In der Zeit vom 1. März bis zum 31. Mai 2010 laufen bekanntlich die turnusmäßigen Betriebsratswahlen. Wir möchten in diesem Zusammenhang auf einen sehr aktuellen Beschluss des Bundesarbeitsgerichts hinweisen (BAG, Beschl. v. 11.11.2009 – 7 ABR 26/08).
Der Sachverhalt der Entscheidung:
Anlässlich der Betriebsratswahlen im Jahre 2006 im Betrieb des beteiligten Arbeitnehmers beauftragte der Wahlvorstand einen Fachanwalt für Arbeitsrecht mit der Beratung und der Vertretung seiner rechtlichen Interessen im Zusammenhang mit den anstehenden Betriebsratswahlen. Weiterhin wurde beschlossen, die gegen den Arbeitgeber entstehenden Ansprüche auf Freistellung von den Kosten nach § 20 Abs. 3 BetrVG an die beratenden Rechtsanwälte abzutreten.
Der beratende Anwalt bot dem Arbeitgeber daraufhin ein Stundenhonorar von 250,00 € oder ein Pauschalhonorar in Höhe von 5.000,00 € für 25 Stunden an. Der Arbeitgeber beantwortete dieses Schreiben nicht.
Mit Schreiben vom 2. Juni 2006 forderte daraufhin der Rechtsanwalt den Arbeitgeber auf, eine von ihm beigefügte Vergütungsrechnung über 3.804,80 € auszugleichen. Mit dieser Rechnung begehrte er die Vergütung für die laufende Beratung des Wahlvorstands bei den Betriebsratswahlen 2006. Sie umfasste u.a. Schulungstätigkeiten sowie Beratungstätigkeiten über insgesamt 787 Minuten. Im Beschlussverfahren wurden dann zuletzt 990,63 € für die reinen Beratungstätigkeiten geltend gemacht. Der Antragsteller vertrat die Auffassung, im Zusammenhang mit der Wahl anfallende Kosten seien nach § 20 Abs. 3 BetrVG vom Arbeitgeber zu tragen. Einer Vereinbarung des Wahlvorstands mit dem Arbeitgeber über seine Hinzuziehung nach § 80 Abs. 3 BetrVG habe es nicht bedurft. Diese Regelung sei auf den Wahlvorstand nicht anwendbar.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben den Zahlungsantrag abgewiesen.
Die Entscheidung:
Das Bundesarbeitsgericht hat im Rechtsbeschwerdeverfahren die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt.
I. Freistellungsanspruch des Wahlvorstands
Der Wahlvorstand hat hinsichtlich seiner Beratung und der Beauftragung von Sachverständigen einen Freistellungsanspruch gegen den Arbeitgeber. Dieser Freistellungsanspruch kann bereits unmittelbar an den beratenden Arbeitsrechtler abgetreten werden. In seiner Person wandelt sich dann der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch um, den er direkt gegen den Arbeitgeber geltend machen kann, was in der Praxis üblich ist.
II. Kosten der Betriebsratswahl
Die Kosten der Betriebsratswahl trägt nach § 20 Abs. 3 Satz 1 BetrVG der Arbeitgeber. Dazu gehören alle Kosten, die mit der Einleitung und der Durchführung der Wahl sowie mit der gerichtlichen Überprüfung des Wahlergebnisses verbunden sind.
Die Kostentragungspflicht ist allerdings auf die erforderlichen Kosten der Betriebsratswahl begrenzt. Die zu § 40 Abs. 1 BetrVG entwickelten Grundsätze gelten insoweit entsprechend.
Hinweis für die Praxis:
Erstattungsfähig sind damit u.a. die Kosten eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens zur Klärung von sonst nicht behebbaren Meinungsverschiedenheiten, die im Laufe des Wahlverfahrens entstehen. Der Wahlvorstand kann mit der Durchführung eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens zur Klärung einer während des Wahlverfahrens entstandenen Streitigkeit einen Rechtsanwalt beauftragen, sofern er dies nach Abwägung aller Umstände für sachlich notwendig erachten durfte. Für ein solches gerichtliches Verfahren bedarf es keiner vorherigen Vereinbarung mit dem Arbeitgeber.
III. Bei reiner Beratung vorherige Vereinbarung erforderlich!
Der Arbeitgeber ist jedoch nicht verpflichtet, ohne vorherige nähere Vereinbarung mit dem Wahlvorstand Kosten zu tragen, die durch die Hinzuziehung sachkundiger Personen entstehen. Die Bestimmung des § 80 Abs. 3 BetrVG, die den Anspruch des Betriebsrats nach § 40 Abs. 1 BetrVG ergänzt und die Kostentragungspflicht für die Hinzuziehung eines Sachverständigen abschließend regelt, findet auf § 20 Abs. 3 BetrVG entsprechende Anwendung.
Nach § 80 Abs. 3 BetrVG kann der Betriebsrat bei der Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Verweigert der Arbeitgeber eine solche Vereinbarung trotz der Erforderlichkeit der Hinzuziehung des Sachverständigen, so kann der Betriebsrat die fehlende Zustimmung des Arbeitgebers durch eine arbeitsgerichtliche Entscheidung ersetzen lassen.
Ein Rechtsanwalt kann Sachverständiger im Sinne des Gesetzes sein. Seine Hinzuziehung setzt voraus, dass er dem Betriebsrat spezielle Rechtskenntnisse vermitteln soll, die dieser zur Erledigung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben benötigt. Erforderlich ist, dass der Sachverständige konkrete aktuelleFragen beantwortet, damit das betriebsverfassungsrechtliche Organ die ihm obliegenden betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben erfüllen kann. Die Aufgabe des Sachverständigen besteht allerdings nicht darin, fehlende Kenntnisse in bestimmen Angelegenheiten generell oder auf Vorrat zu vermitteln. Dem Erwerb solcher erforderlichen oder geeigneten Kenntnisse für die Tätigkeit des betriebsverfassungsrechtlichen Organs dienen vorrangig die Schulungsansprüche nach § 37 Abs. 6 oder Abs. 7 BetrVG.
Hinweis für die Praxis:
Die reine Beratungstätigkeit ist also nur nach vorheriger Vereinbarung mit dem Arbeitgeber möglich. Dies bedeutet, wie das vorliegende Verfahren sehr deutlich macht, dass der Rechtsanwalt ohne eine solche Vereinbarung seine Beratungstätigkeit nicht abrechnen kann. Erfahrene Betriebsratsanwälte werden deshalb erst nach einer schriftlichen Berauftragung und Honorarvereinbarung Tätigkeiten für den Betriebsrat bzw. den Wahlvorstand entfalten. Dabei besteht für die Arbeitgeberseite durchaus nicht die Verpflichtung, sich auf überhöhte Stundensätze einzulassen. Allerdings ist darauf zu achten, dass der Betriebsrat bzw. Wahlvorstand angemessen vertreten wird, um Waffengleichheit zu gewährleisten und eine gleichwertige Diskussion auf Augenhöhe zu ermöglichen.
Auszeichnungen
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TOP-Wirtschaftskanzlei für Arbeitsrecht(FOCUS SPEZIAL 2024, 2023, 2022, 2021, 2020)
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TOP-Kanzlei für Arbeitsrecht(WirtschaftsWoche 2023, 2022, 2021, 2020)
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TOP-Anwältin für Arbeitsrecht: Ebba Herfs-Röttgen(WirtschaftsWoche, 2023, 2022, 2021, 2020)
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TOP-Anwalt für Arbeitsrecht: Prof. Dr. Nicolai Besgen(WirtschaftsWoche 2023, 2020)
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