoheitsgebiet keine Vorschriften über ein monistisches System, kann dieser Mitgliedstaat entsprechende Vorschriften in Bezug auf SE erlassen – und umgekehrt. Dadurch wird gewährleistet, dass beide Modelle in jedem Mitgliedsstaat errichtet werden können.

c)             Systemübergreifende Verfassung der SE

Die Mitglieder der Organe der Gesellschaft werden für einen in der Satzung festgelegten Zeitraum von höchstens sechs Jahren bestellt. Die Satzung der SE kann vorsehen, dass nicht nur natürliche Personen, sondern auch eine Gesellschaft oder eine andere juristische Person Mitglied eines Organs sein kann, wenn das für Aktiengesellschaften maßgebliche Recht des Sitzstaats dies erlaubt. Die betreffende Gesellschaft oder sonstige juristische Person hat dann zur Wahrnehmung ihrer Befugnisse in dem betreffenden Organ eine natürliche Person als Vertreter zu bestellen.

In der Satzung der SE werden die Arten von Geschäften aufgeführt, für die im dualistischen System das Aufsichtsorgan dem Leitungsorgan seine Zustimmung erteilen muss und im monistischen System ein ausdrücklicher Beschluss des Verwaltungsorgans erforderlich ist. Im dualistischen System kann das Aufsichtsorgan selbst bestimmte Arten von Geschäften von seiner Zustimmung abhängig machen kann, ohne dass hier eine Aufnahme des Katalogs in die Satzung erforderlich ist.

d)            Hauptversammlung

Die Hauptversammlung der SE übt als Organ vergleichbare Funktionen aus, wie die Hauptversammlung einer inländischen Aktiengesellschaft. Ihre Kompetenzen orientieren sich an den jeweiligen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften für Aktiengesellschaften. Die Hauptversammlung beschließt ferner über alle ihr durch die SE-VO und die SE-RL zugewiesenen  Angelegenheiten. Auch für die Organisation und den Ablauf der Hauptversammlung sowie für die Abstimmungsverfahren gelten grundsätzlich die im Sitzstaat der SE für Aktiengesellschaften maßgeblichen Rechtsvorschriften. Die SE-VO enthält daneben noch spezielle Regelungen und Mindeststandards zur Beschlussfassung und über Minderheitenschutz in der Hauptversammlung, die weitgehend deutschem Aktienrecht entsprechen.

4.             Jahresabschluss

Bei Aufstellung ihres Jahresabschlusses, ihres konsolidierten Abschlusses einschließlich des dazugehörigen Lageberichts sowie der Prüfung und der Offenlegung dieser Abschlüsse unterliegt die SE den für Aktiengesellschaften am Sitz der SE geltenden Vorschriften. Solange für den Sitzstaat der SE die dritte Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) nicht gilt, kann die SE die Abschlüsse in Euro erstellen und offen legen. Der Mitgliedstaat kann verlangen, dass die Abschlüsse nach den für die dem Recht dieses Staates unterliegenden Aktiengesellschaften geltenden Vorschriften in der Landeswährung erstellt und offen gelegt werden.

Handelt es sich bei der SE um ein Kreditinstitut oder ein Finanzinstitut, so unterliegt sie hinsichtlich der Aufstellung ihres Jahresabschlusses und gegebenenfalls ihres konsolidierten Abschlusses einschließlich des dazugehörigen Lageberichts sowie der Prüfung und der Offenlegung dieser Abschlüsse den gemäß der Richtlinie 86/635/EWG[6] erlassenen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften des Sitzstaats; ein Versicherungsunternehmen in der Rechtsform einer SE unterliegt der Richtlinie 91/674/EWG[7] und den hiernach erlassenen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften.

5.             Auflösung, Liquidation, Insolvenz, Umwandlung in eine AG

Auflösung, Liquidation und Folgen der Insolvenz einer SE unterliegen nach der SE-VO grundsätzlich den jeweiligen für eine Aktiengesellschaft geltenden Rechtsvorschriften. Die SE kann daneben auch dann der Liquidation unterliegen, wenn sie ihre Hauptverwaltung ohne förmliche Sitzverlegung außerhalb des Sitzstaates verlegt.

