Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf Entfernung zu Unrecht erteilter Abmahnungen aus der Personalakte. Dies entspricht der herrschenden Meinung der Arbeitsgerichte. Das Landesarbeitsgericht München hatte nun die Frage zu beantworten, ob dieser Entfernungsanspruch auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch geltend gemacht werden kann (LAG München, Urt. v. 8.7.2009, 11 Sa 54/09).
I. Entfernungsanspruch aus der Personalakte: Grundsätze
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, kann der Arbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis in entsprechender Anwendung der §§ 242, 1004 BGB die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus der Personalakte verlangen. Bei der Abmahnung weist der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf dessen vertragliche Pflichten hin und machte ihn auf die Verletzung dieser Pflichten aufmerksam (Rüge- bzw. Dokumentationsfunktion). Zugleich fordert er ihn für die Zukunft zu einem vertragstreuen Verhalten auf und kündigt, wenn ihm dies angebracht erscheint, individualrechtliche Konsequenzen für den Fall einer erneuten Pflichtverletzung an (Warnfunktion). Eine solche missbilligende Äußerung des Arbeitgebers in Form einer Abmahnung ist geeignet, den Arbeitnehmer in seinem beruflichen Fortkommen und seinem Persönlichkeitsrecht zu beeinträchtigen. Deshalb kann der Arbeitnehmer die Beseitigung dieser Beeinträchtigung verlangen, wenn die Abmahnung formell nicht ordnungsgemäß zu Stande gekommen ist, sie unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt wird oder kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers am Verbleib der Abmahnung in der Personalakte mehr besteht.
II. Was gilt im bereits beendeten Arbeitsverhältnis?
Die vorgenanten Grundsätze sind auf ein beendetes Arbeitsverhältnis nicht uneingeschränkt übertragbar. Die Abmahnung bezweckt, in einem durch vertragswidriges Verhalten einer Vertragspartei gestörten Arbeitsverhältnis denjenigen, der eine Pflicht verletzt hat, zu vertragstreuem Verhalten zu bewegen, und damit künftige Leistungen und Gegenleistung eines fortbestehenden Arbeitsverhältnisses wieder ins Gleichgewicht zu setzen.
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist die bei dem früheren Arbeitgeber geführte Personalakte für den Arbeitnehmer allerdings in aller Regel bedeutungslos. Zwar kann die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Rechte und Pflichten begründen. Die Abwägung der beiderseitigen Interessen führt aber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Regelfall zu dem Ergebnis, dass dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus der Personalakte nicht mehr zusteht. Etwas anderes kann dann gelten, wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Abmahnung dem Arbeitnehmer auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schaden kann. Dafür ist der Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig.
Hinweis für die Praxis:
Im laufenden Arbeitsverhältnis reicht es aus, dass der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit der Abmahnung beweisen kann. Im bereits beendeten Arbeitsverhältnis muss der Arbeitnehmer mehr vortragen. Nur wenn er darlegen kann, dass ihn die Abmahnung, trotz der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, weiter belastet, kommt ein Entfernungsanspruch noch in Betracht. Die Auswertung der Rechtsprechung macht deutlich, dass dies nur in besonderen Fällen, z.B. bei unrichtiger Auskunft des Arbeitgebers gegenüber neuen Arbeitgebern, der Fall ist.
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