28.10.2009

Das OLG Celle hat mit Urteil vom 27. Mai 2009 – 15 UF 4/09 – einen Ehevertrag als wirksam angesehen, in dem die Ehegatten auf Nachscheidungsunterhalt verzichtet, den Versorgungsausgleich ausgeschlossen sowie Gütertrennung vereinbart hatten (Globalverzicht).

Die Parteien in dieser Entscheidung sind beamtete Realschullehrer. Einige Tage vor Eheschließung in 1978 vereinbarten die Parteien einen Ehevertrag mit Globalverzicht. Die Ehegatten hatten gemeinsamen Kinderwunsch. In der Folgezeit wurden zwei Töchter geboren, die von der Ehefrau versorgt worden sind. Die Ehefrau reduzierte hierzu ihre Tätigkeit als Realschullehrerin; der Ehemann war weiterhin vollschichtig berufstätig. Während der Ehezeit haben die Beteiligten ein Hausgrundstück erworben und mit einer Immobilie bebaut; das Grundstück befindet sich im Alleineigentum des Ehemannes. Zum Zeitpunkt der Scheidung verfügten beide Ehegatten über Einnahmen aus ihrer Tätigkeit als Realschullehrer sowie über weitere Einnahmen.

Der Ehemann leitete in 2008 das Scheidungsverfahren ein. Die Ehefrau begehrte Auskunft zum Endvermögen im Rahmen des Zugewinnausgleichs und Durchführung des Versorgungsausgleichs. Sie begründete dies damit, der Ehevertrag, in dem beide Seiten auf alle denkbaren Ansprüche verzichtet hatten, sei unwirksam. Der Antrag der Ehefrau hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg.

Das OLG Celle befand, weder sei der Ehevertrag aus 1978 nichtig noch sei der Ehemann anlässlich des Scheidungsverfahrens gehindert, sich auf die Regelungen in dem Ehevertrag zu berufen.

Der Globalverzicht könne für sich genommen eine objektive Benachteiligung darstellen, so dass eine Sittenwidrigkeit nicht ausgeschlossen sei. Jedoch fehle esan dem subjektiven Element der Sittenwidrigkeit. Ein Ehevertrag mit Globalverzicht sei nur dann sittenwidrig, wenn der Globalverzicht unter Ausnutzung einer Zwangslage oder der Unterlegenheit des anderen Ehegatten vereinbart worden sei. Hierfür gebe der Sachverhalt nichts her. Die Ehefrau sei weder bei Abschluss des Vertrages schwanger gewesen noch habe sie sich in einer intellektuellen oder wirtschaftlichen Unterlegenheit gegenüber dem Ehemann befunden.

Der Ehevertrag unterliege auch nicht der sogenannten Ausübungskontrolle. Zur Erläuterung: Ein Ehegatte kann sich nicht auf den Ehevertrag berufen, wenn die tatsächliche Lebensgestaltung nach Abschluss des Ehevertrages von dem abweicht, was die Parteien bei Abschluss des Ehevertrages geplant hatten. Davon könne hier keine Rede sein. Die Ehegatten hätten das Leben gelebt, das sie sich bei Abschluss des Ehevertrages vorgestellt hätten. Die Ehegatten waren nach Abschluss des Ehevertrages berufstätig. Die Ehefrau hat ihre Berufstätigkeit anlässlich der Kinderbetreuung reduziert. Evidente Nachteile seien ihr daraus nicht entstanden. Beim Unterhalt errechnete das OLG einen möglichen Anspruch zwischen 150,00 € und 300,00 €. Beim Versorgungsausgleich ergäbe sich eine Differenz in Höhe von 123,25 €. Beide Positionen seien zu gering, als dass sich hierdurch eine evident einseitige Lastenverteilung für die Ehefrau ergäbe.

Fazit: Das OLG Celle hat in der umfangreich begründeten Entscheidung deutlich herausgearbeitet, dass ein Ehevertrag auch einen Globalverzicht enthalten darf. Voraussetzung ist, dass eine subjektive Zwangslage eines Ehegatten bei Abschluss des Ehevertrages nicht bestanden hat, beide Ehegatten demnach annähernd gleiche Verhandlungspositionen hatten. Bei der Ausübungskontrolle hat der Senat deutlich gemacht, dass ein möglicher Unterhaltsanspruch zu berechnen sei sowie die Auskünfte über in der Ehe entstandene Versorgungsansprüche einzuholen seien, um zu prüfen, ob eine evident einseitige – so von den Vertragsparteien nicht vorhergesehene – Lastenverteilung bestehe. In der Praxis bedeutet dies, dass auch bei einem Ehevertrag mit Globalverzicht die Auskünfte zum Versorgungsausgleich eingeholt werden müssen und Auskunft zum Unterhalt erteilt werden muss. Es wird daher nicht ausreichen, sich auf den Ehevertrag mit Globalverzicht zu berufen und die Auskünfte zu verweigern.

Autor

Bild von Dr. Andreas Menkel
Partner
Dr. Andreas Menkel
  • Rechtsanwalt
  • Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
  • Fachanwalt für Steuerrecht
Ihr Ansprechpartner für
  • Gesellschaftsrecht
  • Transaktionen (M&A)
  • Führungskräfte

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sprechblasen

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sind Sie unsicher, ob Sie mit Ihrer Angelegenheit bei uns richtig sind?
Nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt mit uns auf und schildern uns Ihr Anliegen.
Wir freuen uns auf Ihren Anruf.

Kontakt aufnehmen