Mit Urteil vom 12.05.2009 (Az.: 1 StR 718/08) hat der BGH zu den Voraussetzungen der Urteilsfeststellung bei einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung Stellung genommen.
Im Fall einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung durch Abgabe unrichtiger Steuererklärungen müssen nach Auffassung des BGH insbesondere die folgenden Feststellungen der Besteuerungsgrundlagen durch das Urteil getroffene werden:
- Die Feststellung wann der Angeklagte, welche Steuererklärung mit welchem Inhalt abgegeben hat,
- die Feststellung welche Steuer seitens der Finanzbehörde zu welchem Zeitpunkt festgesetzt wurde (sog. Ist-Steuer),
- die Feststellung des Sachverhalts, auf dem die von Gesetzes wegen geschuldete Steuer beruht (sog. Soll-Steuer),
- die Feststellung der Höhe der Soll-Steuer sowie
- die Gegenüberstellung der Soll-Steuer mit der Ist-Steuer, aus der sich die verkürzte Steuerergibt.
Darüber hinaus hat der BGH ausgeführt, dass die Beweiswürdigung im Falle einer Verurteilung eines geständigen und durch einen Prozessbevollmächtigten verteidigten Angeklagten den strafprozessrechtlichen Anforderungen genügt, wenn der erkennbar von der Richtigkeit des Geständnisses überzeugte Tatrichter eine knappe Würdigung der gefundenen Überzeugung im Urteil vornimmt. Dies gelte jedenfalls soweit das „reine Zahlenwerk“, das der Verurteilung zugrunde liegt, gemeint ist.
Stützt der Tatrichter seine Überzeugung auf verlässliche Wahrnehmungen von Beamten der Finanzverwaltung zu den tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen, so ist dieses Vorgehen nach Auffassung des BGH strafprozessrechtlich rechtsfehlerfrei.
Im Hinblick auf die auf den festgestellten Besteuerungsgrundlagen aufbauende Steuerberechnung empfiehlt der BGH, eine solche Berechnungsdarstellung als Teil des Strafurteils aufzunehmen, um so die Nachvollziehbarkeit des Urteils zu erleichtern. Gleichwohl erklärt der BGH, dass dies strafprozessrechtlich nicht zwingend erforderlich sei, sofern das Revisionsgericht (BGH) die Berechnung selbst problemlos aufgrund der Feststellungen des vorinstanzlichen Urteils durchführen könne.
Erfolge eine Darstellung der Steuerberechnung im Urteil, so genüge allerdings eine schlichte Bezugnahme auf Betriebs- und Fahndungsprüfungsberichte nicht. Denn aus die Gründe des Urteils müssen zweifelsfrei erkennen lassen, dass die Vorinstanz eine eigenständige Berechnung durchgeführt habe:
„Den der Berechnungsdarstellung zukommenden Aufgaben kann nicht durch Bezugnahmen auf Betriebs- oder Fahndungsprüfungsberichte entsprochen werden. Das Tatgericht ist aber nicht gehindert, sich Steuerberechnungen von Beamten der Finanzverwaltung anzuschließen, die auf den festgestellten Besteuerungsgrundlagen aufbauen. Allerdings muss im Urteil zweifelsfrei erkennbar sein, dass das Tatgericht eine eigenständige – weil ihm obliegende Rechtsanwendung – Steuerberechnung durchgeführt hat“.
Hinweis: Mit seinem Urteil gibt der BGH den vorinstanzlichen Tatgerichten detaillierte Vorgaben im Hinblick auf den erforderlichen Umfang der Feststellungen bei einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung.
Werden die vorstehend dargestellten Vorgaben nicht eingehalten, so besteht das Risiko, dass das Urteil nur unzureichend begründete ist und damit einer Überprüfung durch den BGH in der Revision nicht standhält und aufgehoben wird. Denn dem BGH muss allein aufgrund der Feststellungen des vorinstanzlichen Urteils die rechtliche Überprüfung des Urteils vollumfänglich möglich sein.
Verfasser: Rechtsanwalt & Steuerberater Andreas Jahn, Rechtsanwältin Dorothée Gierlich – MEYER-KÖRING, Bonn
Auszeichnungen
-
„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2022/2023)
-
„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2017-2021)
Autor
UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME
UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME
Sind Sie unsicher, ob Sie mit Ihrer Angelegenheit bei uns richtig sind?
Nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt mit uns auf und schildern uns Ihr Anliegen.
Wir freuen uns auf Ihren Anruf.