Eine SE kann in eine dem Recht ihres Sitzstaats unterliegende Aktiengesellschaft umgewandelt werden. Das Verfahren folgt dem der Umwandlung einer Aktiengesellschaft in eine SE – von einer Darstellung im Einzelnen wird deshalb an dieser Stelle abgesehen.

D.            Arbeitnehmermitbestimmung in der SE

Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist die eigentliche Sensation der am 20.12.2000 vom Rat der Europäischen Union getroffenen Entscheidung die (politische) Einigung über den „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Aktiengesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer“[8]. Seit mehr als 30 Jahre verhinderte der Streit der Mitgliedsstaaten um den Grad der Mitwirkung der Arbeitnehmer in den Entscheidungsorganen der Unternehmen die Verabschiedung des Status der SE.

Der vom Rat verabschiedete Richtlinienvorschlag sieht eine Festlegung der Mitbestimmung in der SE primär im Wege freier Verhandlungen zwischen der Unternehmensführung und einem besonderen Verhandlungsgremium der Arbeitnehmerseite vor. Für den Fall, dass die Verhandlungen scheitern, greift eine Auffangregelung, die hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer bestimmte Standardanforderungen sichert. Der Vorschlag verzichtet dabei darauf, auf die jeweilige nationale Gesetzgebung abzustellen, sondern richtet sein Augenmerk auf die Situation der an der Gründung der europäischen Aktiengesellschaft beteiligten Unternehmen und die Rechtsposition, die deren Arbeitnehmer bisher inne hatten.

1.             Besonderen Verhandlungsgremium, Aufgabe und Beschlussfassung

Unverzüglich nach Offenlegung des Verschmelzungsplans bzw. Plans zur Gründung einer Holding-SE, Tochter-SE oder zur Umwandlung in eine SE haben die Leitungs- oder Verwaltungsorgane der beteiligten Gesellschaften die notwendigen Schritte zur Aufnahme von Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern – gerichtet auf die einvernehmlichen Ausgestaltung der künftigen Arbeitnehmerbeteiligung – einzuleiten. Hierzu zählt in erster Linie die Bestellung des Verhandlungsgremiums, das die Arbeitnehmer der beteiligten Gesellschaften sowie der betroffenen Tochtergesellschaften und Betriebe vertritt, und den Leitungs- oder Verwaltungsorganen der beteiligten Unternehmen als Verhandlungspartner gegenüber steht.

Das Wahl- bzw. Bestellungsverfahren für die Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums, die in ihrem Hoheitsgebiet zu wählen oder zu bestellen sind, legen die jeweiligen Mitgliedstaaten fest. Nach  Möglichkeit soll jede Gesellschaft, die in dem jeweiligen Mitgliedstaat Arbeitnehmer beschäftigt, durch ein Mitglied im Verhandlungsgremium vertreten sein. Allerdings begrenzt der Richtlinienvorschlag die Gesamtzahl der Mitglieder nach oben: Pro Mitgliedstaat kann für jeden Anteil der auf seinem Hoheitsgebiet in Gesellschaften, betroffenen Tochtergesellschaften und Betrieben beschäftigten Arbeitnehmer, der 10 % der Gesamtzahl der in allen Mitgliedstaaten beschäftigten Arbeitnehmer entspricht, je ein Sitz im Verhandlungsgremium beansprucht werden. Erreicht die Belegschaftsstärke keine 10%, besteht für diesen Bruchteil ein Anspruch auf einen Sitz. Im Falle der Verschmelzung ist sicherzustellen, dass jede beteiligte Gesellschaft, deren Rechtspersönlichkeit in Folge der geplanten Eintragung der SE erlöschen wird, durch mindestens 1 Mitglied im Verhandlungsgremium vertreten ist, sofern durch die Aufnahme dieser zusätzlichen Mitglieder die nach den obigen Grundsätzen ermittelte Obergrenze nicht um mehr als 20 % überschritten wird und/oder betroffene Arbeitnehmer im Verhandlungsgremium nicht doppelt vertreten werden. Im Falle der Überschreitung der zulässigen Gesamtmitgliederzahl werden die Zusatzmitglieder aus Gesellschaften verschiedener Mitgliedsstaaten entsandt, und zwar nach Maßgabe der bei ihnen jeweils beschäftigten Arbeitnehmer, beginnend mit der höchsten Beschäftigtenzahl, sodann in absteigender Reihenfolge.

