01.12.2009 -

 

Mit dem modernen Ortungssystem GPS (Global Positioning System) kann jederzeit der Standort eines Fahrzeuges nachvollzogen und bestimmt werden. Auf diese Weise kann z.B. bei Lieferungen geklärt werden, wo sich das Fahrzeug bei Verspätungen befindet. Kunden können dann entsprechend informiert werden. Auch bei einem Diebstahl ist das Fahrzeug leicht zu orten. Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hatte nun in einem einstweiligen Verfügungsverfahren die betriebsverfassungsrechtliche Frage zu klären, ob der Einbau von GPS-Geräten in die Fahrzeuge des Arbeitgebers mitbestimmungspflichtig ist (Arbeitsgericht Kaiserslautern, Beschl. v. 27.8.2008 – 1 BVGa 5/08). Das Arbeitsgericht hat diese Frage bejaht und dem Arbeitgeber aufgegeben, die bereits eingebauten Geräte wieder auszubauen. Die praxisrelevante Entscheidung möchten wir nachfolgend vorstellen.

 

Der Fall:

Der Betriebsrat des Unternehmens erfuhr im Mai 2008, dass der Arbeitgeber beabsichtige, in seine Fahrzeuge GPS-Geräte einzubauen. Der Betriebsratsvorsitzende teilte daraufhin dem Arbeitgeber mit, dass der Betriebsrat seine Zustimmung ohne Kenntnis näherer Details und ohne Abschluss einer Betriebsvereinbarung zu dieser geplanten Maßnahme verweigere. Der Arbeitgeber ließ dennoch im Juli 2008 in erste Fahrzeuge GPS-Geräte einbauen und erklärte dem Betriebsratsvorsitzenden, dass es nur eine Informationspflicht gegenüber dem Betriebsrat gebe, aber keine Mitbestimmungspflicht.

Der Betriebsrat leitete daraufhin ein einstweiliges Verfügungsverfahren ein. Mit der GPS-Technik sei eine lückenlose Überwachung der Beschäftigten möglich. Der Betriebsrat müsse nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG vor dem Einbau der Geräte daher beteiligt werden und seine Zustimmung erteilen. Im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens hat der Betriebsrat daher beantragt, dem Arbeitgeber aufzugeben, bei Meidung eines Zwangsgeldes in Höhe von 500,00 € pro Kalendertag die eingebauten GPS-Geräte wieder auszubauen, bis eine Einigung der Betriebspartner in Form einer Betriebsvereinbarung eingetreten ist bzw. bis zur Entscheidung der Einigungsstelle.

Der Arbeitgeber trägt hingegen vor, es gebe keinerlei Grund für eine einstweilige Verfügung. Der Betriebsrat habe von dem Einbau gewusst und sei frühzeitig informiert worden. Zwar könne über das System in der Tat jederzeit über Internet festgestellt werden, wo sich das Fahrzeug aktuell befinde. Das Ortungssystem diene aber nicht der Überwachung des Personals. Bei Kundennachfragen, wo sich die Ware befinde, könne jederzeit nachvollzogen werden, wann die Beladung beendet wurde und abgeschätzt werden, wann der Bestimmungsort erreicht sein werde. Insbesondere könne geklärt werden, wo sich das Fahrzeug bei Verspätungen befindet. Nicht zuletzt sei das Fahrzeug bei einem Diebstahl leicht zu orten. Für die Leistungen des Personals, die Fahrzeit, Geschwindigkeiten, Pausenzeiten u.s.w. werde das Ortungssystem nicht eingesetzt. Diese Daten ließen sich bereits anhand des Fahrtenschreibers nachweisen.

 

Die Entscheidung:

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stattgegeben und dem Arbeitgeber aufgegeben, die bereits eingebauten GPS-Geräte wieder auszubauen.

 

I. GPS-Geräte als technische Einrichtung

Der Anspruch des Betriebsrats besteht nur dann, wenn es sich bei GPS-Geräten um technische Einrichtungen im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG handelt. Eine technische Einrichtung ist dann dazu bestimmt, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen, wenn die Einrichtung zur Überwachung objektiv und unmittelbar geeignet ist, ohne Rücksicht darauf, ob der Arbeitgeber dieses Ziel verfolgt und die durch die Überwachung gewonnenen Daten auch auswertet.

 

II. Objektive Eignung ausreichend!

Die Besonderheit der Mitbestimmungspflicht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG besteht darin, dass die objektive Eignung zur Überwachung bereits ausreichend ist. Es kommt also nicht auf die subjektive Absicht des Arbeitgebers, die Arbeitnehmer tatsächlich überwachen zu wollen, an. Dies ist aber bei GPS-Geräten stets der Fall, denn die GPS-Daten übermitteln den Standort des Pkws. Dies wiederum lässt Rückschlüsse auf das Bewegungsmuster des Arbeitnehmers zu. Im vorliegenden Verfahren war es sogar erklärtes Ziel des Arbeitgebers, den Standort des Fahrzeugs jederzeit ermitteln zu wollen.

 

Fazit:

Der Einbau von GSP-Geräten in Fahrzeuge des Arbeitgebers ist mitbestimmungspflichtig. Es kommt nicht darauf an, ob der Arbeitgeber bestimmte Überwachungsabsichten subjektiv verfolgt, sondern lediglich darauf, dass die Einrichtung objektiv dazu genutzt werden kann, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Wird der Betriebsrat nicht beteiligt, kann er seine Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG sogar im einstweiligen Verfügungsverfahren durchsetzen und den Ausbau von bereits eingebauten Geräten erzwingen. Arbeitgeber sind daher gut beraten, den Betriebsrat vorzeitig einzubinden und die betrieblichen Mitbestimmungsrechte zu beachten. Das Ergebnis der Verhandlungen kann dann in einer kurzen Betriebsvereinbarung festgehalten werden.

 

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