Die Begünstigung des § 13a ErbStG ist auch für treuhänderisch gehaltene Kommanditanteile zu gewähren. Der sog. Treuhand-Erlass der Finanzverwaltung findet im Wortlaut des Gesetzes keine Grundlage.

 

Worum es geht: (mittelbare) Fondsbeteiligungen im Erbfall

Beteiligen sich Anleger an Fondsgesellschaften, geschieht dies oft nur mittelbar als Treugeber. Die unmittelbaren Gesellschafterrechte werden von einem Treuhänder wahrgenommen. Bei der üblicherweise anzutreffenden Konstellation der Kommanditgesellschaft ist dies eine sog. Treuhandkommanditistin.

Damit das Modell einkommensteuerlich anerkannt wird, müssen bei einem Treuhandverhältnis, dessen Gegenstand die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft ist, die die Mitunternehmerstellung kennzeichnenden Merkmale in der Person des Treugebers vorliegen. Nur dann kann dieser einkommensteuerrechtlich als Zurechnungssubjekt für Anteile am Gewinn oder Verlust der Personengesellschaft angesehen werden kann.

Mitunternehmer im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr.2 EStG ist, wer aufgrund eines Gesellschaftsvertrages oder eines damit wirtschaftlich vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnisses Mitunternehmerinitiative entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt.

Mitunternehmerinitiative bedeutet vor allem Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen. Ausreichend ist aber schon die Möglichkeit zur Ausübung von Gesellschafterrechten, die wenigstens den Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechten angenähert sind, die einem Kommanditisten nach dem HGB zustehen oder die den Kontrollrechten nach § 716 Abs.1 BGB entsprechen. Mitunternehmerrisiko bedeutet Teilhabe am Gewinn und Verlust sowie im Falle der Auseinandersetzung an den stillen Reserven der Kommanditgesellschaften. Außerdem muss ein Totalüberschuss zumindest prognostisch erzielt werden können.

Diesen ertragsteuerlichen Anforderungen an eine Mitunternehmerschaft genügen die Fondsbeteiligungen in der Regel. Häufig werden zusätzlich Teilnahme-, Rede-, Antrags- und Stimmrecht auf Gesellschaftsversammlungen von der Treuhänderin nach pflichtgemäßem Ermessen und unter Wahrung der berechtigten Interessen der Anleger sowie unter Beachtung etwa erteilter Weisungen des Anlegers wahrgenommen. Die Treugeber sind oft auch berechtigt, an Gesellschafterversammlungen persönlich teilzunehmen und die ihnen von der Treuhänderin überlassenen Rechte, insbesondere das Teilnahme-, Rede-, Antrags- und Stimmrecht auszuüben. Beim Tod eines Kommanditisten sehen die Fonds-Verträge (Gesellschaftsverträge) und Treuhandverträge zumeist die Fortsetzung der Kommanditgesellschaften und der Treuhandverhältnisse mit Erben vor.

Was aber passiert erbschaftsteuerlich beim Tod des Anlegers?

Nach Auffassung der Finanzverwaltung geht im Erbfall nicht ein Gesellschaftsanteil, sondern der zivilrechtliche Anspruch des Treugebers gegen den Treuhänder nach § 667 BGB auf Herausgabe des Kommanditanteils auf den Erben über und deshalb kein begünstigtes inländisches Betriebsvermögen im Sinne des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a.F. (heute entsprechend § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG n.F.).

Dagegen wehrte sich im Fall des Niedersächsischen Finanzgerichts (Urteil vom 28.07.2010, Az.: 3 K 215/09) der Erbe eines Anlegers – und bekam Recht!

 

Die Entscheidung

Die Klage sah das FG als begründet an. Die Vergünstigungen nach § 13a ErbStG sind zu gewähren, da sowohl die unmittelbar als auch die mittelbar gehaltene Kommanditbeteiligung als inländisches Betriebsvermögen im Sinne des § 12 Abs. 5 ErbStG zu qualifizieren sind und deshalb von § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG (a.F.) erfasst werden.

Das Finanzgericht bestimmt den Begriff des Betriebsvermögens in § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a.F. im Gegensatz zur Finanzverwaltung nach ertragsteuerlichen Grundsätzen. Die Anwendung ertragsteuerlicher Maßstäbe leitet das FG aus dem Wortlaut ab sowohl

jeweils mit ausdrücklicher Verweisung auf § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG und damit auf den ertragsteuerlichen Mitunternehmerbegriff. Den Wortlaut des Gesetzes hält das FG für eindeutig. Auf die zivilrechtliche Einordnung des Treuhandverhältnisses komme es nicht an.

Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. Die Frage der erbschaftsteuerlichen Behandlung treuhänderisch gehaltener Vermögenswerte und insbesondere die Anwendbarkeit des § 13a ErbStG wird in der Rechtspraxis kontrovers diskutiert und ist bisher höchstrichterlich nicht geklärt worden.

 

Praxishinweis

Das Urteil ist zwar noch zum alten Recht ergangen, hat auch für das seit dem 01.01.2009 geltende neue Erbschaftsteuerrecht Bedeutung. Befinden sich im Nachlass mitunternehmerische Fondsbeteiligungen, die der Erblasser nur mittelbar als Treugeber hielt, so ist unter Verweis auf das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts die erbschaftsteuerliche Vergünstigung für Betriebsvermögen zu gewähren. Folgt dem das Finanzamt nicht, ist eine finanzgerichtliche Klage anzuraten.

Es ist außerdem abzuwarten, ob die Finanzverwaltung Revision zum BFH einlegt.

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