Aufgabe des besonderen Verhandlungsgremiums und der zuständigen Leitungs- oder Verwaltungsorgane der beteiligten Gesellschaften ist es, in einer schriftlichen Vereinbarung die Beteiligung der Arbeitnehmern in der SE festzulegen. Die Verhandlungen können nach Art. 5 Abs. 1 bis zu 6 Monaten dauern und sind lediglich im Einvernehmen bis zu maximal einem Jahr verlängerbar; die durch sie ausgelösten Kosten sind von den beteiligten Gesellschaften zu tragen.

Für eine wirksame Beschlussfassung im besonderen Verhandlungsgremium ist die absolute Mehrheit der Stimmen erforderlich, wobei jedes Mitglied eine Stimme hat. Einer qualifizierten Mehrheit von 2/3 der Stimmen bedarf es indessen, wenn die Verhandlungen zu einer Minderung der Mitbestimmungsrechte führten. Das gilt in der Verschmelzungs-SE allerdings nur, wenn sich bereits zuvor die Mitbestimmung auf mindestens 25 % der Gesamtzahl der Arbeitnehmer der beteiligten Gesellschaften, in der Holding-SE und Tochter-SE auf mindestens 50 % der insgesamt in den beteiligten Gesellschaften tätigen Arbeitnehmer erstreckte.

Nach Art. 3 Abs. 6 kann das besondere Verhandlungsgremium – allerdings wiederum nur mit einer qualifizierten Mehrheit von 2/3 der Stimmen – beschließen, keine Verhandlungen aufzunehmen oder bereits begonnene Verhandlungen abzubrechen und die Vorschriften für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer zur Anwendung gelangen zu lassen, die in den Mitgliedsstaaten gelten, in denen die SE Arbeitnehmer beschäftigt. Die Auffangregelung (Anhang zur SE-RL) kommt in diesem Fall nicht zur Anwendung. Frühestens nach Ablauf von 2 Jahren kann das besondere Verhandlungsgremium wieder einberufen werden, sofern die Parteien eine frühere Wiederaufnahme nicht vereinbaren. In einer bislang mitbestimmten Gesellschaft, die in eine SE umgewandelt werden soll, schließt der Richtlinienvorschlag allerdings einen Beschluss, keine Verhandlungen über die künftige Mitbestimmung aufzunehmen oder diese abzubrechen, ausdrücklich aus. Damit soll einer „Flucht aus der Mitbestimmung“ begegnet werden.

2.             Inhalt der Vereinbarung

Als Mindestinhalt der schriftlichen Vereinbarung zwischen der Unternehmensführung der beteiligten Gesellschaften und dem besonderen Verhandlungsgremium legt Art. 4 Abs. 2 fest:

–          Geltungsbereich der Vereinbarung

–          Zusammensetzung des Vertretungsorgans als Verhandlungspartner des zuständigen Organs der SE im Rahmen der Vereinbarung über die Unterrichtung und Anhörung, sowie die Anzahl seiner Mitglieder und Sitzverteilung

–          Befugnisse und das Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung des Vertretungsorgans

–          Häufigkeit der Sitzungen des Vertretungsorgans

–          die für das Vertretungsorgan bereitzustellenden finanziellen und materiellen Mittel

–          Durchführungsmodalitäten des Verfahren zu Unterrichtung und Anhörung für den Fall, dass die Parteien derartige Verfahren schaffen, anstatt ein Vertretungsorgan einzusetzen

–          Inhalt einer Vereinbarung über die Mitbestimmung für den Fall, dass die Parteien im Laufe der Verhandlung über den Abschluss einer Vereinbarung diesen Inhalts Einvernehmen erzielen, einschließlich Zahl der von den Arbeitnehmern zu wählenden oder vorzuschlagenden Vertreter für das Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan der SE, des Wahl- bzw. Vorschlagsverfahrens sowie der Rechte der Vertreter

–          Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vereinbarung, Laufzeit, Bedingungen einer Neuaushandlung.

