21.05.2001

Bislang war wettbewerbsrechtlich ungeklärt, ob es zulässig ist,  rein beschreibende Angaben oder Gattungs- bzw. Branchenbezeichnungen als Domain-Namen (z.B. „software.de“, „auto.de“, „makler.de“) zu verwenden. Anbieter, die solche Gattungsbezeichnungen als Domain benutzen, haben einen offensichtlichen Wettbewerbsvorteil, da ihre Seiten im Netz erheblich leichter zu finden sind. Immerhin hat ein erheblicher Teil der Intenet-Nutzer die Erwartung, mit der möglicherweise nur versuchsweisen Eingabe einer Branchenbezeichnung an das gewünschte Ziel zu gelangen, auch ohne die Namen konkreter Anbieter zu kennen. Hiermit verband sich der Vorwurf einer „wettbewerbswidrigen Kanalisierung der Kundenströme“.

So untersagte das Oberlandesgericht Hamburg in einem Urteil vom 13. Juli 1999 (3 U 58/98) die Verwendung des Domain-Namens „mitwohnzentrale.de“. Das OLG stellte sich auf den Standpunkt, die Verwendung von Gattungsbezeichnungen als Domain-Namen sei unlauter und daher generell nach § 1 UWG verboten. Mit solchen Domain-Namen werde der Teil der Interessenten „abgefangen“, der durch Eingabe eines Gattungsbegriffs als Internet-Adresse nach Angeboten suche. Diese Kunden gelangten zufällig auf die Homepage der Beklagten mit der Folge, dass nach anderen Wettbewerbern aus Bequemlichkeit nicht mehr gesucht werde und ein Leistungsvergleich unterbleibe. Dies führe zu einer erheblichen „Kanalisierung der Kundenströme“, was eine nachhaltige Beeinträchtigung des Wettbewerbs zur Folge haben könne.

Der Bundesgerichtshof ist dem nicht gefolgt. Vielmehr hat er in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 17. Mai 2001 – 1 ZR 216/99 -) die verbreitete Übung, Gattungsbegriffe als Internet-Adresse zu verwenden, als rechtmäßig anerkannt. Das beanstandete Verhalten passe – so der u.a. für das Wettbewerbs- und Markenrecht zuständige I. Zivilsenat – in keine der Fallgruppen, die die Rechtsprechung zur Konkretisierung des Verbots von „Handlungen, die gegen die guten Sitten verstoßen“ (§ 1 UWG) entwickelt hat. Allein mit dem Argument einer „Kanalisierung der Kundenströme“ könne eine Wettbewerbswidrigkeit nicht begründet werden. Ein Abfangen von Kunden sei nur dann unlauter, wenn sich der Werbende gewissermaßen zwischen den Mitbewerber und dessen Kunden stelle. Wer einen Gattungsbegriff verwende, nutze aber nur einen sich bietenden Vorteil, ohne dabei in unlauterer Weise auf bereits dem Mitbewerber zuzurechnende Kunden einzuwirken. Im Übrigen sei sich der Verbraucher, der den Einsatz von Suchmaschinen als lästig empfinde und statt dessen direkt einen Gattungsbegriff als Internet-Adresse eingebe, im allgemeinen über die Nachteile dieser Suchmethode im Klaren, insbesondere über die Zufälligkeit des gefundenen Ergebnisses.

Der Bundesgerichtshof hat jedoch klargestellt, dass die Zulässigkeit der Verwendung von beschreibenden Begriffen als Domain-Namen auch Grenzen hat. Sie könne zum einen missbräuchlich sein, wenn der Verwender nicht nur die Gattungsbezeichnung unter einer Top-Level-Domain (hier „.de“) nutzt, sondern gleichzeitig andere Schreibweisen oder die Verwendung derselben Bezeichnung unter anderen Top-Level-Domains blockiert. Zum anderen dürfe die Verwendung von Gattungsbezeichnungen nicht irreführend sein.

Letzteres kann namentlich bei einer unzutreffenden Alleinstellungsbehauptung der Fall sein, wenn also der Eindruck erweckt wird, es handele sich bei dem Verwender der Gattungsbezeichnung um den einzigen oder doch um den maßgeblichen Anbieter einer Branche. Dieser Gesichtspunkt führte dazu, dass der Fall „mitwohnzentrale.de“ jetzt vom Bundesgerichtshof an das Oberlandesgericht Hamburg zurückverwiesen wurde. Das OLG muss nun dem Vorwurf nachgehen, mit der Verwendung der Bezeichnung „mitwohnzentrale.de“ werde eine solche unzutreffende Alleinstellungsbehauptung aufgestellt. Sollte es eine Irreführung bejahen, wäre dem Beklagten z.B. aufzugeben, „mitwohnzentrale.de“ nur zu benutzen, wenn auf der homepage darauf hingewiesen wird, dass es noch andere Anbieter von Mitwohnzentralen gibt.

Verfasser: Rechtsanwalt Alfred Hennemann

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