I.       Worum es geht

Weil an einer Stiftung als verselbständigtes Sondervermögen keine Beteiligung besteht, die vererbt werden könnte, die Stiftung selbst aber auch nicht sterblich ist, unterläge das Vermögen einer Stiftung grundsätzlich nie der Erbschaftsteuer. Das legt die Gestaltungsüberlegung nahe, vermehrt Vermögen dorthin in den erbschaftsteuerfreien Raum zu verlagern. Dem aber hat der Gesetzgeber für Familiengesellschaften einen Riegel vorgeschoben. § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG sieht für Familienstiftungen eine Erbersatzsteuer (auch Ersatzerbschaftsteuer genannt) vor. Dabei wird alle 30 Jahre ein Erbgang auf zwei Mitglieder der Steuerklasse I Nr. 2 (Kinder) fingiert. Zur Abmilderung kann die Stiftung zwar die 30-jährige Verrentung der Erbersatzsteuer beantragen, der Steuerpflicht entgeht die Familienstiftung aber nicht.

Bislang gibt es nur eine wichtige Ausnahme: § 13a Abs. 9 ErbStG ordnet die Geltung der Verschonungsregeln des § 13a ErbStG für begünstigtes Vermögen, insbesondere Betriebsvermögen und land- und forstwirtschaftliches Vermögen, auch für die Erbersatzsteuer an, so dass bei solchermaßen begünstigtem Vermögen die Erbersatzsteuer entfällt.

Eine weitere Gestaltungsmöglichkeit zeigte das Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 05.09.2007, 14 K 5016/03 B, auf. Dort wollte ein Unternehmer sein Unternehmen als sein Lebenswerk dauerhaft und frei von Erbschaftsteuern erhalten, auf die Versorgung seiner Angehörigen aus der Stiftung heraus kam es ihm nicht ausschließlich an. Die Schaffung weder gemeinnütziger noch unmittelbar Familienzwecken gewidmeter privater Stiftungen, deren Zweck maßgeblich auf den Erhalt bestimmter Unternehmen und Vermögensmassen gerichtet ist, sollte nach Auffassung des FG Berlin-Brandenburg nicht der Erbersatzsteuer unterfallen.

Diese Gestaltungsvariante hat der BFH in seiner hierzu ergangenen Revisionsentscheidung jüngst zunichte gemacht und auch für derartige Konstellationen die Geltung der Erbersatzsteuer angeordnet (BFH 18.11.2009, II R 46/07 (NV), BFH/NV 2010 S. 898).

II.      Die Entscheidung des BFH – Familienstiftung und Erbersatzsteuer

Die klagende Stiftung hielt der BFH entgegen der Auffassung des FG Berlin-Brandenburg für eine Familienstiftung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG.

1.         Ersatzerbsteuer/Erbersatzsteuer – § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG unterliegt der Erbschaftsteuer in Zeitabständen von je 30 Jahren das Vermögen einer Stiftung, sofern sie wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien errichtet ist (Familienstiftung). § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG soll verhindern, dass in Familienstiftungen gebundenes Vermögen auf Generationen der Erbschaftsteuer entzogen wird. Zu diesem Zweck fingiert der Steuertatbestand in Abständen von je 30 Jahren einen Generationenwechsel, bei dem der Erblasser zwei Kinder hinterlässt. Dementsprechend gewährt das Gesetz ausgehend vom Vermögen der Stiftung (§ 10 Abs. 1 Satz 7 ErbStG) den doppelten Freibetrag für Kinder und wendet die Steuersätze der Steuerklasse I mit dem Vomhundertsatz an, der für die Hälfte des steuerpflichtigen Vermögens gelten würde (§ 15 Abs. 2 Satz 3 ErbStG). Die Ersatzerbschaftsteuer ist verfassungsgemäß (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 08.03.1983 2 BvL 27/81, BVerfGE 63, 312).

