Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich mit Urteil vom 18. November 2009 – XII ZR 173/06 – mit der Frage auseinandergesetzt, ob ein Ehegatte auch dann zur steuerlichen Zusammenveranlagung verpflichtet ist, wenn hierdurch von ihm erwirtschaftete (steuerliche) Verluste verloren gehen und deshalb diese Verluste nicht mehr für Zeiträume nach der Trennung eingesetzt werden können.
Die Parteien des Verfahrens hatten in 1997 geheiratet und sich in 2000 getrennt. Streitgegenstand waren die Veranlagungszeiträume 1998 und 1999. Der Kläger (Ehemann) erzielte positive Einkünfte als Arzt aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit; die Beklagte (Ehefrau) erzielte keine positiven Einkünfte, sondern erwirtschaftete steuerliche Verluste. Die Beteiligten waren in 1998 zusammen veranlagt worden, so dass die Verluste der Ehefrau mit den positiven Einkünften des Ehemanns verrechnet wurden; deshalb mussten die Ehegatten keine Steuern zahlen. Gleiches galt für 1999; die Verluste der Ehefrau reichten auch in 1999 aus, die positiven Einkünfte des Ehemannes zu eliminieren.
Nach der Trennung beantragte die Ehefrau die (steuerlich mögliche) getrennte Veranlagung ab 1998. Der Steuerbescheid (aufgrund gemeinsamer Veranlagung) für 1998 wurde aufgehoben. Der Ehemann hatte Steuern nachzuzahlen. Für 1999 musste der Ehemann ebenfalls Steuern zahlen. Die Ehefrau musste aufgrund ihrer Verluste keine Steuern zahlen. Sie erzielte ab 2000 positive Einkünfte. Ihr Ziel war es, diese positiven Einkünfte im Wege des Verlustvortrags mit den Verlusten aus 1998 und 1999 zu verrechnen, so dass sich ihre Steuerbelastung ab 2000 reduziert hätte.
Der Ehemann legte gegen die Steuerbescheide 1999 und 2000 Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens verhandelten die Parteien über eine Zusammenveranlagung. Die Verhandlungen scheiterten. Die Bescheide wurden letztlich bestandskräftig. Der Ehemann zahlte die Steuern nach.
Er nahm daraufhin die Beklagte auf Schadensersatz wegen der Steuerzahlungen für 1998 und 1999 in Anspruch. Das Landgericht gab der Klage statt. Das Berufungsgericht wies auf die Berufung der Beklagten die Klage ab. Die Revision beim BGH führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
Allein diese unterschiedlichen Entscheidungen dreier Instanzen belegen, wie umstritten dieses Problem ist.
Das Oberlandesgericht hatte gemeint, dass die Beklagte der Zusammenveranlagung nicht zustimmen müsse, da sie die in 1998 und 1999 entstandenen Verluste ab 2000 steuerlich nutzen konnte. Der BGH lehnte diese Argumentation ab. Jeder Ehegatte sei aufgrund der ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet, die steuerlichen Lasten des jeweils anderen Ehegatten so gering wie möglich zu halten. Dazu gehöre es auch, dass die eigenen negativen Einkünfte mit positiven Einkünften des anderen Ehegatten verrechnet werden, so dass sich die Gesamtsteuerbelastung beider Ehegatten verringere.
Es komme nicht darauf an, dass ein Ehegatte die Verluste in späteren Zeiträumen einsetzen könne, um diese mit positiven Einkünften zu verrechnen. Der Lebensstandard der Ehegatten während des Zusammenlebens hänge auch von der steuerlichen Belastung ab. Wenn die Steuerbelastung des besserverdienenden Ehegatten durch Verlustverrechnung geringer sei, könne dieser einen höheren finanziellen Beitrag für die eheliche Lebensgemeinschaft leisten. Davon profitiere auch der andere Ehegatte, der die Verluste erwirtschaftet hat. Diesem Ehegatten sei es nach Trennung verwehrt, durch die Wahl einer getrennten Veranlagung die finanzielle Grundlage des ehelichen Zusammenlebens zu ändern.
Fazit: Der BGH hat eine insoweit dankenswert klare Entscheidung zu den Pflichten der Ehegatten zur Zusammenveranlagung getroffen. Verluste, die während des Zusammenlebens entstanden sind, sind gemeinschaftlich zu nutzen. Ungeklärt bleibt noch der Fall, dass ein Ehegatte „Verluste“ mit in die Ehe bringt, die dann über den Verlustvortrag während der Ehezeit genutzt werden können. Hier bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten.
Ob das Ergebnis des BGH überzeugend ist, steht dagegen auf einem anderen Blatt. Letztlich bleibt es Behauptung des BGH, dass ein Ehegatte verpflichtet sei, den von ihm erwirtschafteten Verlust zugunsten der ehelichen Lebensgemeinschaft einzusetzen. Ebenso ist der Hinweis des BGH, dass mögliche Verbindlichkeiten (aufgrund deren die steuerlichen Verluste entstanden sind) beim Zugewinnausgleich berücksichtigt werden könnten, auch nicht in jedem Fall überzeugend; insbesondere dann nicht, wenn ein Zugewinnausgleich nicht erfolgt. In diesem Fall hat der Ehegatte zwar die Verbindlichkeiten zurückzuzahlen; den finanziellen Vorteil aufgrund der Verluste teilt er sich dagegen mit dem anderen Ehegatten.
Diese Gesichtspunkte ändern allerdings für die Praxis nichts daran, dass die Verpflichtung, während der Ehezeit entstandene Verluste einzubringen, nunmehr geklärt ist.
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