Verzögerungsgeld nach § 146 Abs. 2b AO
Nach § 146 Abs. 2b AO kann ein Verzögerungsgeld von € 2.500 EUR bis € 250.000 festgesetzt werden, wenn ein Steuerpflichtiger
- der Aufforderung zur Rückverlagerung seiner im Ausland befindlichen elektronischen Buchführung oder Teilen davon nicht nachkommt,
- seiner Pflicht zur Mitteilung der unter § 146 Abs. 2a Satz 4 AO genannten Umstände nicht unverzüglich nachkommt,
- den Datenzugriff nach § 147 Abs. 6 AO nicht, nicht zeitnah oder nicht in vollem Umfang einräumt,
- Auskünfte im Rahmen einer Außenprüfung nicht, nicht zeitnah oder nicht vollständig erteilt,
- angeforderte Unterlagen im Rahmen einer Außenprüfung nicht, nicht zeitnah oder nicht vollständig vorlegt,
- seine elektronische Buchführung ohne Bewilligung der zuständigen Finanzbehörde verlagert hat.
Das Verzögerungsgeld wurde durch Art. 10 Nr. 8 des Jahressteuergesetzes 2009 (JStG 2009) vom 19. Dezember 2008 (BGBl I S. 2794) mit Wirkung vom 25. Dezember 2008 (Art. 39 Abs. 1, 8 JStG 2009) als neue steuerliche Nebenleistung (§ 3 Abs. 4 AO) eingeführt.
Das Verzögerungsgeld kann nach dem Wortlaut von § 146 Abs. 2b AO aufgrund der dort vorgenommenen Aufzählung auch dann verhängt werden, wenn ein Steuerpflichtiger einer Aufforderung des Finanzamtes zur Erteilung von Auskünften oder zur Vorlage angeforderter Unterlagen im Sinne von § 200 Abs. 1 AO im Rahmen einer Außenprüfung innerhalb einer angemessenen Frist nicht nachkommt. Zwar spricht die systematische Verortung dieser neuen Sanktionsmöglichkeit in § 146 AO nach dessen Abs. 2a dafür, das Verzögerungsgeld nur im Zusammenhang einer ohne Bewilligung der Finanzbehörde erfolgten Verlagerung der Buchführung ins Ausland zu sehen. Die Wortlautauslegung wird aber durch die Gesetzesbegründung gestützt, wonach das Verzögerungsgeld im Falle der Verletzung von (sonstigen) Mitwirkungspflichten gleichermaßen gelte, um eine Ungleichbehandlung von Steuerpflichtigen, die ihre Bücher und sonstigen Aufzeichnungen im Ausland führten, gegenüber solchen Steuerpflichtigen, die dies im Inland täten, zu vermeiden (vgl. BT-Drucks. 16/10189, S. 81). Dadurch werde nach Auffassung bspw. des FG Schleswig-Holstein (Urteil vom 03.02.2010 – 3 V 243/09) und der Finanzverwaltung mit hinreichender Normenklarheit deutlich, dass der Gesetzgeber die Sanktionsmöglichkeit des Verzögerungsgeldes zwar systematisch unglücklich angesiedelt, aber inhaltlich unabhängig von einer Verlagerung der Buchführung ins Ausland für die in der Vorschrift genannten Fälle vorsehen wollte.
Charakter des Verzögerungsgelds
Zum Charakter des neuen Sanktionsmittels Verzögerungsgeld äußert sich das FG Schleswig-Holstein (Urteil vom 03.02.2010 – 3 V 243/09) wie folgt (bearbeitetes Zitat):
Das Verzögerungsgeld im Sinne von § 146 Abs. 2b AO hat – einem Zwangsgeld im Sinne von § 329 AO ähnlich – auch einen Beugecharakter. Es ist in den meisten Fallgestaltungen auf die Vornahme einer Handlung oder Duldung durch den Steuerpflichtigen gerichtet. Aus der Gesetzesbegründung erschließt sich diese Zielrichtung ebenfalls, weil dort davon die Rede ist, dass das Verzögerungsgeld den Steuerpflichtigen zur zeitnahen Mitwirkung anhalten soll (vgl. BT-Drucks. 16/10189, S. 81). Daneben ist es aber Sanktion für die Verlagerung der Buchführung ohne Bewilligung ins Ausland (§ 146 Abs. 2b AO letzter Fall). Hier ist allein die Missachtung des Bewilligungserfordernisses Rechtsgrund der Nebenleistung. Insoweit hat das Verzögerungsgeld repressiven Charakter. Aber auch im Übrigen hat es eine repressive Wirkung, weil der Nachteil an ein in der Vergangenheit liegendes Verhalten anknüpft und durch den vom Zwangsgeld abweichende Rahmen für die Höhe (€ 2.500 bis € 250.000 beim Verzögerungsgeld – maximal € 25.000 beim Zwangsgeld) zum Ausdruck kommt, dass es auch darum geht, Vorteile abzuschöpfen, die sich möglicherweise aus dem verzögerten Mitwirkungsverhalten ergeben können. Das Verzögerungsgeld ist damit wie der Verspätungszuschlag nach § 152 AO ein Druckmittel eigener Art, das auf die Bedürfnisse des Steuerrechts zugeschnitten ist und zugleich einen repressiven und präventiven Charakter hat.
Das BMF-Schreiben vom 12.05.2010
Als Orientierungshilfe für die Anwendung des Verzögerungsgeldes hat das Bundesfinanzministerium am 12.05.2010 ein Anwendungsschreiben („Fragen und Antworten zum Verzögerungsgeld nach § 146 Abs. 2b AO“) veröffentlicht, das diesem Homepagebeitrag als PDF-Anlage beigefügt ist.
Eine Rechtsbindung der Finanzverwaltung soll damit nicht verbunden sein. Die Entscheidung im Einzelfall bleibt dem zuständigen Finanzamt vorbehalten.
Auszeichnungen
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2022/2023)
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2017-2021)
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