2.         Familienstiftung im Sinn von § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG

Ob eine Stiftung als Familienstiftung anzusehen ist, soll nach der Rechtsprechung des BFH anhand des vom Stifter verfolgten Zwecks der Stiftung zu beurteilen sein, wie er ihn objektiv erkennbar in der Satzung zum Ausdruck gebracht hat. Die Bezeichnung durch den Stifter sowie die Einschätzung der Stiftungsaufsicht sind für die erbschaftsteuerrechtliche Beurteilung unerheblich.

Danach ist eine Stiftung ist im Interesse – zumindest im wesentlichen Interesse – einer Familie errichtet, wenn sie den Vermögensinteressen einer Familie gewidmet ist. Zu den weit zu fassenden Vermögensinteressen gehören nicht nur Bezugs- und Anfallsrechte, sondern alle unmittelbaren oder mittelbaren, nicht notwendig in Geld bezifferbaren Vermögensvorteile, die die begünstigte Familie aus dem Stiftungsvermögen zieht.

In seinem Urteil vom 10.12.1997, II R 25/94, BStBl 1998 II S. 114, führt der BFH hierzu aus:

„Entsprechend dem Charakter der Erbschaftsteuer als Steuer auf den Vermögensanfall sind dabei unter den Interessen der begünstigten Familie(n) Vermögensinteressen zu verstehen. Dazu gehören nicht nur Bezugs- und Anfallsrechte, sondern alle Vermögensvorteile, die die begünstigten Familien aus dem Stiftungsvermögen ziehen. Darunter fallen beispielsweise auch die unentgeltliche oder verbilligte Nutzung des Stiftungsvermögens – etwa der stiftungseigenen Immobilien zu Wohnzwecken-, der Einsatz des Personals der Stiftungen für Arbeiten im Rahmen des eigenen Hausstandes und – bei Stiftungen mit Kunstbesitz – der Zustand, mit diesem zu leben und von ihm umgeben zu sein.“

“Wesentlich”im Interesse einer Familie errichtet soll eine Stiftung dann sein, wenn das Wesen der Stiftung nach der Satzung und ggf. dem Stiftungsgeschäft darin besteht, es der Familie zu ermöglichen, das Stiftungsvermögen, soweit es einer Nutzung zu privaten Zwecken zugänglich ist, zu nutzen und die Stiftungserträge aus dem gebundenen Vermögen an sich zu ziehen.

Erneut ein Zitat aus dem Urteil vom 10.12.1997, II R 25/94:

„Daß den Familien derartige Nutzungs- und Zugriffsmöglichkeiten offenstehen, kann sich allein aus der Natur des Stiftungszwecks oder aber in Verbindung mit dem Einfluß der Familie(n) auf die Geschäftsführung ergeben.“.

3.         Familienstiftung trotz maßgeblichem Stiftungszeck „Erhalt des Stifter-Unternehmens“

Besteht das Stiftungsvermögen im Wesentlichen aus einem Unternehmen und/oder Unternehmensbeteiligungen, spricht der vom Stifter beabsichtigte Erhalt des Unternehmens nach Auffassung des BFH weder für noch gegen ein (wesentliches) Familieninteresse. Denn der Erhalt und die Weiterentwicklung des Stiftungsvermögens stellen noch keinen Stiftungszweck dar. Der Pflege des Stiftungsvermögens kann daher bei der Beurteilung des Stiftungszwecks keine entscheidende Bedeutung zukommen. Vorgaben des Stifters zum Stiftungsvermögen sind lediglich als Wiederholung des Motivs für die Errichtung der auf Dauer angelegten Stiftung oder als Bestimmung des Unternehmens als Einkunftsquelle (Dotationsquelle) und damit als Mittel zur eigentlichen Zweckerfüllung der Stiftung aufzufassen. Auch bei unternehmensbezogenen Stiftungen sind daher nur die über den Erhalt des Unternehmens hinausgehenden verschiedenen Stiftungszwecke daraufhin zu prüfen, ob die Stiftung wesentlich dem Familieninteresse dient.

In Anbetracht der Bezugsberechtigung der Familienmitglieder fielen im Streifall die gegen eine Familienstiftung sprechenden Umstände nicht entscheidend ins Gewicht.