Im Rahmen einer Vereinbarung hinsichtlich der Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer ist also eine Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmerseite stets vorzusehen. Demgegenüber ist die Einigung über eine Unternehmensmitbestimmung in die freie Entscheidung der Parteien gestellt. Eine Ausnahme gilt zum Schutz erworbener Mitbestimmungsrechte wiederum für die durch Umwandlung entstandene SE: Die im Wege der Verhandlung erzielte Vereinbarung muss die Arbeitnehmerbeteiligung in dem Ausmaß vorsehen, wie sie zuvor in der umzuwandelnden Gesellschaft gewährleistet war.

3.             Auffangregelung (Art. 7 und Anhang)

Nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, kraft Gesetzes eine Auffangregelung zur Beteiligung der Arbeitnehmer einzuführen. Sie findet Anwendung, wenn die Parteien sich hierüber verständigen oder eine Einigung nicht rechtzeitig im Sinne des Art. 5 erzielt werden kann. Maßgeblich ist dann die Auffangregelung des Mitgliedstaates, in dem die SE ihren Sitz haben wird. Inhaltlich muss die Auffangregelung den Vorgaben des Richtlinien-Anhangs entsprechen: Zum Zwecke der Wahrnehmung der den Arbeitnehmern zustehenden Beteiligungsrechte in der SE ist ein Vertretungsorgan einzusetzen, das sich aus den Arbeitnehmern der SE, ihrer Tochtergesellschaften und Betriebe zusammensetzt. Die in das Vertretungsorgan zu entsendenden Mitglieder werden von den Arbeitnehmervertretern aus ihrer Mitte oder, in Ermangelung solcher Vertreter, von der Gesamtheit der Arbeitnehmer gewählt oder bestellt. Die Wahl/Bestellung der Mitglieder erfolgt nach Maßgabe der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften. In dem Vertretungsorgan kann pro Mitgliedstaat für jeden Anteil der in diesem Mitgliedstaat beschäftigten Arbeitnehmer, der 10% der Gesamtzahl der in allen Mitgliedstaaten beschäftigten Arbeitnehmer der beteiligten Gesellschaften und der betroffenen Tochtergesellschaften und Betriebe entspricht, ein Sitz beansprucht werden. Erreicht die Belegschaftsstärke keine 10%, besteht für diesen Bruchteil Anspruch auf einen Sitz.

Dem Vertretungsorgan sind im Rahmen der Auffangregelung Anhörungs- und Unterrichtungsrechte einzuräumen, die gegenständlich auf transnationale Sachverhalte beschränkt bleiben. Das Vertretungsorgan kann verlangen, von dem zuständigen Leitungs- oder Verwaltungsorgan auf der Grundlage regelmäßig erstellter Berichte über die Entwicklung der Geschäftslage und die Perspektiven der SE unterrichtet und gehört zu werden und hierzu mit dem Gesellschaftsorgan mindestens einmal jährlich zusammenzutreten. Das Gesellschaftsorgan übermittelt dem Vertretungsorgan überdies die Tagesordnung aller Sitzungen des Verwaltungsorgans oder ggf. des Leitungs- und des Aufsichtsorgans sowie Kopien aller Unterlagen, die der Hauptversammlung der Aktionäre unterbreitet werden. Außerhalb dieser regelmäßigen Beteiligung des Vertretungsorgans ist dem Vertretungsorgan ein besonderes Unterrichtungsrecht bei außergewöhnlichen Umständen, die erhebliche Auswirkungen auf die Interessen der Arbeitnehmer haben können, wie etwa Verlegungen, Verlagerungen, Unternehmensschließungen, einzuräumen. Das Vertretungsorgan kann in diesen Fällen ein Zusammentreffen mit dem Unternehmensorgan zum Zwecke seiner Unterrichtung und Anhörung verlangen, das auf Antrag zu wiederholen ist, wenn die Unternehmensführung beschließt, abweichend von der Stellungnahme des Vertretungsorgans vorzugehen. Die abschließende Entscheidung über die Durchführung der Maßnahme bleibt allerdings stets der Unternehmensführung vorbehalten. Die Ausgaben des Vertretungsorgans gehen zu Lasten der SE.

