05.09.2010 -

Der Fall

In dem zugrundeliegenden Beschwerdeverfahren war zwischen den Beteiligten, dem Betriebsrat und der Arbeitgeberin, die Frage streitig, ob die Arbeitgeberin verpflichtet ist, auf Wunsch der Arbeitnehmer Betriebsratsmitgliedern die Teilnahme an Personalgesprächen über die Inhalte von Tätigkeitsbeschreibungen zu gewähren.

Bei der Arbeitgeberin wurde auf der Grundlage tariflicher Bestimmungen ein Entgeltrahmenabkommen eingeführt, in welchem die bisherigen, verschieden ausgestalteten Lohn- und Gehaltsrahmen in einen neuen einheitlichen Entgeltrahmen überführt werden sollten. Zur Vornahme einer Neubewertung der Aufgaben der Beschäftigten beauftragte die Arbeitgeberin eine Unternehmensberatung mit der Erstellung von Tätigkeitsbeschreibungen.

Die Arbeitgeberin sah im Anschluss eine Erörterung dieser neuen Tätigkeitsbeschreibungen mit den Arbeitnehmern vor. Verschiedene Beschäftigte wünschten die Beteiligung eines Betriebsratsmitglieds an den Gesprächen. Diesen Wunsch lehnte die Arbeitgeberin jedoch ab. Die Gespräche sollten entweder von den Beschäftigten „allein oder gar nicht“ geführt werden.

Die Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht hat in dem vom Betriebsrat veranlassten Beschlussverfahren entschieden, dass ein Anspruch auf die Hinzuziehung eines Betriebsratsmitgliedes für Gespräche über den Inhalt von Tätigkeitsbeschreibungen aus § 82 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 82 Abs. 2 Satz 1, 1. Alt. BetrVG folgt. Dieses Recht der einzelnen Arbeitnehmer konnte der Betriebsrat auch im Rahmen einer Prozessstandschaft geltend machen.

Jedoch ergebe sich der Anspruch auf die Hinzuziehung eines Betriebsratsmitgliedes nicht bereits aus dem Umstand, dass der Arbeitnehmer unabhängig vom Gesprächsgegenstand berechtigt sei, ein Betriebsratsmitglied zu Personalgesprächen mitzunehmen. Es bestehe nämlich kein genereller Anspruch des Arbeitnehmers, bei jeder Art von Gesprächen mit seinem Arbeitgeber ein Betriebsratsmitglied zu beteiligen. Vielmehr sei die Hinzuziehung von Betriebsratsmitgliedern jeweils bezogen auf bestimmte Gesprächsgegenstände und -anlässe gesetzlich definiert (§§ 81 Abs. 4 Satz 3, 82 Abs. 2 Satz 2, 83 Abs. 1 Satz 2 und 84 Abs. 1 Satz 2 BetrVG). Über diese gesetzlichen Regelungen hinaus bestehe kein Recht auf eine Hinzuziehung von Betriebsratsmitgliedern zu Personalgesprächen.

Vorliegend seien die Arbeitnehmer aber nach § 82 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 82 Abs. 2 Satz 1, 1. Alt. BetrVG berechtigt, ein Betriebsratsmitglied zu Gesprächen über den Inhalt von Tätigkeitsbeschreibungen hinzuzuziehen. Ein solches Beteiligungsrecht von Betriebsratsmitgliedern besteht bei Gesprächen, in denen ein Arbeitnehmer die Arbeitgeberin zur Aufklärung über die Berechnung und Zusammensetzung seines Arbeitsentgeltes, d.h. dessen maßgeblicher rechtlicher und tatsächlicher Grundlagen, auffordert. Dieser Anspruch besteht nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch dann, wenn das Gespräch, wie vorliegend, arbeitgeberseitig veranlasst wurde. Die Erörterung der Inhalte von Tätigkeitsbeschreibungen sei hier als Gespräch über Arbeitsentgelte anzusehen, da sich die Vergütung der Arbeitnehmer nach einer tätigkeitsbezogenen Vergütungsordnung bestimme. Aus den Merkmalen der in den Tätigkeitsbeschreibungen konkretisierten Aufgaben ergebe sich in Folge des Tarifautomatismus ein Rechtsanspruch auf die tarifliche Vergütung. Ein Gespräch über eine vom Arbeitgeber veranlasste Tätigkeitsbeschreibung ermögliche es den Arbeitnehmern, ihre unterschiedliche Sichtweise über den Inhalt der ihnen übertragenen Aufgaben vor deren Bewertung und Eingang in den Tarifautomatismus geltend zu machen.

Mithin besteht vorliegend ein Anspruch aus § 82 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 82 Abs. 2 Satz 1, 1. Alt. BetrVG auf Hinzuziehung eines Mitgliedes des Betriebsrates bei der Besprechung der Inhalte von Tätigkeitsbeschreibungen.

Fazit

Das BAG hat sehr eindeutig auf seine Rechtsprechung verwiesen, dass ein genereller Anspruch der Arbeitnehmer auf die Hinzuziehung von Betriebsratsmitgliedern zu Personalgesprächen nicht besteht. Ein solcher Anspruch könne sich nur aus den zitierten Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes ergeben, die jeweils bezogen auf konkrete Gesprächsgegenstände und -anlässe die Beteiligung eines Betriebsratsmitgliedes vorsehen.

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