III.     Schlussfolgerungen

  • Trägt man sich als Eigentümer nicht nach § 13a ErbStG begünstigten Vermögens mit dem Gedanken, eine nicht gemeinnützige Stiftung zu errichten, die auch nicht als erbersatzsteuerpflichtige Familienstiftung anzusehen sein soll, wird es gestalterisch eng. Denn bereits die Bezugsberechtigung der in den Satzungen bezeichneten Familienangehörigen soll das Wesen der Stiftung als Familienstiftung prägen. Und das wird zumeist auch eines der Leitmotive für die Stiftungserrichtung sein.
  • Zwar ist eine wertende Gesamtschau aller Vermögensinteressen vorzunehmen, wenn innerhalb des Dreißigjahreszeitraums die Satzung nicht nur Familienmitgliedern, sondern auch Dritten Vermögensvorteile gewährt. Diese familienfremden Begünstigte müssen allerdings wohl mindestens benannt und ggf. sogar mit Rechtsansprüchen auf Stiftungsleistungen ausgestattet werden. Das aber ist regelmäßig nicht gewollt.
  • Daneben werden satzungsmäßige Leistungen an gemeinnützige Einrichtungen („Spenden“) hilfreich sein, das aber auch nur dann, wenn sie nicht bereits satzungsmäßig nachrangig nach den Ausschüttungen an die Familiendestinatäre sind. Dazu stellt der BFH zudem klar, dass es entgegen Abschnitt R 2 Abs. 2 Satz 4 der Erbschaftsteuer-Richtlinien 2003 für die Gewichtung der Spenden im Vergleich zu den Vorteilen für die Familienmitglieder nicht auf ein wie auch immer beschaffenes Verhältnis der tatsächlich ausgeschütteten Erträge an Familienmitglieder und familienfremde Empfänger ankomme, sondern auf die Bezugsberechtigung als solche. Auch das macht die rechtssichere Gestaltung schwieriger bis unmöglich.
  • Auch die Anfallsberechtigung für gemeinnützigen Unternehmen bei Auflösung der Stiftung im Sinn einer gemeinnützigkeitsrechtlichen Vermögensbindung stellt nach dem BFH die Einordnung einer Stiftung als Familienstiftung nicht in Frage, vor allem wenn während des relevanten Dreißigjahreszeitraums nichts auf eine Auflösung der Stiftung hindeutet. Das wird in der Regel auch nicht der Fall sein, zumal eine Stiftung ganz grundsätzlich auf Dauer („auf ewig“) angelegt ist – von den selteneren Verbrauchsstiftungen einmal abgesehen.

Man wird sich wohl in den allermeisten Fällen damit abfinden müssen, dass nichtgemeinnützige Stiftungen, die nicht über nach § 13a ErbStG begünstigtes Vermögen verfügen, und die – auch – der Versorgung Familienangehöriger dienen, der Erbersatzsteuer unterliegen.

Bevor zur Vermeidung dieser Konsequenz auf rechtsunsichere, schiefe Auswegkonstruktionen zurückgegriffen wird, sollte vielleicht gleich der Blick auf eine steuerbefreite gemeinnützige Stiftung gerichtet werden. Denn dort wird die Steuervergünstigung nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine Stiftung einen Teil, jedoch höchstens ein Drittel ihres Einkommens dazu verwendet, um in angemessener Weise den Stifter und seine nächsten Angehörigen zu unterhalten, ihre Gräber zu pflegen und ihr Andenken zu ehren. Über mehrere Generationen hinweg oder unter Einbeziehung auch etwas entfernterer Angehöriger funktioniert aber auch dieses Modell steuerlich nicht.

IV.     Die Alternative: Kombinationsmodelle

Aber es muss ja nicht immer eine reine Stiftungslösung sein. Denn in den vorstehenden Konstellationen dürften ausschließlich intelligent gestaltete Kombinationsmodelle aus Stiftungen und (Familien-)Gesellschaften zielführend sein, zu nennen bspw. die Stiftung & Co. KG oder gar Doppelstiftungsmodelle mit Gesellschaftsbeteiligungen.

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Andreas Jahn
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