Die Auffangregelung findet in dem von ihr weiterhin vorzusehenden Mitbestimmungsteil nur Anwendung, wenn die bisherige Mitbestimmungssituation in den beteiligten Gesellschaften die Sicherung von Mindeststandards auch gebietet: Im Falle der durch Umwandlung errichteten SE findet die Auffangregelung über die Mitbestimmung Anwendung, wenn die umgewandelte Gesellschaft zuvor mitbestimmt war. Bei der Verschmelzung soll die Mitbestimmtheit einer oder mehrerer der beteiligten Gesellschaften zur Anwendung der Auffangregelung führen, wenn sie sich auf mindestens 25 % der Gesamtzahl der beschäftigen Arbeitnehmer aller beteiligten Gesellschaften erstreckte. Wird dieser Prozentsatz nicht erreicht, soll die Auffangregelung nur dann greifen, wenn das besondere Verhandlungsgremium einen entsprechenden Beschluss fasst. Für die Errichtung einer Holding-SE oder Tochter-SE trifft der Richtlinienvorschlag eine zur Verschmelzungs-SE parallele Vorschrift mit der einzigen Abweichung, dass sich der für die Anwendung der Auffangregelung maßgebliche Prozentsatz für den bisherigen Mitbestimmungsumfang auf 50% aller in den beteiligten Gesellschaften beschäftigten Arbeitnehmer bezieht. In diesem Zusammenhang ist darüber hinaus Art. 7 Abs. 3 von Bedeutung: Er beinhaltet das für die Einigung im Ministerrat am 20.12.2000 notwendige Zugeständnis an Spanien, und stellt es den Mitgliedstaaten frei, vorzusehen, dass die Auffangregelung in ihrem Mitbestimmungsteil auf den Fusionsfall keine Anwendung findet. Macht ein Mitgliedstaat hiervon Gebrauch, kann er allerdings eine durch Verschmelzung errichtete SE nur registrieren, wenn es eine Verhandlungslösung zur Beteiligung der Arbeitnehmer – einschließlich Mitbestimmung – gibt oder wenn alle betroffenen Arbeitnehmer zuvor ohne Mitbestimmung waren[9].

Was Art und Umfang der vorzusehenden Unternehmensmitbestimmung anbelangt, ist den Arbeitnehmern der SE, ihrer Tochtergesellschaften und Betriebe und/oder ihrem Vertretungsorgan das Recht einzuräumen, einen Teil der Mitglieder des Verwaltungs- oder des Aufsichtsorgans der SE zu wählen oder zu bestellen oder deren Bestellung zu empfehlen oder abzulehnen. Die Zahl der durch sie zu bestellenden oder zur Wahl vorzuschlagenden Mitglieder bemisst sich dabei nach dem höchsten Anteil der Arbeitnehmervertreter im Aufsichts- oder Verwaltungsorgan, der für eine der beteiligten Gesellschaften vor der Eintragung der SE maßgeblich war. Das Vertretungsorgan entscheidet über die Verteilung der Sitze im Verwaltungs- oder im Aufsichtsorgan oder die Art und Weise, in der die Arbeitnehmer der SE Mitglieder dieser Organe empfehlen oder ablehnen können, entsprechend den jeweiligen Anteilen der in den einzelnen Mitgliedsstaaten beschäftigten Arbeitnehmern der SE. Die über die Arbeitnehmerseite bestellten Mitglieder sind als vollberechtigte Mitglieder mit denselben Rechte und Pflichten wie die Mitglieder, die die Anteilseigner vertreten, auszustatten. Bestanden in den beteiligten Gesellschaften verschiedene Mitbestimmungsformen, befindet das besondere Verhandlungsgremium darüber, welche für die SE gelten soll. War allerdings keine der beteiligten Gesellschaften zuvor mitbestimmt, ist eine Unternehmensmitbestimmung auch für die SE nicht verpflichtend. Eine gesonderte Regelung im Anhang stellt für den Fall der Gründung einer SE im Wege der Umwandlung nochmals ausdrücklich klar, dass die dort bisher geltende Unternehmensmitbestimmung in vollem Umfang fortgeschrieben wird.

