Worum es geht
Vereine und Stiftungen bedienen sich gerne wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe, um die Finanzen aufzubessern, seien es
- Vereinsfeste mit kostenpflichtigem Verzehr Ausschank,
- Vereinslokale, Cafeteria, Kantine, Teestube,
- kostenpflichtige Ausstellungen oder Auktionen bei Kunstvereinen und Museen,
- Läden, Dritte-Welt-Laden,
- Erholungsheime,
- Krankenhausbetrieb,
- oder z.B. bei Luftsportvereinen auch Dauercharter von Flugzeugen für den kostenpflichtigen Schulungsbetrieb.
Die Vielfalt ist grenzenlos.
Was aber passiert, wenn mit diesem Geschäftsbetrieb nicht die gewünschten Überschüsse, sondern Verluste eingefahren werden?
Damit hatte sich jetzt der BFH mit Beschluss vom 01.07.2009 – I R 6/08, BFH/NV 2009, 1837, zu beschäftigen, der im Fall des Ausgleich von Verlusten mit Mitteln aus dem gemeinnützigen, ideellen Bereich die Steuerbegünstigung versagte.
Der Fall
Ein als gemeinnützig anerkannter Verein (Schützenverein) beschloss, ein Vereinslokal aufzubauen, in dem auch gelegentliche Tanzveranstaltungen stattfinden können. Er meldete ein entsprechendes Gewerbe an. Der Verein erzielte aus der Gastwirtschaft Verluste von 2 649,34 DM, 23 933 DM und 4 340,85 DM, danach einen Überschuss von 108,33 DM und wieder ein Jahr später einen Verlust von 2 467,20 DM.
das Finanzamt war der Auffassung, der Verein habe gegen das Mittelverwendungsgebot des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) verstoßen, weil er die Verluste aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb mit Mitteln des gemeinnützigen Bereichs ausgeglichen habe, und erließ Körperschaftsteuerbescheide für die Streitjahre 1999 bis 2001. Die dagegen gerichtete Klage wies das FG als unbegründet ab, ebenso der BFH die Revision.
Die Entscheidung und Grundsätzliches zum Verlustausgleich
Die Steuerbefreiung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG setzt voraus, dass die Körperschaft nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen oder mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dient. Gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 AO verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern.
Selbstlosigkeit setzt unter anderem voraus, dass die Mittel der Körperschaft nur für die satzungsmäßigen Zwecke, das heißt für die in der Satzung festgelegten gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke verwendet werden (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 AO). Ausnahmen von diesem sog. Mittelverwendungsgebot enthält § 58 AO.
Ein Ausgleich von Verlusten eines Nicht-Zweckbetriebes mit Mitteln des ideellen Tätigkeitsbereichs ist nur dann kein Verstoß gegen das Mittelverwendungsgebot, wenn
- die Verluste auf einer Fehlkalkulation beruhen und
- die Körperschaft bis zum Ende des dem Verlustentstehungsjahr folgenden Wirtschaftsjahres dem ideellen Tätigkeitsbereich wieder Mittel in entsprechender Höhe zuführt.
Die wieder zugeführten Mittel dürfen weder aus Zweckbetrieben oder dem Bereich der steuerbegünstigten vermögensverwaltenden Tätigkeiten noch aus Beiträgen oder anderen Zuwendungen stammen, die zur Förderung der steuerbegünstigten Zwecke der Körperschaft bestimmt sind.
Eine Verwendung von Mitteln des ideellen Bereichs für den Ausgleich des Verlustes eines einzelnen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes liegt nicht vor, soweit
- der Verlust bereits im Entstehungsjahr mit Gewinnen anderer steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe verrechnet werden kann.
Verbleibt danach ein Verlust, ist keine Verwendung von Mitteln des ideellen Bereichs für dessen Ausgleich anzunehmen, wenn
- dem ideellen Bereich in den sechs vorangegangenen Jahren Gewinne des einheitlichen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes in mindestens gleicher Höhe zugeführt worden sind.
- Außerdem dürfen für den Ausgleich des Verlustes Umlagen und Zuschüsse, die dafür bestimmt sind, verwendet werden.
Bei dem Aufbau eines neuen Betriebes ist nach Auffassung der Verwaltung eine Verwendung von Mitteln des ideellen Bereichs für den Ausgleich von Verlusten auch dann unschädlich, wenn
- mit Anlaufverlusten zu rechnen war.
- Auch in diesem Fall muss die Körperschaft aber in der Regel innerhalb von drei Jahren nach dem Ende des Entstehungsjahres des Verlustes dem ideellen Bereich wieder Mittel, die gemeinnützigkeitsunschädlich dafür verwendet werden dürfen, zuführen (AEAO zu § 55 Abs. 1 Nr. 1 Tz. 8 Sätze 3 und 4).
Der klagende Verein hatte mit Ausnahme eines Jahres ständig Verluste erwirtschaftet, die er mit Mitteln aus dem ideellen Bereich ausgleichen musste. Obwohl infolge der geänderten Struktur des Gaststättenangebots mit keinen Überschüssen mehr zu rechnen war, hat der Verein die verlustbringende Tätigkeit fortgesetzt. Jedenfalls ab dem Zeitpunkt, als absehbar war, dass durch den Betrieb der Gaststätte zeitnah keine Überschüsse mehr erzielt werden würden, hätte der Verein den Betrieb einstellen müssen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil er ausschließlich über Mittel verfügte, die zeitnah für satzungsmäßige Zwecke zu verwenden waren.
Ausnahme:
- Aufwendungen zur Ingangsetzung einer wirtschaftlichen Tätigkeit (z.B. Erwerb des Umlauf- und Anlagevermögens) sind daher grundsätzlich unschädlich, sofern innerhalb von drei Jahren nach dem Ende des Entstehungsjahres des Verlustes (AEAO zu § 55 Abs. 1 Nr. 1 Tz. 8 Satz 4) mit Überschüssen zu rechnen ist.
- Dies gilt jedoch nur bei nicht zeitnah zu verwendenden Mitteln, etwa dem Stiftungsvermögen und den Rücklagen i.S. des § 58 Nr. 7 Buchst. a AO.
- Zeitnah zu verwendende Mittel (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO) sind dagegen grundsätzlich nicht in dem Bereich der Einkunftserzielung, sondern unmittelbar zur Verwirklichung des steuerbegünstigten Zwecks einzusetzen.
Hinweis für die Praxis
- Werden im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb Verluste eingefahren, so sollte die umgehende Einstellung des Geschäftsbetriebs erwogen werden, wenn nicht ganz sicher einer der von der Finanzverwaltung gebilligten Sonderfälle vorliegt.
- Ist die Erzielung von Überschüssen nicht sicher oder überwiegt das unternehmerische Engagement und Risiko des beabsichtigten Geschäftsbetriebs, sollte über eine Auslagerung „von vornherein“ auf eine Tochterkapitalgesellschaft nachgedacht werden (unter Berücksichtigung der dafür geltenden Besonderheiten, damit nicht die Beteiligung an der Gesellschaft selbst als gemeinnützigkeitsschädlicher Geschäftsbetrieb wirkt).
- Stehen genügend Mittel zur Verfügung, die nicht dem Grundsatz zeitnaher Mittelverwendung unterliegen, so könnte deren Einsatz zur Verlustdeckung erwogen werden.
- Hilft nichts mehr, so könnten – dann aber nicht abzugsfähige – Spenden oder Einlagen Dritter in den Verlustbetrieb die Entziehung der Gemeinnützigkeit verhindern.
Auszeichnungen
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2022/2023)
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2017-2021)
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