In einer erst kürzlich veröffentlichten Entscheidung hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass das Risiko, mit dem Betrieb eines Gewerbes in einem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können, grundsätzlich dem Mieter zufällt. Zwar können die Parteien eines gewerblichen Mietvertrages eine abweichende Risikoverteilung vereinbaren. Hierzu bedarf es jedoch einer hinreichend klaren Vereinbarung. Eine lediglich übereinstimmende Vorstellung der Parteien über die Mieterstruktur im Umfeld des Mietobjektes genügt nicht.

Der Sachverhalt der Entscheidung:

Mit Mietvertrag vom 20. Februar 2005 vermietete die Klägerin an die Beklagte Räume im Erdgeschoss eines sechsgeschossigen, sich noch im Bau befindlichen Gebäudes, zum Betrieb eines Cafés für 10 Jahre. Nachdem sich die von der Klägerin geplante Vermarktung der ersten vier Obergeschosse der Liegenschaft als Büroraum nicht realisieren ließ, veranlasste sie im Sommer 2005 den Ausbau dieser Geschosse als Wohnraum. Ab September 2006 geriet die Beklagte mit der Zahlung der monatlichen Miete in Rückstand. Aufgrund dieses Zahlungsrückstandes kündigte die Klägerin den bestehenden Mietvertrag mit Schreiben vom 23. Juli 2007 zum 15. Februar 2008. Da die Beklagte die Mietflächen nicht freiwillig räumte, nahm die Klägerin die Beklagte gerichtlich auf Räumung und Herausgabe der Mietflächen in Anspruch.

Während das zuständige Landgericht der Räumungsklage stattgegeben hat, wurde ein dahingehender Anspruch der Klägerin durch das Oberlandesgericht München als nicht gegeben angesehen. Das Oberlandesgericht München führte in den Gründen seiner Entscheidung aus, dass es in den Risikobereich der Klägerin falle, die geplante Vermarktung der ersten vier Obergeschosse der Liegenschaft als Gewerbeeinheiten zu realisieren. Dadurch, dass ihr dies vorliegend nicht gelungen sei, sei eine wesentliche Veränderung der Geschäftsgrundlage eingetreten. Die Beklagte habe deshalb eine Anpassung des Mietvertrages verlangen können, so dass sie sich zum Zeitpunkt des Ausspruches der fristlosen Kündigung nicht mit der Entrichtung der monatlich geschuldeten Miete in Verzug befunden habe.

Die Entscheidung:

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes ist der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts München nicht gefolgt.

In den Gründen seines Urteils vom 17. März 2010 führte der Senat aus, dass nach den Feststellungen des Berufungsgerichtes die Klägerin der Beklagten nicht zugesichert habe, dass die über den Mieträumen gelegenen vier Stockwerke als Büroräume genutzt werden würden. Es habe sich insoweit lediglich um eine gemeinsame Vorstellung der Parteien im Sinne einer Geschäftsgrundlage gehandelt. Das Oberlandesgericht München habe zu Unrecht gemeint, bei der gemeinsamen Vorstellung der Parteien, die vier Stockwerke über den Mieträumen würden als Büroräume genutzt, handele es sich um ein von der Klägerin übernommenes Risiko. Tatsächlich liege das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache bei Gewerberaummietverträgen nach ständiger Rechtsprechung des Senates beim Mieter. Zu dem typischen Risiko eines Mieters gehöre vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfülle sich die Gewinnerwartung eines Mieters nicht, so verwirkliche sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Es falle in den Verantwortungsbereich des Mieters, als Unternehmer die Erfolgsaussichten eines Geschäftes in der gewählten Lage abzuschätzen. Dies umfasst auch das Risiko einer Veränderung der Mieterstruktur im Umfeld des Objektes.

Weitergehend führt der Senat in den Entscheidungsgründen aus, dass die Parteien die Risikoverteilung grundsätzlich vertraglich hätten ändern und vereinbaren können, dass der Vermieter das Geschäftsrisiko des Mieters – ganz oder zum Teil – übernimmt. Weder aus einer unterstellten Zusage der Klägerin, noch aus der übereinstimmenden Vorstellung der Parteien, dass die über den Mieträumen gelegenen vier Stockwerke als Büroeinheiten genutzt werden, noch aus der Bezeichnung der Einheiten als „Büro“ in der Gesamtflächenzusammenstellung, die dem Mietvertrag als Anlage beigefügt war, ließe sich aber herleiten, dass die Klägerin ein eigenes unternehmerisches Risiko für die auf die Vermietung der ersten vier Stockwerke als Büroeinheiten gestützte Gewinnerwartung der Beklagten übernehmen wollte.

Der Räumungsanspruch der Klägerin wurde vor dem Hintergrund dieser Ausführungen bestätigt.

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