4.             Schutz der Arbeitnehmervertreter und Verhältnis zu anderen Bestimmungen

Nach Art. 10 der Richtlinie müssen den Mitgliedern des Verhandlungsgremiums, des Vertretungsorgans sowie den Arbeitnehmervertretern, die Mitglieder im Aufsichts- oder Verwaltungsorgan sind, oder bei einem Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung mitwirken, der gleiche Schutz und gleichartige Sicherheiten wie nach nationalem Recht gewährleistet werden.

Die Bestimmungen des Richtlinienvorschlags gehen den mit der Richtlinie 94/45/EG des Rates vom 22.09.1994 über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrates getroffenen Regelungen vor. Einzelstaatliche Rechtsvorschriften zur Unternehmensmitbestimmung, die nicht der Umsetzung dieser Richtlinie dienen, finden auf die von dem Richtlinienvorschlag erfassten Gesellschaften keine Anwendung. Dagegen bleibt es bei der Unternehmensmitbestimmung  nach nationalem Recht für die Tochtergesellschaften der SE. Im übrigen behalten auch anderweitige Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer nach nationalem Recht ihre Gültigkeit (vgl. insgesamt Art. 12) .

E.            Besteuerung der SE

Noch gänzlich ungeklärt ist die Besteuerung der SE. Soll die Rechtsform bis Mitte 2004 zur Verfügung stehen, muss das Steuersystem bis dahin feststehen, eher deutlich früher. Denn ohne einen verlässlichen Steuerrechtsrahmen machen Planungen zur Umstrukturierung keinen Sinn. Bis dahin ist es aber noch ein steinige Weg, auf dem auch die vielfältigen Fragen der steuerneutralen grenzüberschreitenden Verschmelzung oder des grenzüberschreitenden steuerlichen Verlustausgleichs gelöst werden müssen.

Eine Lösung könnte hier die Umsetzung der steuerliche Fusionsrichtlinie vom 23. Juli 1990[10] bieten, die bislang nur hinsichtlich der Einbringung von ausländischen Unternehmensbeteiligungen in deutsches Recht umgesetzt ist. Ferner kann auf die steuerliche Mutter-Tocher-Richtlinie[11] vom selben Tag zurückgegriffen werden. Die Bundesregierung arbeitet zur Zeit an einer Novellierung des Umwandlungs- und des Auslandssteuerrechts. Im Zuge dieser Gesetzgebungsmaßnahmen bietet sich an, die Fusionsrichtlinie in nationales Recht zu transformieren. Der wesentliche Regelungsinhalt der Richtlinien wird nachfolgend als Anhaltspunkt für einen zukünftigen Steuerrechtsrahmen wiedergegeben.

1.             Fusionsrichtlinie

Der Richtliniengeber hat bereits 1990 erkannt, dass Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensanteilen und der Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, notwendig sein können, um binnenmarktähnliche Verhältnisse in der Gemeinschaft zu schaffen. Sie dürfen nicht durch besondere Beschränkungen, Benachteiligungen oder Verfälschungen aufgrund von steuerlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten behindert werden. Damals wie heute werden diese Vorgänge im Vergleich zu entsprechenden Vorgängen bei Gesellschaften desselben Mitgliedstaats durch Bestimmungen steuerlicher Art benachteiligt. Diese Benachteiligung muss nach Auffassung des Rates durch eine gemeinsame steuerliche Regelung beseitigt werden. Technisch wird ein Verfahren des Aufschubs der Besteuerung des Wertzuwachses eingebrachter Vermögenswerte bis zu deren tatsächlicher Realisierung vorgeschlagen. Die Zuteilung von Anteilen an der übernehmenden oder erwerbenden Gesellschaft an die Gesellschafter der einbringenden Gesellschaft darf nach dem Richtlinientext für sich allein keine Besteuerung in der Person der Gesellschafter auslösen.

