Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 18. November 2009 – XII ZR 65/09 – seine Rechtsprechung erneut in einem wesentlichen Punkt geändert, diesmal zum Unterhalt des geschiedenen Ehegatten für den Fall, dass der verpflichtete Ehegatte erneut geheiratet hat.
Die Parteien waren von 1975 bis Oktober 2003 verheiratet gewesen. Der Kläger heiratete im Jahr 2004 erneut. Aus dieser Ehe ist ein im Februar 2005 geborener Sohn hervorgegangen.
Die Parteien hatten sich zunächst durch Prozessvergleich im April 2005 auf den Nachscheidungsunterhalt der Beklagten geeinigt. Nachdem der Kläger schon im Jahr 2007 eine Herabsetzung des Unterhalts erreicht hatte, verlangte er aufgrund der Reform des Unterhaltsrechts zum 1. Januar 2008 eine weitere Unterhaltsbegrenzung. Das Familiengericht reduzierte den Unterhaltsanspruch auf monatlich 290,00 €; eine Befristung des Nachscheidungsunterhalts der geschiedenen Ehefrau lehnte das Familiengericht ab. Beim Oberlandesgericht hatte der Kläger keinen Erfolg; eine weitere Reduzierung des Unterhaltsanspruchs sowie eine Befristung wurden abgelehnt. Die gegen die Entscheidung des OLG gerichtete Revision beim BGH blieb ebenfalls erfolglos.
Da der BGH die Entscheidung des OLG bestätigte, konnte er ausführlich zu einigen Punkten bei der Unterhaltsberechnung im Falle einer Zweitehe Stellung nehmen.
Grundlage der Unterhaltsberechnung ist die so genannte „Drittelmethode“. Nach der „Drittelmethode“ werden bei einer „Zweitehe“ sämtliche Einkünfte aller drei Personen (geschiedener Ehegatte, unterhaltsverpflichteter Ehegatte, neuer Ehegatte) zusammengerechnet. Die Gesamtsumme wird auf die drei beteiligten Personen gleichmäßig verteilt. Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ergibt sich dann aus dem Drittelanteil abzüglich seiner eigenen Einkünfte. Regelmäßig wird durch die Neuverheiratung der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten reduziert. Bisher war aber noch unklar, wie die Lebensverhältnisse in der neuen zweiten Ehe bei dieser „Drittelmethode“ zu berücksichtigen sind. Hier hat der BGH für Klarheit gesorgt.
An sich hat der neue Ehegatte einen Anspruch auf Familienunterhalt. Dieser Anspruch auf Familienunterhalt berücksichtigt die gewählte Rollenverteilung in der neuen Ehe, insbesondere, dass ein Ehegatte wegen Haushaltsführung und Kindererziehung nicht erwerbstätig ist. Nach Auffassung des BGH darf diese Rollenverteilung in der neuen Ehe nicht zu Lasten des geschiedenen Ehegatten gehen. Es wird vielmehr geprüft, ob und in welcher Höhe der neue Ehegatte einen Anspruch auf Unterhalt hätte, wenn auch diese zweite Ehe geschieden wäre. Bei dem wichtigen Unterhaltsanspruch wegen Betreuung minderjähriger Kinder unterscheidet der BGH zudem danach, um welchen Unterhaltsanspruch es sich handelt. Es bestehen drei Unterhaltsansprüche wegen Betreuung eines Kindes: Ein Unterhaltsanspruch für die Betreuung eines Kindes bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres. Nach Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes verlängert sich der Unterhaltsanspruch, wenn dies aus kindbezogenen Gründen notwendig ist. Ergibt sich aus kindbezogenen Gründen kein Anspruch wegen Betreuung eines Kindes, kann sich der Betreuungsunterhaltsanspruch noch einmal verlängern, wenn dies aus elternbezogenen Gründen notwendig ist.
Bei der Konkurrenz zwischen dem geschiedenen und dem neuen Ehegatten kann der neue Ehegatte grundsätzlich nur einen Betreuungsunterhaltsanspruch bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres eines Kindes sowie wegen kindbezogener Gründe (erste Verlängerung) geltend machen. Eine nochmalige (zweite) Verlängerung des Anspruchs wegen elternbezogener Gründe wird dagegen im Regelfall nicht möglich sein. Nach Auffassung des BGH nähert sich ein Unterhaltsanspruch wegen elternbezogener Gründe zu sehr dem Familienunterhaltsanspruch aufgrund der gewählten Rollenverteilung in der neuen Ehe an, so dass der geschiedene Ehegatte sowie der neue Ehegatte ungleich behandelt werden.
Fazit: Der BGH hat die Rechtsprechung zur Konkurrenz zwischen dem geschiedenen und dem neuen Ehegatten an einer wesentlichen Stelle modifiziert. Bei der Drittel-Berechnung soll sich der Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten fiktiv ebenso wie der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nach dem Nachscheidungsrecht richten. In manchen Fällen wird daher nicht mit den tatsächlichen Einkünften des neuen Ehegatten gerechnet werden müssen, sondern mit fiktiven, erzielbaren Einkünften aus einer (unterstellten) Erwerbstätigkeit des neuen Ehegatten. Wenn beim neuen Ehegatten fiktiv ein höheres Einkommen anzusetzen ist, wird sich der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten weniger deutlich reduzieren als wenn mit den tatsächlichen Einkünften des neuen Ehegatten gerechnet würde.
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