a)             Anwendungsbereich der Richtlinie

Die Richtlinie behandelt Fusionen, Spaltungen, den Austausch von Anteilen und Einbringungen unter Beteiligung von Kapitalgesellschaften. Nach deutschem Rechtsverständnis sind darunter sowohl die Verschmelzung, die Aufspaltung und ferner die Ausgliederung eines Betriebs oder Teilbetriebs zu verstehen. Als Austausch von Anteilen beschreibt die Richtlinie den auch als „Aktientausch“ bekannten Vorgang, durch den eine Gesellschaft am Gesellschaftskapital einer anderen Gesellschaft eine Beteiligung erwirbt, die ihr die Mehrheit der Stimmrechte verleiht, und zwar gegen Gewährung von Anteilen an der erwerbenden Gesellschaft an die Gesellschafter der anderen Gesellschaft.

b)            Grundsätze der Besteuerung

Die Fusion oder die Spaltung der beteiligten Rechtsträger darf keine Besteuerung der stillen Reserven, also des Unterschieds zwischen dem tatsächlichen Wert und dem steuerlichen Wert des übertragenen Aktiv- und Passivvermögens auslösen. Dabei ist der steuerliche Wert der Wert, der für die Ermittlung des Einkommens, Gewinns oder Verlustes oder von Wertsteigerungen der einbringenden Gesellschaft zugrunde gelegt worden wäre, wenn das Vermögen gleichzeitig mit der Fusion oder der Spaltung, aber unabhängig davon, veräußert worden wäre.

Voraussetzung ist, dass die übernehmende Gesellschaft die neuen Abschreibungen und die späteren Wertsteigerungen oder Wertminderungen des übertragenen Aktiv- und Passivvermögens so berechnet, wie die einbringende Gesellschaft sie ohne die Fusion oder die Spaltung berechnet hätte. Die stillen Reserven werden aber insoweit besteuert, als die übernehmende Gesellschaft nach dem Recht des Mitgliedstaats der einbringenden Gesellschaft die Befugnis hat und auch ausübt, die neuen Abschreibungen oder die späteren Wertsteigerungen oder Wertminderungen des übertragenen Aktiv- und Passivvermögens abweichend zu berechnen.

Die von der einbringenden Gesellschaft unter völliger oder teilweiser Steuerbefreiung zulässigerweise gebildeten Rückstellungen oder Rücklagen – soweit sie nicht von Betriebsstätten im Ausland stammen – sollen unter den gleichen Voraussetzungen von den im Staat der einbringenden Gesellschaft gelegenen Betriebsstätten der übernehmenden Gesellschaft ausgewiesen werden können, wobei die übernehmende Gesellschaft in die Rechte und Pflichten der einbringenden Gesellschaft eintritt.

Zwar regelt die Richtlinie noch keine grenzüberschreitende Verlustübernahme bei Fusionen, Spaltungen, Einbringung und dem Austausch von Anteilen; sie verlangt aber die Verlustübernahmemöglichkeit durch im Mitgliedsstaat der einbringenden Gesellschaft belegene Betriebsstätten der übernehmenden Gesellschaft, wenn dies bei vergleichbaren Vorgängen zwischen Gesellschaften nur des Staats der einbringenden Gesellschaft zulässig wäre. Des Weiteren ordnet die Richtlinie die Steuerfreiheit von Übertragungsgewinnen an, die bei der übernehmenden Gesellschaft beim Untergang ihrer Beteiligung am Kapital der einbringenden Gesellschaft entstehen. Die Mitgliedstaaten können hiervon Beteiligungen von 25% und darunter ausnehmen.

Die Zuteilung von Anteilen am Gesellschaftskapital der übernehmenden oder erwerbenden Gesellschaft an die Gesellschafter der einbringenden oder erworbenen Gesellschaft gegen Anteile an deren Gesellschaftskapital aufgrund der Fusion, der Spaltung oder des Austausches von Anteilen darf für sich allein keine Besteuerung des Veräußerungsgewinns auslösen. Voraussetzung ist, dass der Gesellschafter den erworbenen Anteilen keinen höheren steuerlichen Wert beimisst, als den Anteilen an der einbringenden oder erworbenen Gesellschaft unmittelbar vor der Fusion, der Spaltung oder dem Austausch von Anteilen beigemessen war. Die Mitgliedstaaten sind aber nicht gehindert, die Besteuerung na

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